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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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öffnete sie mit der anderen die Tür.
    „Bück dich, Bub, sonst stößt dir den Kopf eini!“ lachte sie.
    Dabei faßte sie ihn beim Kragen, zog seine Schultern in eine gebeugte Stellung nieder und schob ihn mit einem kräftigen Stoß zur Tür hinein.
    „Himmelsakra!“ rief er aus. „Die duldet keinen Widerspruch! Mit so einer ist schlecht Kirschen essen. Die wirft einem die Kernen alle an den Kopf!“
    „Ja, das tu ich auch, wannst nicht parierst“, lachte sie, indem sie eintrat und die Tür hinter sich zumachte. „Grüß Gott, liebe Leutln! Heut komm ich spät. Es ging nicht anderst. Seht ihr auch, wen ich euch da mitbringen tu?“
    Die Frau hatte gleich als Martha klopfte, ihre Brust mit einem Fetzen bedeckt, von welchem man nicht genau sagen konnte, ob er das Hemd oder die Jacke sei. Sie hatte den Knecht mit einigem Erstaunen betrachtet und antwortete nun:
    „Das ist ja der Fritz aus dem Kronenhof. Ein braver Bub. Der ist wohl dein Bräutigam, Martha?“
    Fritz lehnte in größter Verlegenheit an der Wand. Martha wußte nicht sogleich, was sie sagen sollte, wurde aber glücklicherweise der Antwort überhoben, denn der kranke Holzknecht machte auf seinem Lager eine für seine geschwächten Kräfte sehr rasche Bewegung und sagte mit matter Stimme:
    „Der Fritz? Ja, er ist's! Das ist ja ein guter Besuch! Willkommen, Fritz.“
    „Grüß Gott!“ antwortete der Knecht, froh, daß er einen Laut von sich geben durfte, ohne seine Verlegenheit merken lassen zu müssen. „Grüß Gott, Leutln! Ich hab hört, daß es euch nicht gut ergeht.“
    „Leider ist's schlimm genug“, antwortete die Frau. „Seit mein Mann krank worden ist, da hat es uns stets –“
    Das, was sie weiter sagte, wurde durch das Geschrei des Säuglings übertönt, welcher jetzt seine Stimme wieder erhob, und zwar kräftiger als vorher.
    „Herrjeses, Herrjeses!“ rief Martha, halb erschrocken und halb scherzend. „Hat das eine Stimmen! Aber ich weiß schon, was ihm fehlt. Er schreit nach der Milchen. Die ist sein Lieblingstrank. Ich hab sie ihm mitbracht, und er soll sie sogleich haben.“
    Sie bückte sich zu ihrem Korb nieder, welchen sie auf dem Boden niedergesetzt hatte.
    Erst jetzt fiel Fritzen auf, wie eigentümlich das Mädchen gekleidet war. Sie trug ungewöhnlich lange Röcke, und zwar war sie unten so dick, daß man hätte meinen können, sie habe eine Krinoline oder ein ganzes Dutzend Röcke an. Darüber war eine große Jacke zu sehen, unter welcher sie ein breites, langes, wollenes Tuch um den Oberleib geschlungen hatte. Sie war infolgedessen fast noch einmal so dick als sonst.
    Sie brachte eine Rolle aus dem Korb und fuhr erklärend fort:
    „Gleich bevor ich fortging, hab ich noch die schwarzscheckerte Kuh molken und die Milch in eine Flasche tan. Sie war ganz lebenswarm, und da hab ich sie in Strickwolle einischlagen, daß sie unterwegs nicht kalt werden soll. Da ist sie, die Milch für das kleine Büberl und das Strickgarnen für dich, daßt dir ein Paar Strümpfen stricken kannst.“
    Sie gab beides der Frau, welche die Milch noch warm genug fand, sofort einen Sauger auf die Flasche setzte und sich dabei in regen Dankesworten erging.
    „Schweig!“ wurde sie von Martha unterbrochen. „Schau lieber mal her zu mir! Wie gefall ich dir heut?“
    Dabei drehte sie sich lustig einige Male rundum, um sich von allen Seiten ansehen zu lassen. Die Frau antwortete, indem sie dem jetzt schweigenden Säugling zu trinken gab:
    „Ja, wie schaust denn aus, Martha? Hast wohl gleich den ganzen Kleiderschrank angezogen?“
    „Der Kleiderschrank nicht, aber meine Truhen, in welcher ich die Kleider aufbewahr, die noch von meiner Muttern stammen. Ich hab denkt, daß sie dir passen werden und dir das Beste davon mitbracht. Willst's haben?“
    „Herrgottle, Martha! Bist ja selbst ein armes Waisendirndl! Wie kannst so was verschenken wollen?“
    „Hab keine Sorg um mich! Ich nehm mir mal einen steinreichen Mann, der mir andere Sachen kauft. Ich hab keinen Pack machen wollen, den ich tragen muß, darum hab ich die Sachen gleich anzogen. Vorerst aber wollen wir erst den Hunger stillen, den die Kinder haben werden!“
    Sie teilte den Inhalt des Korbs, welcher aus gestrichenen Butterbroten bestand, an Eltern und Kinder aus. Das wurde mit wahrer Gier verschlungen. Dann meinte sie:
    „Und nun will ich meine Kleidertruhen von mir legen. Wollen schauen, was alles dazu gehören tut. Paßt mal auf!“
    Sie putzte die riesige Schnuppe von dem

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