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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Paragraph steht mir zur Seite. Aber ich fange das ganz anders an, als du dir vielleicht denkst. Ich nehme zwei Bogen Papier. Auf den einen schreibe ich folgendes: ‚Der Musteranton hat von morgen früh an drei volle Jahre lang für den Musterwirt zu arbeiten, was dieser ihm befiehlt. Er erklärt hiermit vor den unterschriebenen Zeugen, daß ihm diese Arbeit im voraus bezahlt worden ist.‘ Und auf dem anderen wird zu lesen sein: ‚Der Musterwirt übergibt dem Musteranton morgen früh das sogenannte Bergle als volles, unbestrittenes Eigentum, so wie es liegt und steht. Auch das Wasser rundum gehört dazu, weiter aber nichts. Der Musteranton hat dem Musterwirt das Bergle ganz bezahlt.‘ Diese Dokumente werden von uns beiden und von drei Zeugen unterschrieben. Während des Spiels bekommt der Ortsrichter sie in seine Tasche. Nach dem Spiele wird dasjenige des Gewinners zerrissen, der dann das andere bekommt. Bist du einverstanden?“
    „Ja.“
    „So erkläre ich hiermit, daß du mir mein Bergle bezahlt hast. Und was sagst du nun zu mir?“
    „Daß du mir den Lohn für drei Arbeitsjahre vorausbezahlt hast.“
    „Das wirst du heute abend auch vor den Zeugen sagen?“
    „Ja.“
    „So ist die Sache abgemacht. Punkt sieben wirst du kommen, und Punkt acht beginnt das Damespiel. Es wird eine englische Dame, mit Vor- und Rückwärtsschlagen und auch noch über das Feld.“
    „Was für eine, das ist mir gleich.“
    „Gut; wir sind also fertig. Nun macht euch jetzt von dannen. Das Bergle ist noch mein, und morgen habt ihr auch nichts hier zu suchen, denn dein Mitspieler kann doch mit mir nichts machen!“
    Die beiden gingen. Er sah ihnen nach, bis sie sich drüben voreinander trennten.
    „Das habe ich gut gemacht!“ lachte er zufrieden. „Er ist der beste Damenzieher weit und breit, aber gerade die englische spiele ich besser als er. Auch habe ich ihn eine Stunde früher bestellt. Da lasse ich ihn trinken. Ich weiß schon, wie das anzufangen ist. Ich gebe im Dorf bekannt, was geschehen soll. Da bekomme ich die ganze Stube voll Gäste. Ich schenke für alle ein Extrabier, für uns aber einen scharfen, starken Wein; den ist er nicht gewöhnt. Das erste Glas wird ihm schmecken. Das zweite nimmt ihm die Gedanken. Und beim dritten weiß er schon nicht mehr, was er tut. Für mich aber ist es, als ob ich Wasser trinke. Und sodann weiß ich noch etwas. Wenn er über den nächsten Zug nachsinnt, und ich schaue ihm scharf in das Gesicht, so wird er unsicher. Dann zieht er falsch. Er kann meine Augen nicht vertragen. Das habe ich oft beobachtet, und dann hat er stets verloren. Das tue ich auch heute. Jetzt aber will ich meine Taler noch begießen; dann gehe ich heim, um die Papiere gleich zu schreiben. Drei Jahre Arbeit! Er ahnt gar nicht, daß er die eigentliche Seele meines Geschäfts ist. Er erfindet unerschöpflich neue Muster. In diesen drei Jahren kann er mir für ein ganzes Menschenleben vorarbeiten. Dann aber ist er kaputt, und ich werfe ihn hinaus.“
    Als die Steine bis tief in den Boden hinein durchnäßt waren, ging er nach Hause. In der Gaststube saß ein Handwerksbursche. Des Wirtes Tochter winkte ihren Vater zu sich. Sie war von ganz anderer Gestalt als er. Was ihm an Stärke und Länge fehlte, das hatte sie fast zu viel.
    „Der dort hat schon einige Male nach dir gefragt“, sagte sie. „Er ist ein Kupferstecher und will hier übernachten.“
    Der Musterwirt ging zu ihm hin und forderte die Legitimationspapiere. Das war seine Pflicht, wenn jemand über Nacht bleiben wollte. „Frommhold Uhlig, Kupferstecher und Graveur“, las er auf dem Wanderbuch. Das war der Richtige, den er erwartete! Dieser saß schon beim vierten oder fünften Schnapse, doch ohne daß man die Wirkung des Alkohols an ihm verspürte. Er schien das Gift gewohnt zu sein. An der Wand lehnte sein Knotenstock, und auf dem Nebenstuhl lag sein kalblederner Ranzen. Der Wirt setzte sich zu ihm, um ihn fragend auszuhorchen. Der Fremde ließ dies einige Zeit geschehen und lächelte dazu. Als aber eine Frage gar zu verfänglich klang, lachte er laut auf und sagte:
    „Musterwirt, spielt nicht mit mir Theater, sonst lasse ich den Vorhang sofort fallen. Es soll keiner von uns beiden denken, daß er dem anderen über ist. Mich fängt man nicht mit Fragen. Weißt du, was ich will und was ich kann?“
    „Bis jetzt weiß ich nur, daß dich ein Bekannter zu mir schickt“, antwortete der Gefragte.
    „So weiß ich mehr von dir, als du von mir, und kann es

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