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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hoch hergegangen in der Schenke; das Mädel hat ihn nicht angesehen, und weil er da hat abziehen müssen, wird er jetzt die Gelegenheit ergreifen, den Versuch nochmals zu machen.“
    „Das wird ihm der Feldbauer schon verleiden!“
    „Wer weiß? Der Buschhof in Steinertsgrün, der mal unter zweien geteilt wird, ist seine sechzigtausend Taler wert unter Brüdern, und sodann kann man ja nicht in die Verhältnisse blicken, die bei solcher Sache den Vorschub leisten. Der Webel hat gewiß noch nicht verzichtet. Mich geht's nichts an; die Hauptsache ist, daß wir den Waldschwarzen los werden, und dazu sind nun alle Zügel angespannt. Auch das Waffenverbot ist da. Wer mit Messer oder sonstigem Gewehr in Wald und Flur betroffen wird, kommt sofort unter Arretur, und greift er zur Waffe, wird er augenblicklich niedergeschossen.“
    „Wie nun, wenn ich durch den Wald gehe und die Pistole bei mir trage zur Verteidigung, falls ich angegriffen werde?“
    „So mußt du den Waffenpaß lösen. Doch willst das nicht, so bin ich ja da! Dein Bruder ist, als ich noch Substitut hier war, fast täglich mit uns ins Revier gegangen. Kannst's auch so halten, und bist allein mal draußen, so verantworte ich das Gewehr.“
    „Ich nehme das an, Förster, denn ohne Waffe gehe ich nicht in den Wald, des Hasses wegen, den der Waldschwarze auf uns geworfen hat.“
    Zu Hause fand Frieder die Mutter schon beschäftigt, sich auf die unterdessen angesagte Einquartierung vorzubereiten. Der Bachhof bekam zwei Mann, die am anderen Tag eintrafen und eine Stube zugeteilt erhielten; der Feldwebel, der wirklich der Sohn des Buschbauers war, kam auf den Feldhof, und die übrigen wurden je nach dem Vermögen der Einwohnerschaft über das Dorf verteilt.
    Von jetzt ab machte sich eine rege Geschäftigkeit im Ort bemerkbar. Der Buschwebel rasselte mit seinem Schlepper auf und ab, drehte den Schnurrbart und brüstete sich wie ein General; seine Untergebenen folgten diesem Beispiel, und die Bauern ergaben sich mit Vergnügen unter den militärischen Pantoffel, denn sie hofften von ihm Befreiung von dem Unwesen der Pascher und Wilderer und hatten dabei das ihnen so seltene Vergnügen, mit den Soldaten scherzen zu können.
    Dabei muß allerdings gesagt werden, daß das Kommando in dienstlicher Beziehung seine volle Schuldigkeit tat. Der Tag war in regelmäßige Wachen geteilt, und es gab keinen Augenblick, in welchem die Grenze nicht unter der aufmerksamsten Aufsicht stand. Dieses hatte wenigstens den negativen Erfolg, daß der unbekannte Waldschwarze seine Manipulationen einstellte, vielleicht zu dem Zweck, die Gegner erst gehörig kennenzulernen und sie dabei einzuschläfern.
    So war der Sonntag wieder gekommen, und es gab nach dem Gottesdienst auf dem Kirchhof doppelt so viel Gesprächsstoff als gewöhnlich. Frieder war keine neue Erscheinung mehr, und er konnte nach dem Grab des Bruders gehen, ohne die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Was er halb gewünscht und halb geahnt hatte, das traf ein: Martha saß auf der Bank, gerade wie vor acht Tagen. Er hatte sie seit dem Sonntagabend nicht wieder gesehen und empfand über die Begegnung eine Freude, die sie deutlich in seinen Zügen lesen konnte.
    „Martha, bist auch hier? Grüß Gott!“ sagte er.
    „Grüß Gott, Frieder! Ich dachte nicht, daß du sogleich zum Grab kämst.“
    Frieder lächelte glücklich bei dieser von weiblichem Zartgefühl diktierten Entschuldigung und bot ihr die Hand.
    „Also gehst du bloß dahin, wo du meinst, daß ich nicht da bin! Drum bist du auch die ganze Woche nicht zu uns hereingekommen.“
    „Ich war nicht ein einziges Mal im Dorf. Ich konnte nicht fort wegen der Einquartierung, die uns gar sehr zu schaffen macht. Der Vater ist ganz ausgewechselt. Er geht erst spät schlafen und sitzt mit dem Feldwebel so fest bei Wein und Bier, daß ich nicht fort kann.“
    „Also geht er nicht mehr um acht Uhr zur Ruhe?“
    „Seit der Feldwebel da ist, nein. Heute hat er's aber gleich früh gesagt, daß er wieder mal gehörig ausschlafen will. Der Feldwebel ist nicht da am Abend, denn es gibt einen Fang.“
    „Wieso?“
    „Einer seiner Soldaten hat in der Frühe auf dem Heimwege ein Billet gefunden, das in der Nacht ein Pascher verloren hat; darauf steht geschrieben, daß heute punkt neun eine große Menge von Gütern bei der Schießhütte über die Grenze geschafft werden soll. Da will er nun alle seine Leute dort aufstellen und hat davon auch schon den Offizier

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