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72 Tage in der Hoelle

72 Tage in der Hoelle

Titel: 72 Tage in der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nando Parrado , Vince Rause , Sebastian Vogel
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einer Zelle eines sibirischen Gulags einen Fluchttunnel graben.
    Bis wir den Durchgang zum Cockpit frei geräumt hatten, vergingen Stunden, aber schließlich hatte Gustavo sich bis zum Pilotensitz vorgearbeitet, und als er sich auf die Leiche des Piloten stellte, konnte er das Fenster erreichen. Er drückte dagegen und wollte es aus dem Rahmen sprengen, auf dem Glas lag allerdings eine zu große Schneelast, sodass seine Kraft nicht ausreichte. Als Nächster versuchte es Roberto, aber auch ihm erging es nicht besser. Schließlich kletterte Roy Harley auf den Pilotensitz, und ihm gelang es mit einem energischen Stoß, das Fenster aufzustoßen. Er kletterte durch die Öffnung, grub sich durch einen knappen Meter Schnee und gelangte schließlich ins Freie, wo er sich umsehen konnte. Ein Unwetter fegte mit hoher Windgeschwindigkeit über die Berge, und der Schnee stach ihm ins Gesicht. Roy blinzelte in dem Wind und erkannte, dass der Schnee das Flugzeug völlig unter sich begraben hatte. Bevor er wieder zu uns hereinkam, warf er noch einen Blick zum Himmel. In den Wolken war keine Lücke zu sehen.
    »Das ist ein Schneesturm«, sagte er, als er wieder in den Rumpf hinuntergeklettert war. »Der Schnee rund um das Flugzeug ist so tief, dass man nicht darin gehen kann. Ich glaube, wir würden einfach einsinken und wären verloren. Wir sitzen hier drinnen fest, bis der Sturm zu Ende ist, und es sieht nicht so aus, als wäre das schnell der Fall.«
    Vom Wetter gefangen, blieb uns nichts anderes übrig, als uns in unserem erbärmlichen Gefängnis zusammenzukauern und das Elend von einem unendlichen Augenblick zum nächsten zu ertragen. Um die Stimmung aufzuheitern, unterhielten wir uns über das einzige Thema, das uns Trost spendete: unseren Fluchtplan. Im Laufe der Diskussionen kristallisierte sich eine neue Idee heraus: Nach zwei gescheiterten Besteigungsversuchen an den Bergen über uns waren die meisten in der Gruppe überzeugt, dass eine Flucht nach Westen unmöglich war. Jetzt richtete sich ihre Aufmerksamkeit auf das breite Tal, das sich von der Absturzstelle nach Osten den Berg hinunterzog. Die Überlegung dabei: Wenn wir Chile so nahe waren, wie wir glaubten, musste das gesamte Wasser aus dieser Region nach Westen durch das chilenische Vorgebirge in den Pazifik fließen. Das galt auch für den Schnee, der in diesem Teil des Gebirgszuges taute. Dieses Wasser, so der Gedanke, musste einen Weg nach Westen finden, und wenn wir ihm durch das Gebirge folgen konnten, hatten wir unsere Fluchtroute.
    Ich hielt nicht viel von einem solchen Plan. Erstens mochte ich nicht glauben, dass die Berge uns so leicht freigeben würden. Außerdem erschien es verrückt, die einzige Tatsache zu ignorieren, die wir sicher wussten – im Westen liegt Chile -, und einen Weg einzuschlagen, der uns mit ziemlicher Sicherheit tiefer in die Anden hineinführen würde. Aber als die anderen diesen Plan unterstützten, leistete ich keinen Widerstand. Warum, weiß ich nicht. Vielleicht war ich durch die Höhe, den Wasserverlust oder den Schlafmangel zu verwirrt. Vielleicht war ich auch erleichtert, dass mir die entsetzliche Auseinandersetzung mit dem Berg erspart blieb. Aus irgendeinem Grund nahm ich ihre Entscheidung ohne weitere Fragen hin, obwohl es nach meinem Eindruck Zeitverschwendung war. Ich wusste nur eines: Wir mussten hier weg, und zwar bald.
    »Sobald der Schneesturm zu Ende ist, müssen wir aufbrechen«, sagte ich.
    Fito war anderer Meinung. »Wir müssen abwarten, bis das Wetter sich bessert«, sagte er.
    »Ich habe das Warten satt«, entgegnete ich. »Woher sollen wir wissen, ob das Wetter an diesem verfluchten Ort überhaupt irgendwann besser wird?«
    Dann erinnerte sich Pedro Algorta an eine Unterhaltung, die er einmal in Santiago mit einem Taxifahrer geführt hatte. »Er hat gesagt, dass man nach dem Sommer in den Anden die Uhr stellen kann. Er beginnt immer am fünfzehnten November«, berichtete er.
    »Das sind nur noch gut zwei Wochen, Nando«, sagte Fito. »So lange wirst du doch noch warten können.«
    »Na gut, ich warte«, sagte ich. »Aber nur bis zum fünfzehnten November. Wenn dann kein anderer mitkommt, gehe ich allein.«
     
     
    Die Tage, an denen wir unter der Lawine festsaßen, waren die Schlimmsten. Wir konnten nicht schlafen, uns nicht aufwärmen, unsere durchgeweichte Kleidung nicht trocknen. Da wir drinnen eingeschlossen waren, konnten wir Fitos Wasserherstellungsmaschinen nicht mehr benutzen, und der Durst war nur

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