Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
nicht?“
    „Weil – weil – weil –“
    Sie stockte. Wäre es am Tag gewesen, so hätte er sehen können, daß eine glühende Röte ihr schönes Gesichtchen überflutete.
    „Weil – weil – ich weiß, was hast sagen wollen.“
    „Nun, was denn?“
    „Weilst dich schämst, mit mir zu gehen.“
    Sie blieb sofort stehen, ganz als ob sie sehr erschrocken wäre.
    „Fritz, das darfst mir nicht antun. Tät ich jetzt mit dir gehen, wann ich mich dafür schämen müßt?“
    „Es ist ja Nacht, da sieht's niemand.“
    „Grad daß ich in dieser Nacht mit dir geh und mitten im Wald, daß muß dir ein Beweis sein, daß ich mich nicht deiner schäm. Und warum sollt ich mich denn schämen?“
    „Weil ich ein armer Knecht bin.“
    „So! Und was bin denn ich?“
    „Die Nichte und Erbin des reichen Försters von Kapellendorf.“
    „Nein, seine Magd, weiter nix, seine Magd.“
    „Der Arbeit nach, das mag wohl sein, aber seine Verwandte bist doch und also auch seine Erbin.“
    „Das werd ich niemals werden.“
    „Warum? Hat er's zu dir sagt?“
    „Zu mir nicht, aber zu der Kronenbäuerin.“
    „Du hast die beiden wohl mal belauscht?“
    „Ja, und zwar in finsterer Nacht in unserm Garten.“
    „Hm, ja; das trau ich ihnen wohl zu. Und da haben's von der Erbschaft sprochen?“
    „Ja. Sie haben sagt, daß sie sich heiraten wollen, wann der Kronenbauer storben ist, daß sie dann Kinder haben werden, welche die reichsten in der ganzen Umgegend sein werden. Und die Bäuerin hat verlangt, daß er mich fortjagen soll.“
    „Das ist ihr zuzutrauen. Wohin tätst dann gehen?“
    „Wohin sollt ich gehen? Ich hab auf der Welt außer dem Oheim keine Menschenseel, die sich meiner annehmen möcht. Ich tät mir einen Dienst suchen.“
    „Und ich mir auch.“
    „Warum du?“
    „Nun, wann der Förster die Kronenbäuerin heiraten tät, so müßt ich auch fort. Das kannst dir denken.“
    „Ja. Er scheint auf dich eifersüchtig zu sein.“
    „Dann tät ich mir auch einen anderen Dienst suchen. Und weißt, bei wem?“
    „Nun, wo?“
    „Da, wo du wärst. Du die Magd und ich der Knecht, wir beid in einem Haus und unter einem Dach, das müßt herrlich sein. Nicht?“
    Er drückte ihren Arm fester an sich; sie antwortete nicht. Es war ein wehmütiger Ernst über sie gekommen.
    „Du schweigst, Martha? Wär's dir nicht lieb, wann wir so beinander wären?“
    „Ja, es wär mir freilich lieb. Aber so weit kommt's schon nicht.“
    „Warum?“
    „Weilst nicht dahin gehen würdest, wo ich bin.“
    „Da irrst dich schon gar sehr.“
    „Und soweit ist's auch noch gar nicht, daß der Förster an die Stelle des Kronenbauern kommt, wann dieser storben ist.“
    „Warum denkst das?“
    „Ich kann's nicht glauben, daß die Bäurin meinen Oheim wirklich lieb hat.“
    „Sie geht doch heimlich mit ihm zusammen!“
    „Wer weiß, was für einen Grund dies haben mag.“
    „Da hast recht. Jedenfalls hat es einen Grund. Lieben tut's ihn nicht. Weißt, du bist ehrlich mit mir gewest, und so will ich auch mit dir aufrichtig sein. Die Bäurin hat mir auch einen Heiratsantrag macht.“
    Martha erschrak so heftig, daß sie ihm ihren Arm nicht entzog, sondern förmlich entriß.
    „Ist's wahr?“ rief sie.
    „Ja, ich sag dir natürlich keine Lüge.“
    „Wann?“
    „Heut, als wir vor der Kapellen mitnander nach Haus gingen.“
    „Hab's mir denkt!“
    „Was, du hast's dir denkt?“
    „Ich hab's ihr ansehen, daß sie dich lieb hat, sehr lieb.“
    „Oh, das hat doch ganz anders ausschaut, gar nicht nach Liebe. Sie hat ein Gesicht macht wie eine Furie, grad als ob's mich fressen wollt.“
    „Nein, mich, dich nicht. Ich bin keine Kluge und Witzige; aber das ist gleich zu sehen, ob eine einen Buben lieb hat oder nicht. Wann sie dich nicht lieb hätt, könnt's ihr doch ganz gleichgültig sein, wannst bei mir stehst.“
    „Das möcht ich beinahe zugeben. Also war sie auf dich eifersüchtig gewest?“
    „Ja.“
    „So muß sie dich also für ein Dirndl halten, der ich gut sein kann.“
    Eine solche Dialektik hatte Martha nicht vermutet.
    „Geh“, sagte sie. „Bist auch ein Spitzfindiger!“
    „Nein. Aber ich geb der Bäurin recht. Selbst wann einer sie lieb hätt, könntst ihr gefährlich werden. Um wie viel mehr aber bei einem, der sie hassen und verachten muß.“
    „Das tust wohl?“
    „Ja. Sie ist eine Schlimme, so schlimm und gottlos, wiest gar nicht denken kannst. Du wirst's aber schon noch derfahren. Du bist wenigstens ebenso

Weitere Kostenlose Bücher