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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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angeblich, um sich bei der Heu- und Grummeternte am Berg die Mühe des Heimbringens zu ersparen. Der Ort wurde noch ‚die Zeche‘ genannt. Niemand ging dort hinauf, um den Argwohn des gefürchteten Feldbauern nicht zu erregen.
    Frieder richtete es so ein, daß er von der Forstseite die Halde erreichte und an die Wand der Scheune gelangte, wo man ihn vom Tal aus nicht bemerken konnte. Die Tür war verschlossen; das wußte er, doch kostete es ihn keine große Anstrengung, mit dem Messer einen Laden zu öffnen. Er stieg durch diesen in das Innere und verschloß ihn dann wieder. In einer Ecke der Scheune führte der Schacht in die Tiefe; seine Mündung war mit Brettern belegt. Der übrige Raum war zur Hälfte mit Heu bis unter das Dach angefüllt.
    Frieder stieg hinauf und wühlte sich so zwischen die duftigen Bündel hinein, daß er vor Entdeckung sicher sein und doch alles überblicken konnte.
    Der Feldbauer hatte bald nach Frieder die Schenke verlassen; jetzt hörte man die Räder seines Wagens knarren; er öffnete die Flügel des Tors und schob das umgelenkte Fuhrwerk rücklings in die Scheune. Die Pferde blieben unter dem Eingang stehen, der eine so geringe Breite besaß, daß niemand an ihnen vorüber Zutritt nehmen konnte.
    Nachdem der Bauer die Läden einer raschen Besichtigung unterworfen hatte, legte er Jacke und Mütze ab, entfernte die Bretter von dem Mundloch und zog eine umfangreiche Seilrolle und einen Gegenstand hervor, dessen Zweck Frieder völlig unbekannt war. Er sollte nicht lange über denselben im unklaren bleiben.
    Nachdem einige Bündel Heu vom Wagen genommen waren, zeigte sich, daß sie nur bestimmt gewesen waren, die eigentliche Ladung dem Auge zu entziehen. Diese bestand in Paketen, kleinen Fässern und Kisten, welche der Bauer mit einer Schnelligkeit ablud, die man seinem massiven Körperbau gar nicht zugetraut hätte. Dann zog er den rätselhaften Gegenstand herbei, welcher aus vier, oben in einem Gelenk vereinigten, unten aber sich ankerartig auseinander biegenden Eisenstäben bestand, befestigte ihn an das Seil, belud ihn mit einem Teil seiner Fracht und ließ ihn dann in den Schacht hinab.
    Frieder mußte im stillen die Klugheit seines Gegners anerkennen, welcher eine Vorrichtung erfunden hatte, die das Abladen überflüssig und jede anderweitige Hilfe entbehrlich machte. Denn, war die Ladung unten angekommen, so stießen die Ankerarme auf den Boden, legten sich auseinander und warfen ihre Last von selbst ab; wurde die Vorrichtung dann wieder emporgezogen, so nahm sie ihre vorherige Gestalt an.
    Auf diese Weise waren die Güter bald in dem Schacht verschwunden; der Feldbauer versteckte die beiden Gegenstände unter das Heu, bedeckte das Mundloch wieder, warf das noch vorhandene Futter vom Wagen und fuhr davon, nachdem er das Tor verschlossen hatte.
    „Nun kenne ich das ganze Geschäft!“ atmete Frieder tief auf. „Hier hält er die Einfuhr, ohne daß ein Mensch ein Wort davon erfährt oder mit einer Silbe daran denkt. Am Stollen ist die Ausfuhr durch die Pascher, die gar nicht wissen, woher die Packe und Kisten kommen; und dazwischen ist der Brunnen, durch den er den Auf- und Abstieg nimmt, wenn man im Feldhof denkt, er schläft; dort muß er auch die Niederlage haben, und in der Mauer, die ich betrachtet habe, ist ein Loch, durch das er geht, obgleich ich's nicht zu finden vermochte. Aber ich werde es noch entdecken, und zwar heute. Er geht wieder um acht Uhr schlafen, wie Martha sagte, und wenn ich auch nicht beim Stein gewesen bin, so weiß ich also demnach, daß seine Leute bestellt sind. Er hat den Zettel dazu wohl gleich in der Frühe besorgt, und jetzt steigt er durch den Brunnen, um die Güter bereit zu machen.“
    Frieder öffnete den Laden und sprang hinaus. Offen lassen durfte er ihn auf keinen Fall, aber nur nach langer Mühe gelang ihm der Verschluß. An der Berglehne traf er ganz unerwartet mit dem Feldwebel zusammen, welcher von weiter oben aus dem Wald kam und solche Eile zu haben schien, daß er beinahe von ihm umgerannt worden wäre.
    „Was läuft hier im Wege herum?“ polterte jener mit hochgerötetem Gesicht, welches sich höhnisch verzog. „Bist ja mehr im Wald als zu Hause; aber ich werde dir gar bald das Spazierengehen verleiden!“
    Frieder sah ihn groß an. War der Mann verrückt, daß er nach den Erfahrungen der letzten Zeit noch in diesem Ton sprechen konnte?
    „Feldwebel, machen Sie kalte Umschläge; die Hundstage sind vor der Tür!“ antwortete

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