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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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welcher am großen Tisch präsidierte, den Wirt. „Wie lange soll man hier warten, bis es losgeht? Wenn die Glocke erklingt, geht's in die Kirche, und wenn der Tanz nicht sofort beginnt, werde ich läuten!“
    „Sie kommen sogleich hinauf, und Mädels sitzen auch schon genug dabei“, lautete die Antwort.
    „So trinkt aus, und kommt in den Saal!“
    Frieder konnte sich denken, daß Martha nicht gleich beim Beginn zugegen sein werde; er plazierte sich so, daß er ihr Kommen bemerken mußte, und wartete. Als er sie endlich erblickte, war sie nicht allein, sondern die Mutter befand sich bei ihr. Einige Minuten später erhob er sich und ging hinauf. Sie saßen an einem kleinen Seitentisch allein, und eben brachte der Feldwebel einen Stuhl herbei, um an ihrer Seite Platz zu nehmen.
    Noch eine Seite des Tisches war frei. Frieder schritt sofort hinzu, grüßte höflich und fragte:
    „Ist's erlaubt, mit Platz zu nehmen?“
    „Nichts ist erlaubt“, erwiderte der Feldwebel. „Schaff dich auf die Seite; es ist noch Raum genug im Saal!“
    Frieder maß ihn mit gleichmütigen Augen vom Kopf bis zu den Füßen.
    „Mir scheint“, erwiderte er darauf, „Sie befinden sich nicht allein hier am Tisch, Herr Feldwebel; die beiden Damen haben jedenfalls das gleiche Recht, über meine Frage zu entscheiden. Die Brüderschaft aber bringen Sie bei Ihresgleichen in Anwendung! Bei mir kommt sie an die unrechte Adresse!“
    Er wiederholte seine Bitte vor den Frauen, und da diese zustimmend nickten, so winkte er dem Aufwärter, welcher eilig einen Stuhl herbrachte.
    „Sind Sie schon für den nächsten Tanz versagt?“ fragte er Martha.
    „Nein.“
    „Darf ich es wagen, darum zu bitten?“
    „Gern.“
    „Auch dann die übrigen?“
    „Auch diese!“
    „Dank! Ich werde Sie nicht ermüden, sondern von Ihrer Erlaubnis nur dann Gebrauch machen, wenn ich bemerke, daß Sie es wünschen.“
    „Das geht nicht, das kann nicht gelitten werden!“ fiel da der Feldwebel eifrig ein. Er kannte Frieder nicht, obgleich er von ihm gehört hatte, und war, da dieser in der Kleidung sich durch nichts auszeichnete, der Meinung, einen gewöhnlichen Bauernburschen vor sich zu haben. „Kein Mädel hat das Recht, sich für den ganzen Tag an einen einzigen zu versagen. Du hast den ersten Tanz, und den zweiten hole ich mir!“
    „Ich bitte nochmals, das Du hinwegzulassen, Herr Feldwebel! Sie hören, daß ich Ihnen Ihre Ehre gebe; verweigern Sie aber, hier an dieser Stelle anständig zu sein, so werde ich dafür sorgen, daß eine notwendige Änderung eintritt!“
    „Was, Kerl, du willst mich von hier wegjagen und hast dich doch selber nur hinzugedrängt? Soll noch vor dem Tanz das Geschlage losgehen, so ist's am besten, es beginnt gleich. Geh fort, sonst schlage ich dir das Seidel vor den Kopf!“
    Er hatte sich erhoben und griff nach dem Bierglas. Mutter und Tochter sprangen erschrocken auf; Frieder aber bleib ruhig sitzen, lächelte vornehm und sagte gleichmütig:
    „Es fällt mir nicht ein, mich an des Königs Rock zu vergreifen; werde ich aber zur Abwehr gezwungen, so kommt die Verantwortlichkeit nur auf Sie.“ Und sich zu Martha und ihrer Mutter wendend, bat er: „Bleiben Sie nur immer ruhig sitzen! Es geschieht Ihnen nicht das geringste. Ich verstehe es schon, mit solchen Herren umzuspringen, die nicht zu wissen scheinen, was sie ihrer Kleidung schuldig sind.“
    „Was? Umspringen willst du mit mir, dem Feldwebel, an den sich keiner wagt? Da hast du den Topf ins Gesicht!“
    Er erhob das Glas zum Schlag. Im Nu aber hatte ihn Frieder beim Gürtel erfaßt, hob ihn hoch empor – ein lauter, vielstimmiger Schrei erscholl durch den ganzen Saal – der Feldwebel flog in einem weiten Bogen zum Fenster hinaus, dessen Flügel offen standen.
    Der größte Teil der Soldaten eilte aus dem Saal und zur Treppe hinab, um nach ihrem Vorgesetzten zu sehen; die übrigen jedoch machten Miene, die Niederlage desselben zu rächen. Sie drangen auf Frieder ein. Dieser trat ihnen furchtlos entgegen.
    „Wer noch durchs Fenster will, der komme herbei!“ rief er.
    Seine Augen blitzten, und seine Arme streckten sich drohend ihnen entgegen, von denen keiner ihm bis an das Kinn reichte. Sie stockten; die klugen Musikanten fielen mit einem lustigen Walzer ein, und wirklich verfehlten die Töne auch hier ihre Wirkung nicht; die Angreifenden zogen sich zurück und wurden durch die antretenden und bald sich drehenden Paare zerstreut. Einige Augenblicke später befand sich

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