72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen
passende Ausrede eingefallen.
Die Freunde waren überzeugt, daß er gar zu gern ein Geschäft gemacht hätte; aber hinaus in den Hof sollte keiner von ihnen. Es mußte doch draußen etwas geben, was das Tageslicht zu scheuen hatte.
„Zu schämen?“ fragte Johannes. „Vor uns brauchen Sie sich nicht zu schämen.“
„O doch! Mein Haus ist alt, und ich bin mit meiner Sarah allein. Wir sind zu betagt und zu schwach, um es zu halten in Reinlichkeit und Ordnung. Wenn ein vornehmer, fremder Herr kommt hinaus in den Hof, wird er nicht wollen bleiben in demselben.“
„Oh, solange ich mir die Bilder betrachte, so lange wird es wohl auszuhalten sein. Also schaffen Sie Licht, oder wir gehen!“
Er kratzte sich hinter den Korkzieherlocken. Um ihm Mut zu machen, bemerkte Max:
„Wir wollen ja nicht alle beide hinaus. Nur mein Freund braucht Licht zu den Gemälden. Ich kaufe mir Bücher; dazu ist es hier hell genug.“
Das schien zu wirken, denn der Alte sagte:
„Da die Herren wirklich kaufen wollen und auch gleich bezahlen werden, will ich es erlauben, daß die Bilder dürfen betrachtet werden im Hof. Aber ich muß erst hinaus, um zu machen ein wenig ordentliche Sauberkeit. Ich werde kommen schnell wieder zurück.“
Er schob den Riegel von der Tür zurück, welche aus dem Verkaufsgewölbe nach dem Hof führte, trat hinaus und zog aber die Tür hinter sich wieder in das Schloß. Die beiden hörten an seinen Schritten, daß er sich entfernte.
Im nächsten Augenblick standen sie am Fenster, welches mit Spinnweben umzogen und voller Schmutz war, aber doch einen Durchblick gestattete.
Der Hof war leer, vollständig leer. In der einen Ecke erhob sich ein Düngerhaufen. Es war nichts zu sehen als nur die Schatten einiger weiblicher Personen, welche von einer Seite nach der andern huschten.
„Vom Fenster zurück!“ flüsterte Max. „Er darf uns nicht überraschen!“
Er trat zu seinen Büchern, in welche er sich scheinbar vertiefte, während Johannes sich ebenso angelegentlich mit den Bildern zu beschäftigen schien. Dabei fragte der letztere leise:
„Was sagst du dazu?“
„Der Kerl kommt mir verdächtig vor.“
„Mir auch. Was mag das für ein Mädchen gewesen sein?“
„Es waren mehrere draußen, und doch behauptete er, daß er mit seiner Sarah das Haus allein bewohne.“
„Er hat gelogen. Es gibt hier etwas, was das Licht zu scheuen hat.“
„Und das bezieht sich auf diese Mädchen. Jetzt erst fällt es mir auf, daß er Briefe unter anderem Namen empfängt.“
„Unter dem Namen Gärtner und Nummer hundert.“
„Das habe ich mir auch gemerkt. Wollen wir versuchen, in sein Geheimnis einzudringen?“
„Ja.“
„Auch ich habe große Lust dazu. Das Mädchen war so schön und hatte ein so trauriges Gesicht.“
„Wie aber fangen wir es an?“
„Sehr einfach. Du gehst mit den einzelnen Bildern in den Hof und tust, als ob du sie genau betrachtest –“
„Er wird sich mit hinstellen!“
„Das schadet nichts. Ich werde ihn schon auch beschäftigen. Ich rufe ihn herein, um ihn nach den Büchern zu fragen. Indessen hältst du heimliche, aber genaue Umschau. Das weitere wird sich schon selbst finden. Wenn die Mädchen hier wirklich ein Leiden zu tragen haben, werden sie es zu ermöglichen suchen, dir einen Wink zu geben. Also paß genau auf.“
„Kaufen wir denn wirklich etwas?“
„Einige Bücher werde ich behalten. Ob du ein kleines Sümmchen für irgendein Gemälde gibst, das wird davon abhängen, ob deine Beobachtungen von Erfolg sind oder nicht. Durch des Königs Güte haben wir ja so viel Geld, daß wir uns auch einmal eine überflüssige Ausgabe gestatten können.“
„Gut! Gibt es für uns irgendeinen Grund zum Wiederkommen, so werde ich kaufen.“
Das leise Gespräch konnte nicht fortgesetzt werden, denn die schlürfenden Schritte des Juden ließen sich vernehmen. Als er eintrat, fand er die beiden in großer Entfernung voneinander stehend und in ihre Bücher und Zeichnungen vertieft.
„So!“ sagte er. „Jetzt kann sich der Herr die Bilder mit in den Hof nehmen, und ich werde ihm dabei behilflich sein.“
Es wurden nun mehrere Bilder hinausgetragen und an die Mauer gelehnt. Johannes betrachtete eins nach dem anderen und tat so, als ob er hier gar nichts weiter im Auge habe. Dennoch aber hielt er heimliche Umschau.
Das Häuschen bestand nur nach der Straße zu aus dem Parterre. Auf der Hofseite war ein Stockwerk aufgesetzt worden, und da zog sich an demselben eine Art
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