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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Mann, so sehen Sie doch auf die Unterschrift und auf das Datum!“
    Der Jude machte ein unendlich pfiffiges Gesicht.
    „Ich sehe das Datum“, lächelte er. „Ich weiß auch, wie ausschaut und riecht die Tinte, wenn sie ist frisch oder wenn sie ist alt. Dieser Paß ist geworden geschrieben auch vor höchstens einer Stunde.“
    „Mann, ich begreife Sie nicht.“
    „Aber Baruch Abraham begreift desto besser Sie. Wenn ein Polizist will fangen einen Menschen, so macht er sich einen falschen Paß.“
    „Aber dieser Paß ist echt.“
    „Weil die Polizei in Triest hat den Stempel und auch das Petschaft in der Stadt Wien. Wenn ich das beides hätt und tät machen einen solchen Paß, so würde ich bestraft. Wenn aber ein Polizist ihn macht, so ist er kein Fälscher. Er darf es tun.“
    Der Beamte verlor die Geduld. Er bezwang sich aber noch einmal und sagte ruhig:
    „Wenn Sie mich, wie es scheint, für einen Polizisten halten, so bedaure ich allerdings sehr, Ihretwegen die weite Reise von Wien bis hierher gemacht zu haben.“
    „So! Soll ich mich einmal erkundigen in Wien, ob es dort gibt einen Bankier Wendelmann?“
    „Jawohl!“
    „So werde ich es tun.“
    „Aber bis die Antwort kommt, kann ich nicht in Triest warten; ich habe keine Zeit.“
    „Oh, die Antwort wird sein gleich da!“
    „Wollen Sie telegrafieren?“
    „Nein.“
    „Also schreiben?“
    „Auch nicht, sondern lesen. Baruch Abraham braucht nämlich nicht lange Zeit, um zu kommen von Wien nach Triest, oder von Triest nach Wien, denn Wien liegt da auf dem Tisch.“
    Er nahm ein großes Buch vom Tisch. Es war das diesjährige Adreßbuch der Haupt- und Residenzstadt Wien. Er schlug es auf und suchte.
    Der Polizist zuckte, indem er den Sepp anblickte, die Achsel, als ob er sagenwollte: Es hilft ihm doch nichts.
    „Da haben wir es!“ sagte Baruch Abraham nach einer Weile. „Es gibt in ganz Wien keinen Juwelier oder Bankier Wendelmann.“
    „Im Adreßbuch noch nicht, das ist wahr.“
    „Sie müßten drin stehen!“
    „Nein, denn ich bin erst seit Februar in Wien.“
    „Wo waren Sie vorher?“
    „In Budapest.“
    „So müssen Sie stehen dort im Buch.“
    Der alte Gauner war nicht zu täuschen. Er besaß auch ein Adreßbuch von Budapest und schlug es auf. Auch dort fand er den Namen nicht. Er war überzeugt, daß der sogenannte Bankier ein Polizist sei, folglich mußte der alte Hauptmann auch einer sein. Sein Herz bebte vor Angst, aber er besaß die Kraft, sich so zu beherrschen, daß man nichts davon bemerkte.
    „Wie gut, daß der alte Verräter das Versteck nicht kennt!“ dachte er im stillen.
    Er ahnte nicht, daß er heute nacht von ihm beobachtet worden war. Er hatte dann, nachdem der Sepp von ihm gegangen war, alles wieder in das Versteck gebracht und den Kleiderständer wieder an die Wand geschoben. Jetzt klappte er das Buch wieder zu und sagte:
    „Auch da steht kein Bankier dieses Namens. Meine Nase hat mich also wohl nicht getäuscht.“
    Jetzt ließ der Polizist den Schleier fallen.
    „Nein, sie hat Sie nicht getäuscht. Ich bin Kriminalkommissar und befinde mich hier, um mir die Geschmeide und Metallsachen zeigen zu lassen, welche heute Nacht der Herr Hauptmann gesehen hat.“
    „Dachte es mir! Aber daß der Herr Hauptmann gesehen hat solche Sachen, davon weiß ich nichts!“
    „Verstellen Sie sich nicht.“
    „Warum sollte ich mich verstellen? Braucht man sich zu verstellen, wenn man sagt die Wahrheit?“
    „Von Wahrheit ist keine Rede. Sie haben eine ganze Menge Kostbarkeiten hergezeigt.“
    „Und doch ist's wahr, wenn ich sag, daß ich weiß kein Wort davon. Bin ich gewesen mit dem Herrn Hauptmann in der Weinstube und hab getrunken einen schweren Wein. Wird er mir geben das Zeugnis, daß ich bin gewesen so betrunken, daß er mich hat führen müssen nach Hause.“
    „Das hat er freilich gesagt.“
    „Wenn ich also bin gewesen betrunken, wie kann ich wissen, was ich ihm habe gezeigt!“
    „Desto genauer weiß er es!“
    „Er? Gott der Gerechte! Hat er nicht getrunken ganz denselben Wein wie ich?“
    „Wahrscheinlich.“
    „So wird er auch gewesen sein so betrunken wie ich und nicht wissen, was ich ihm habe gezeigt.“
    „Er hat Sie nach Hause geführt; also ist er jedenfalls nicht so betrunken gewesen wie Sie.“
    „Wir haben geführt einer den andern. Er wird haben geglaubt im Rausch, zu sehen Diamanten, und wer weiß, was es ist gewesen.“
    „Mit so ganz albernen Ausflüchten entkommen Sie uns nicht. Sie haben den

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