72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen
keinen Fluchtversuch zu unternehmen. Der Fex besaß Edelmut genug, für ihn zu sprechen; aber der Beamte erklärte, daß er nicht darauf eingehen könne. Die Tat sei eine derartige und zeuge von so niedriger und gemeiner Gesinnung, daß auf die Geburt und den Stand des Schuldigen keine Rücksicht genommen werden könne.
Das einzige, was Gulijan erreichte, war, daß er nicht so wie Salek gefesselt wurde.
Als diese beiden abgeführt worden waren, sagte der Beamte zu dem alten Sepp:
„Sie haben Ihre Sache sehr gut gemacht. Nun gilt es, die Wohnungen der beiden Gefangenen zu untersuchen. In dem Hotelzimmer des Barons, von dem ich bald erfahren werde, wo er abgestiegen ist, wird nichts Bedeutendes zu finden sein. Dahin will ich Sie nicht belästigen. Aber die Wohnung des Einbrechers müssen wir durchsuchen. Dort finden wir ganz gewiß Verschiedenes, was uns wichtig sein wird. Sie gehen doch mit?“
„Natürlich! Und mein junger Freund wird uns jedenfalls begleiten.“
Der Fex, dem diese Worte galten, erklärte sich sehr gern bereit dazu. Er hatte zwar seine Papiere, nicht aber das ihm gestohlene Geld zurück. Salek hatte nur eine unbedeutende Summe einstecken gehabt und so war zu vermuten, daß er die bedeutende Summe in seiner Wohnung verborgen habe.
Als sie in die Nähe derselben gelangten, war der Beamte so vorsichtig, einen Schlosser zu requirieren, um etwaige Verschlüsse gleich öffnen lassen zu können.
Die Wirtsleute wunderten sich freilich, als sie erfuhren, was für einen Mieter sie gehabt hatten. Sie waren der Überzeugung gewesen, daß derselbe ein feiner, angesehener Edelmann sei.
Die Möbel, welche ihnen gehörten, waren leicht zu öffnen; aber in dem Schlafzimmer standen einige Koffer, welche der Schlosser nur mit großer Mühe aufschließen konnte. Hier nun fand sich alles und noch viel mehr, als was der Polizist da suchte.
Lenis Schmuck war vorhanden und ebenso gab es bedeutende Summen Geldes. Unter den größeren Banknoten vermochte der Fex mehrere als die ihm gestohlenen zu bezeichnen, da er die Gepflogenheit hatte, sich die Nummern zu notieren.
Außerdem gab es eine ganze Menge von Wert-, Gold- und Juwelensachen, welche gestohlen waren, und ein ganzes Arsenal von Diebes- und Einbrecherwerkzeugen.
Salek war sogar so kühn gewesen, über sein verbrecherisches Tun förmlich Buch zu führen. Aus diesen Aufzeichnungen ging die Schuld der Tänzerin auf das klarste hervor. Unter anderen Skripturen, von denen der Beamte erklärte, daß sie ein ganz vortreffliches und vollkommenes Belastungsmaterial enthielten, befand sich eine Liste ausschließlich weiblicher Namen, hinter denen stets ein Ortsname verzeichnet war.
Was das zu bedeuten hatte, darüber war der Polizist im unklaren. Er stand einige Zeit mit dieser Liste in der Hand, überflog die Namen und schüttelte den Kopf dazu.
Hinter ihm stand der Fex, dessen Absicht es nicht war, Einsicht in die Liste zu nehmen; aber da es nichts für ihn zu tun gab, ließ er seinen Blick ganz unwillkürlich von weitem über diese Liste gleiten. Sein Auge blieb auf einem der Namen haften.
„Herrgott!“ rief er aus. „Was steht da? Ist's wahr? Bitte, zeigen Sie einmal her!“
Er griff so schnell und hastig nach der Liste, daß der Polizist ihn verwundert anschaute und ihn fragte:
„Was ist's? Was sahen Sie?“
„Einen bekannten Namen.“
„Schön, schön! Vielleicht bietet mir dieser Zufall Aufklärung über die Bedeutung dieser Namen. Welcher war es?“
„Der da, der.“
Er deutete auf eine gewisse Stelle. Dort stand zu lesen: ‚Paula Kellermann, Müllerstochter aus Scheibenbad‘.
Der Fex war ganz außer sich. Der Name der verschwundenen Geliebten hier auf dieser Liste, welche jedenfalls von Salek, einem notorischen Verbrecher und Hochstapler, angefertigt worden war! Das hatte nichts Gutes zu bedeuten.
„Wer ist das Mädchen?“ fragte der Polizist.
„Eine Bekannte von mir“, wiederholte der junge, aufgeregte Mann.
„Was für eine Person? Vielleicht liederlich?“
„O nein, sondern im Gegenteil ein braves, herrliches Mädchen, welches vor einiger Zeit spurlos verschwunden ist.“
„Ah! Hm! Sonderbar! Wo liegt denn eigentlich dieses Scheibenbad? Ich kenne es nicht.“
„Drüben in Bayern, nach den Salzburger Bergen zu.“
„Können Sie mir sagen, unter welchen Umständen die Betreffende verschwunden ist?“
„Ihr Vater war mit den Gesetzen in Konflikt geraten. Er wurde bestraft. Das hat sich die Tochter so zu Herzen genommen,
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