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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sie nicht leider nur für eine Person berechnet wäre.“
    „Wo?“
    „Beim Tobias gradüber.“
    „Wer ist das?“
    „Der Gärtner, welcher fast täglich herüberkommt, um dem Wirt das Junggemüse zu bringen.“
    „Den kenn eich.“
    „Gefällt er Ihnen?“
    „Nun, er ist wohl ein Mann wie jeder andere auch. Er scheint wenig zu sprechen, aber ein sehr braver Mann zu sein.“
    „Ja, reden tut er wenig, und wenn er geht, so schreitet er langsam und bedächtig Schritt für Schritt. Denken Sie, mein Johannes hat ihn mir als Beispiel aufgestellt, an welchem ich mein Quecksilber üben solle! Also der Mann ist schlecht und recht; aber die Wohnung ist sehr, sehr hübsch, romantisch am Ufer gelegen, fein sauber, und der Besitzer ist interessant.“
    „Dieser Tobias?“
    „O nein. Der ist nur der Pächter.“
    „Ach so. Wem gehört das Haus?“
    „Einem berühmten Sänger.“
    Ein aufmerksamer Beobachter hätte gesehen, daß es leise um den Mund Margas zuckte.
    „Ein berühmter Sänger hat hier ein Häuschen am See?“ fragte sie. „Es ist wohl eine Villa?“
    „O nein, sondern ein gewöhnliches Häuschen mit Garten und Feld dabei, aber alles blitzsauber und nett.“
    „Wie heißt der Sänger?“
    „Eigentlich heißt er Anton Warschauer, aber er wird gewöhnlich Krickel-Anton genannt.“
    „Sonderbare Name. Steht das vielleicht im Zusammenhange mit den Gemskrickeln?“
    „Ja. Er soll nämlich früher ein berühmter Wildschütz gewesen sein.“
    „Das ist ja höchst romantisch!“
    „Dann ist er mit der berühmten Mureni verlobt gewesen, sie aber hat die Verlobung wieder aufgehoben und lieber einen Grafen geheiratet, weil der Anton so liederlich gewesen ist. Er hat ein Heidengeld verdient und doch seine Eltern fast verhungern lassen. Dann aber hat ihn das Gewissen geschlagen, und er ist ganz plötzlich ein anderer Mensch geworden. Er hat da drüben das Grundstück gekauft und das Haus darauf bauen lassen. Dann hat er es einem früheren Knecht aus seinem Heimatdorf, einem blutarmen Teufel, eben dem Tobias, zu einem Spottpreise verpachtet und seine Eltern kommen lassen, die nun darin wohnen, wie der Fink im Hanfsamen. Sooft er Zeit gewinnt, kommt er herbei, um die Eltern zu besuchen. Er soll jetzt ein wahres Muster geworden sein.“
    „Das ist wirklich sehr interessant. Haben Sie das Logis gesehen?“
    „Ja. Es ist ein Stübchen mit Kammer im Sonnengiebel, hübsch möbliert. Vom Pächter kann man alles haben, Aufwartung und sogar auch Mittagstisch.“
    „Sie machen mir wirklich Lust, es mir einmal anzusehen.“
    „Das ist prächtig! Oh, wenn es Ihnen gefiele und Sie nähmen es, so könnten wir täglich zueinander über den See rudern und von früh bis abend beieinander sein, abwechselnd Sie bei mir oder ich bei Ihnen.“
    „Ja, das wäre freilich hübsch! Aber würde diese Zigeunerin Ihrem Herrn Gemahl gefallen?“
    „Oh, der wird kaum gefragt. Was mir gefällt, das hat auch er gern.“
    „Sie sind wirklich zu beneiden!“
    „Oh, es ist nicht so schlimm. Man hat auch seinen heimlichen Ärger, besonders wegen des Quecksilbers. Also wollen wir einmal hinüber zum Tobias?“
    „Ja, versuchen wir es.“
    „Wann?“
    „Vielleicht morgen?“
    „O nein, sondern bereits heut!“
    „So rasch?“
    „Ja. Vielleicht bereits am Vormittag. Gleich jetzt. Da paßt es am besten. Sehen Sie, dort auf dem Wasser rudert einer herbei. Das ist der Tobias. Der könnte uns gleich mitnehmen.“
    „Sie haben es freilich sehr eilig“, lächelte Marga.
    „Das ist eben das Quecksilber. Also, wollen Sie? Ja?“
    „Gut, ich stimme bei.“
    „So will ich nur gleich schnell laufen, um es meinem Johannes zu melden. Er ist droben auf der Höhe und zeichnet.“
    Sie eilte fort, kehrte aber noch einmal um und sagte:
    „Sie brauchen es dem Tobias nicht gleich von vornherein zu sagen, daß wir wegen der Wohnung mit ihm wollen.“
    Dann sprang sie von dannen.
    Marga stand auf und trat in das Haus, um sich aus dem Gaststübchen, welches sie inne hatte, ein Tuch zu holen. Als sie dann wieder herabkam und am Tisch Platz genommen hatte, legte Tobias am Ufer an, hob den Gemüsekorb aus dem Kahn auf die Achsel und trug ihn in das Haus.
    Margas Gesicht hatte jetzt einen ganz eigenen Ausdruck angenommen. Es war, als ob der Widerschein eines hellen Tages, dem eine dunkle, stürmische Nacht folgte, über dasselbe gehe.
    So saß sie in tiefem Sinnen versunken, bis Anita wiederkehrte und ihr bereits von weitem zurief, daß sie die Erlaubnis

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