72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen
gewiß!“
„Nein, nein! Bedenke, daß die Tat in Österreich geschehen ist. Der König hat also nicht die Gewalt, eigenmächtig zu verfahren. Die Unschuld meines Vaters muß nach österreichischen Gesetzen und vor einer österreichischen Untersuchungsbehörde erwiesen werden. Die ist keineswegs zu verhindern. Aber der König kann durch seinen Einfluß, durch seine Vermittlung erreichen, daß nichts von den Einzelheiten dieser Untersuchung verlautet, und daß nur das Ergebnis derselben in die Öffentlichkeit dringt. Meinst du, daß man auch dann an der Wahrhaftigkeit des Ergebnisses zweifeln werde?“
„Nein, dann wohl nicht.“
„So mußt du also erkennen, daß du gar keinen Grund zu Bekümmernis hast. Du kannst ganz ruhig sein. Dein Name bleibt vollständig unerwähnt.“
„Und doch ist das eine Zartheit von dir, für welche ich dir niemals werde danken können.“
„Ich habe keinen Dank verdient. Ich handle nur nach meiner Verpflichtung. Es wäre ja gradezu ein Verbrechen von mir, eine Unschuldige so unheilbar zu kränken. Du bist mir also zu gar nichts verpflichtet.“
„O doch, Rudolf! Unsere Lebenswege gehen zwar nun auseinander, aber ich werde stets, stets an dich und deinen Großmut denken –“
„Bitte, Milda, spricht nicht so! Es gibt keinen Grund dazu, daß wir scheiden sollen, nicht den geringsten.“
„Das sagst du eben aus Großmut.“
„Nein, nein; es gibt wirklich keinen.“
„Es gibt sogar zwei. Mag die Schuld meines Vaters verschwiegen werden, wir beide kennen sie doch!“
„Nun, was ist da weiter?“
„Auch deine Mutter kennt sie, ebenso der König, der Sepp und Bruder Max nebst seiner Mutter. Es sind also genug Leute vorhanden, denen sie kein Geheimnis ist.“
„Fürchtest du vielleicht, daß eine dieser Personen etwas verraten werde?“
„Nein. Aber sie würden es mir schwer anrechnen, wenn ich es duldete, daß das Leben der Tochter des Schuldigen an das Leben des Sohnes des Unschuldigen gekettet werde.“
„Welche unnütze Befürchtung! Grad damit wir vereinigt werden können, sind alle diese Personen bemüht, die Sache so zu lösen, daß dein Vater nicht dabei genannt werde. Ich bitte dich von ganzem Herzen, laß dieses Bedenken fallen! Es ist völlig grundlos. Und ich hoffe, daß dein zweiter Grund ebenso wenig stichhaltig ist.“
„Er ist wohl noch wesentlicher als der vorige.“
„Darf ich ihn erfahren?“
„Natürlich! Von diesem Augenblick an bin ich arm. Dir gehört alles, was ich bisher besessen habe.“
„Das ist noch fraglich.“
„Nein, es ist gewiß.“
„Wollen wir es auf eine gerichtliche Entscheidung ankommen lassen, Milda?“
„Um Gottes willen, nein!“
„Das würde ich unbedingt tun. Und selbst wenn mir die Behörde alles zuspräche, würde ich nicht den Wert auch nur einer Stecknadel von dir annehmen.“
„Du müßtest doch!“
„Wer könnte mich zwingen?“
„Eben die Behörde, indem sie es dir zuspricht.“
„Das möchte sie tun; aber mich wirklich zwingen, den Besitz auch faktisch anzutreten, dazu hat kein Mensch und keine Behörde die Gewalt.“
„Was würdest du denn tun?“
„Ich würde es dir lassen.“
„Und wenn ich es nicht behielte?“
„So würde ich es verschenken.“
„Rudolf!“ rief sie aus.
„Ja“, erklärte er eifrig, „ich würde es verschenken, alles, alles! Du hättest also dein Eigentum von dir geworfen, ohne mir auch nur für einen Pfennig Nutzen zu schaffen.“
„Das wäre unrecht, höchst unrecht von dir!“
„Nein. Warum willst du dich partout von mir scheiden! Wenn ich dich nicht haben soll, so verzichte ich auch auf alles andere. Ich bin ja gern, gern bereit, alles, alles was du hast, aus deiner Hand zu nehmen, als ein Geschenk oder auch als mein rechtmäßiges Eigentum –“
„So tue es doch!“
„Sehr gern, doch nur unter einer Bedingung, daß du auch dich mir schenkst.“
„Rudolf, das kann, das kann ich nicht.“
Da ergriff er ihr Köpfchen, drückte es an sich und sagte:
„Komm, lege dein kleines, liebes hartes Trotzköpfchen einmal an mein Herz und höre mich an. Ich habe dir gesagt, wie alles werden kann und werden soll. Meine Worte sind vergeblich. Du meinst, daß Ehre und Eigentum zwischen uns stehen. Aber besteht denn nicht die beste und einzige, friedliche Lösung des ganzen Konfliktes darin, daß wir beides, Ehre und Eigentum, miteinander besitzen? Ich habe bisher geglaubt, daß du mich lieb hast, jetzt aber muß ich daran zweifeln.“
„Rudolf, das
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