73 - Der Dukatenhof
auch beweisen. Du bist das ‚Geldmännle‘ und willst Papiergeld machen, anstatt bisher nur Taler. Brauchst nicht zu erschrecken. Ich bin gradso verschwiegen wie du. Du befindest dich in meiner Hand, und ich gebe mich in die deinige. Weiß deine Tochter von dem Geschäft?“
„Ja.“
„So brauchen wir uns nicht zu genieren. Es ist sonst niemand da. Paß auf, was ich dir zeigen werde!“
Er schnallte den Ranzen auf und zog einen Pack zusammengerollter schmutziger Wäsche heraus. Dieser enthielt, als er ihn öffnete, ein kleines, wohlverschnürtes Päckchen. Als die Bindfäden entfernt waren, kamen mehrere lange, schmale Zeichnungen und Metallplatten zum Vorschein. Die schob der Handwerksbursche ihm hin und sagte:
„Da, schau dir das an, und dann sage mir, ob ich bei dir bleiben oder weiterwandern soll!“
Der Wirt zog seine Brille aus der Tasche. Es war eine sogenannte ‚Nasenquetsche‘, ohne Seitenstangen. Jetzt nennt man diese Art von Brillen ‚Klemmer‘, und wenn man vornehm tun will, so sagt man Pincenez. Er betrachtete die Linien und Gravierungen sehr eingehend. Der Ausdruck der Spannung, welcher dabei auf seinem kleinen Gesicht lag, ging mehr und mehr in den der Freude über.
„Ich will jetzt noch schweigen“, sagte er. „Du kommst mit mir hinauf in meine Stube, die nur für mich und meine Tochter da ist. Ich muß diese Sachen erst noch durch ein Vergrößerungsglas betrachten. Die Fünfziger und Hunderter scheinen vortrefflich zu sein. Das ist deine Sache, der Druck aber dann die meinige. Komm! Nimm deinen Stock und deinen Ranzen mit! Du bleibst für heute bei mir. Das andere wird sich morgen finden. Wir brauchen uns ja nicht zu übereilen.“
Sie verließen miteinander die Stube. Die Tochter hatte alles gehört und nickte dem Fremden freundlich zu, als er sich an der Tür noch einmal nach ihr umsah.
„Ich möchte, daß du bleibst!“ rief sie ihm nach. „Die Burschen hier im Dorf sind mir zu dumm!“
Nach einer Stunde kamen beide wieder herab.
„Dein Wille ist geschehen“, sagte der Handwerksbursche zu dem Mädchen, indem er sie in die Wange kniff. „Jetzt habe ich Geld und gehe in die Stadt, um mir einen neuen Anzug zu besorgen und mich auch sonst auszustaffieren. Es ist ein weiter Weg, aber vor Mitternacht bin ich wohl wieder da. Wirst du auf mich warten?“
„Wenn du willst, jawohl.“
Als der Kupferstecher fort war, erzählte der Wirt von seiner Abmachung mit dem Musteranton. Die Tochter schien die Sache anders ansehen zu wollen als der Vater, ließ sich aber von seinen Gründen leicht überführen. Er setzte sich hin, um die beiden Dokumente zu schreiben, und ging, als er damit fertig war, in das Dorf. Er brauchte nur einigen Bekannten mitzuteilen, was für ein wichtiges Damespiel heute vor sich gehen sollte, so konnte er überzeugt sein, daß es bald überall bekannt sein werde.
So kam es, daß schon alle Tische bei ihm mit Gästen besetzt waren, als es noch gar nicht sieben Uhr geschlagen hatte. Nur der Tisch, welcher in der Mitte der Stube stand, war freigeblieben, weil da der Kampf ausgefochten werden sollte. Punkt sieben Uhr kam der Musteranton. Er wurde lebhaft begrüßt und von dem Wirt an den erwähnten Tisch gewiesen. Dieser erklärte dann, daß er ein Faß Freibier geben werde, was mit allgemeiner Anerkennung begrüßt wurde! Als das Faß angesteckt worden war, brachte er eine Flasche Wein, zur Stärkung der beiden ‚Helden des Abends‘, wie er sich ausdrückte. Es wurden die drei Zeugen bestimmt und die Dokumente verlesen, welche der mitanwesende Ortsrichter in Aufbewahrung nehmen sollte. Dieser lehnte aber ab, weil er sich nicht an einer Sache beteiligen dürfe, welche trotz aller Umschreibung doch nichts anderes als ein Glücksspiel sei. Darum sollte ein anderer unparteiischer Mann bestimmt werden, die Papiere an sich zu nehmen. Da ging die Tür auf, und wer trat herein? Marie, die ‚Klöppelmeisterin‘. Sie kam nicht allein; sie hatte eine Freundin bei sich.
„Ja, was ist denn das? Was willst denn du hier bei uns in der Gaststube?“ fragte der Wirt. „Weiber gehören doch nicht hierher!“
Sie errötete zwar, als sie aller Augen auf sich gerichtet sah, antwortete aber doch mit fester Stimme:
„Ich gehöre dahin, wo der Anton ist. Er will mein Mann sein und ich seine Frau. Ich darf also nicht dabei fehlen, wo es darauf ankommt, ob wir das Bergle behalten werden, das wir heute an dich bezahlt haben. Denn daß es bezahlt ist, das steht doch in den
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