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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bekommst von mir.“
    Sein Auge leuchtete freudig auf.
    „Was? Mit dir soll ich sie tanzen?“ rief er. „Weißt denn nicht, daßt halt die Königin vom Ballfest bist?“
    „Kein Wort weiß ich davon. Hier ist ja die eine gradso wie die andere.“
    „Nein. Du bist doch die Schönst und Best von allen, und daßt grad zum alten Seppen kommst, das ist eine große Ehren für mich.“
    „Also willst?“
    „Ja freilich!“
    „So mach und tu den Arm her, denn wir beid müssen die Polonaise kommandieren.“
    „Auch noch? Na, da schau, was ich für Dummheiten machen werd! Wann ich falsch lauf, so wink und pfeif nur laut, damit ich's hören tu!“
    Trotz dieser Worte, welche nicht viel Sicherheit und Selbstbewußtsein verrieten, schritt er unendlich stolz neben seinem Liebling her, und da er gut aufmerkte, so brachte er es glücklich fertig, keinen Fehler zu begehen.
    Kurz vor dem Schluß der Polonaise erkundigte sich die Leni:
    „Weißt, wo der Anton ist?“
    „Ja. Er sitzt in der Fremdenlogen oben und schaut heimlich auf uns herab.“
    „Er hat sich den nächsten Tanz bestellt.“
    „Hast ihm denselben geben?“
    „Er bekommt ihn nicht. Hol nur gleich jetzt seine Eltern, wann wir fertig sind.“
    Die Polonaise ging zu Ende, und der Sepp begab sich nach dem Zimmerchen, in welches er die alten Warschauer geschafft hatte. Er unterhielt sich mit ihnen. Als aber die Musik anstimmte, führte er sie hinaus nach den Kulissen.
    Auf der andern Seite stand die Leni. Wie sie erwartet hatte, kam Anton herbeigeeilt. Er verbeugte sich und bot ihr den Arm.
    „Was wünschen Sie?“ fragte sie im Ton des Erstaunens.
    „Diese Tour.“
    „Sie –?!“
    „Natürlich! Sie gehört mir ja!“
    „Ihnen? Davon weiß ich kein Wort.“
    Er trat einen Schritt zurück, maß sie mit zornigem Blick und sagte:
    „Willst du mich beleidigen?“
    „O nein. Wir stehen uns ja so fern, daß eine Beleidigung zwischen uns gradezu eine Unmöglichkeit ist.“
    „Schön, so bitte ich also um deinen Arm!“
    „Ich sehe keine Veranlassung dazu.“
    „Donnerwetter! Du hast meinen Namen ja auf deine Tanzkarte notiert!“
    „Ihren Namen? Da muß ich mich denn doch wohl überzeugen.“
    Ihre kalte, strenge, ungläubige Miene brachte ihn in zornige Aufregung.
    „Ja, da steht es!“ rief er. „Zeig her!“
    Er riß ihr die Karte aus der Hand.
    „Herr, was fällt Ihnen ein!“ zürnte sie. „Ich habe zwar stets daran gezweifelt, daß es Ihnen gelingen werde, sich einige, wenigstens äußerliche Bildung anzueignen; aber daß Sie einer Dame ihr Eigentum entreißen, das ist denn doch zu stark!“
    Da trat er ganz nahe an sie heran und sagte in zischendem, halblautem Ton:
    „Leni, rege mich nicht noch weiter auf, sonst geschieht etwas, was dir nicht lieb ist!“
    „Oder vielmehr etwas, was Ihnen nicht gefällt, mein Herr Criquolini.“
    „Hier steht der Name. Der Tanz gehört mir!“
    Er hielt ihr die Karte vor die Augen. Sie nahm ihm dieselbe, blickte darauf, tat als ob sie sich besinne und sagte dann:
    „Dieser Name ist freilich auch der Ihrige; aber ich habe einen andern Herrn gemeint.“
    Bei diesen Worten gab sie dem in der gegenüberliegenden Kulisse stehenden Sepp einen heimlichen Wink, worauf dieser dem alten Warschauer sagte, da drüben stehe die Leni und wolle ihn sprechen.
    „Einen anderen Tänzer?“ sagte Anton. „Das dulde ich nicht!“
    „Sie werden es sich doch gefallen lassen.“
    „Nein. Ich mache schauderhaften Skandal!“
    „Vielleicht doch nicht, wenn Sie den Herrn sehen, mit dem ich tanzen will.“
    „Mag er sein, wer er will!“
    „Das werden Sie gleich sehen. Da kommt er.“
    Der Anton drehte sich um und erbleichte. Er fuhr erschrocken um einige Schritte zurück.
    „Mein Vater!“ rief er aus.
    „Kennen Sie ihn überhaupt noch?“ fragte die Leni. „Das ist ja gradezu ein Wunder.“
    „Mein Vater!“ wiederholte er.
    Er war kalkweiß im Gesicht geworden.
    „Wenn Sie mir erlauben, sende ich Ihnen noch jemand“, sagte die Leni, indem sie sich entfernte.
    Der alte Warschauer stand jetzt bei seinem Sohn.
    „Anton, endlich, endlich!“ rief er, ihm beide Hände entgegenstreckend.
    Der Sohn erhob seine Hände nicht, um sie dem Vater zu geben. Der Schreck hielt ihn noch gefangen.
    „Vater, Vater! Wie kommst hierher?“ fragte er.
    „Mit dem Herrn Pfarrern und dem Kapellenbauer.“
    „Warum?“
    „Um dich zu schauen.“
    „Wer hat euch sagt, daß ich hier bin?“
    „Die Leni. Sie hat uns einladen und uns

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