Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
war.
    „Es ist so, wie ich dachte“, flüsterte Frieder in höchster Erregung. „Die Pascher haben den Bestellort hier. Ich bleibe da und warte, wer kommt!“
    Er versteckte sich unter dem dichten Tannicht, daß er nicht bemerkt werden, aber selbst den Stein und seine Umgebung genau überblicken konnte. Er brauchte nicht lange zu warten, denn schon nach kurzem wiederholte sich die Szene, und nach Verlauf von einigen Stunden hatte er gegen zwanzig Personen gezählt, welche den Stein entfernt und den Zettel gelesen hatten; die meisten waren ihm fremd; aus seinem Dorf befanden sich nur einige darunter, und diese wenigen waren sämtlich als mißtrauenerregende Kerle bekannt. Zwischen dem Erscheinen der einzelnen lagen fast regelmäßig zehn Minuten, und nicht ein einziges Mal geschah es, daß zwei zugleich erschienen; auch kamen und gingen sie nicht aus und nach derselben Richtung, sondern diese Richtung wurde immer rundum und nach den Himmelsgegenden eingehalten. Die Leute waren allem Anschein nach höchst pünktlich und wohldiszipliniert, und der ganze Modus schien darauf berechnet zu sein, ein Zusammentreffen zwischen ihnen streng zu vermeiden, damit nicht einer den anderen erkenne.
    Aus Besorgnis, sich zu verraten, verließ Frieder sein Versteck nicht eher, als bis die Dämmerung hereingebrochen war. Dann schlich er sich mit unhörbaren Bewegungen fort und erreichte unter Anwendung der größten Vorsicht das offene, weite Feld.
    Zu Hause angekommen teilte er den Eltern nicht das mindeste von der Entdeckung mit, zu welcher ihn die unschuldige Schlange geführt hatte. Er suchte so gleichgültig wie möglich zu erscheinen und ging nach dem Abendessen, um jede Gelegenheit zu einem verräterischen Wort zu vermeiden, in die Schenke, aus welcher er erst nach einigen Stunden heimkehrte. Eben wollte er die Pforte öffnen, als diese von innen aufgezogen wurde.
    „Gute Nacht, Bachbäuerin!“ hörte er grüßen.
    „Gute Nacht, Martha. Laß dich ja bald wieder blicken!“
    Es war die Tochter des Feldbauern, die sich von seiner Mutter verabschiedete. Als sie ihn gewahrte, sagte sie verlegen:
    „Frieder! Wie hast mich doch erschreckt!“
    „Warst bei den Eltern drin?“ fragte er.
    „Ja. Du siehst, daß ich bereits angefangen habe, die Furcht vor dir zu überwinden!“
    „Wird's auch vollständig gelingen?“
    „Das kommt nicht bloß auf mich, sondern vielmehr auf dich an!“
    „Wieso?“
    „Das kannst du dir wohl nicht denken?“
    „Vielleicht doch! Höre, Martha, ich werde immer so zu dir sein, daß die Furcht völlig verschwindet. Darf ich?“
    „Ja.“
    „Und kommst bald wieder her?“
    „Sobald ich Zeit dazu finde.“
    „Das machst du sehr recht. Bist du allein im Dorf?“
    „Ja, ganz allein, heute und allezeit. Ich habe niemand gesucht und also auch niemand gefunden, zu dem ich gehen und mit dem ich plaudern möchte, als nur deine Eltern, Frieder. Willst du das glauben?“
    „Dir glaube ich alles, und wenn es noch so unglaublich klingt! Darf ich mitgehen bis hinaus zum Feldhof?“
    „Ja!“ sagte sie leise.
    „So komm!“
    Sie schritten nebeneinander, und ohne sich zu berühren oder ein Wort zu sprechen, dem Hof zu. Es war beiden genug, daß sie beieinander waren. Er konnte nicht ablassen, wieder und immer wieder in ihr Angesicht zu blicken, welches im Mondlicht so zart und engelhaft aus der leichten Hülle blickte, die sie um den Kopf geschlungen hatte. Und sie konnte, wenngleich verstohlen, kein Auge abwenden von der mannhaften Gestalt, welche sich mit so rüstigen und zugleich eleganten Bewegungen an ihrer Seite hielt. Es war ihr, als könne sie so mit ihm gehen fort und immerfort, von einem Ort, von einem Land, von einem Erdteil zum anderen, weit über die Erde hinaus, bis in den Himmel hinein, der mit ihm doppelte Seligkeit bieten müsse!
    Unweit des Feldhofs blieben sie unter dem Schatten der Erlen, welche die Ufer des Baches bestanden, stehen.
    „Hat dein Vater nicht gefragt, wohin du gehst, Martha?“
    „Nein. Er geht des Abends punkt acht Uhr zur Ruh und schläft dann so fest und gern, daß er auch in der dringendsten Sache nicht geweckt werden darf. Drum weiß er nicht, ob ich bleibe oder gehe.“
    „Aber die Mutter darf's wissen?“
    „Ja, und sie hat ihre Freude daran, wenn ich sage, ich gehe zu euch. Sie hat deine Mutter nur wenig getroffen, aber sie hält gar große Stücke auf sie und kann gar nicht begreifen, warum der Vater so großen Haß auf euch geworfen hat.“
    „Das kannst du

Weitere Kostenlose Bücher