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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kein Soldat mehr im Saal; sie standen alle unten beim Feldwebel, welcher Kriegsrat mit ihnen hielt. Er war in die Zweige eines grad unter dem Fenster stehenden Baums gestürzt und arg zerrissen und zerkratzt, innerlich aber nicht beschädigt worden.
    „So etwas darf nur der Bachfrieder tun“, meinte er, die Spuren des Sturzes so viel wie möglich beseitigend. „Hätte ich gewußt, daß er es ist, so wäre ich vorsichtiger gewesen und hätte mich nicht unvermutet packen lassen. Jetzt muß ich nach Haus, um die andere Uniform anzuziehen; diese hier muß zum Schneider. Nachher aber komme ich wieder, und dann wird sich's finden, was wir tun. Geht hinauf und wartet, bis ich zurückkehre!“
    Frieder saß ruhig bei den Frauen und unterhielt sich gut mit ihnen. Die Feldbäuerin war zwar eine hohe, früher wohl kräftige Gestalt, jetzt aber hatte das Leid sie geschwächt und gebeugt und den bleichen, einst jedenfalls schönen Zügen seine tiefen Spuren eingegraben. Sie besaß eine über ihren jetzigen Stand weit hinausgehende Bildung, deren segensvolle Wirkung Frieder an der Tochter deutlich erkannt hatte. Sie war erfreut, einmal ein Gespräch führen zu können, welches bei dem einfachen Leben des Dorfes ihr einen seltenen Genuß bereitete.
    Frieder bemerkte, daß die Soldaten zurückkehrten, sah auch die Blicke, welche sie ihm zuwarfen, und ahnte, daß der kaum beendete Streit eine Fortsetzung finden werde, doch ließ er die Frauen nichts davon merken. Eben wurde ein sanfter Dreher angefangen.
    „Willst du tanzen, Martha?“ fragte er, jetzt wieder in das trauliche ‚Du‘ und den heimischen Dialekt zurückfallend, was beides er in Gegenwart des Feldwebels aufgegeben hatte.
    „Wenn dir's recht ist, tanze ich gar nicht, Frieder. Ich habe hier kein Wohlgefallen daran und mag auch keinen Zank verschulden“, antwortete sie.
    „Das ist mir grad lieb, Martha. Ich tanze auch nicht an solchem Ort und darf dir's also noch viel weniger zutrauen. Ich habe vollauf Genüge an unserer Rede, die mich anmutet, als ob ich zu Hause sei bei der Mutter.“
    Die Bäuerin wollte dieses herzlich gemeinte Kompliment beantworten, doch erstarb ihr schon das erste Wort auf den Lippen. Vorn an der Tür war der restaurierte Feldwebel erschienen und hinter ihm der Feldbauer. Der letztere hatte von dem ersteren alles erfahren, und nur die Wut über das Gehörte konnte ihn nach dem Aussehen seines Gesichtes herbeigetrieben haben. Er warf einen schnellen Blick im Saal umher, ließ dann einen Tisch in die Ecke stellen, vier Stühle dazu und trat zu den Seinen.
    „Steht auf, und kommt herüber. Ich werde euch lehren, mit Lumpen zu verkehren!“
    Die Frauen blickten erschrocken auf Frieder. Dieser winkte ihnen unbefangen lächelnd zu und sagte nur:
    „Ich muß nun verzichten auf die Gesellschaft, aber auf das andere nicht, Martha. Brauchst Schutz, so bin ich da!“
    „Der Schutz bin ich, du Laffe; du bist unnütz dazu. Kein Mensch wird dich gebrauchen“, fuhr ihn der Bauer an, indem er den Arm der Tochter ergriff und diese über den Saal mehr stieß als führte. „Hier, Feldwebel, hast du die Tänzerin, und wir wollen den sehen, der was dagegen hat.“
    „So tanze ich gleich jetzt auf der Stelle! Vorwärts, Mädel, und aufgepaßt, Kameraden; wer stört, der fliegt hinaus!“ erwiderte dieser, indem er Martha aus der Hand des Stiefvaters nahm und sie an die Spitze der Kolonne stellte, die zum Tanz bereitstand. Ein halblautes Murren erhob sich unter den anwesenden Burschen, teils über die Behandlung des von allen respektierten Mädchens, und teils darüber, daß der Feldwebel sich nicht an dem ihm zugehörigen, hinteren Platz, sondern voran stellte. Martha warf einen bittenden Blick auf Frieder, der sich schnell erhoben hatte. Sie wollte lieber mit dem Verhaßten tanzen, als den Jüngling einer Gefahr aussetzen. Aber schon stand dieser in der Mitte des Saals und winkte der Musik Schweigen. Dann schritt er auf den Feldwebel zu und erklärte mit lauter Stimme:
    „Die Tänzerin ist mein; ich habe sie engagiert. Bitt, Martha, deine Hand!“
    Der Feldwebel hielt das Mädchen fest und zog sie einige Schritte zurück.
    „Herbei, Soldaten, es geht los!“ rief er.
    Frieder trat zurück und wandte sich an die Dorfburschen.
    „Wer hat Herz und hält zu mir? Herbei, wer was auf seine Tänzerin gibt und sich nicht verschimpfieren lassen will!“
    Im Nu waren die Jacken herunter, und sämtliche jungen Leute standen bei ihm.
    „Kellner, die Tür weit

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