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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Papieren, die ich da in deinen Händen sehe?“
    „Ja“, antwortete er. „Ich wollte sie dem Ortsrichter in Aufbewahrung geben; der will sie aber nicht.“
    „So weiß ich jemand, der da will.“
    „Wer ist das?“
    „Ich selbst. Gib sie her; ich hebe sie auf.“
    Sie zog sie ihm schnell aus der Hand und steckte sie ein, noch ehe er es verhindern konnte.
    „Das nenne ich aber resolut!“ rief er aus.
    „Bei einem Damespiel gehören die Preise nicht in die Hände von Männern.“
    „So! Na, ganz wie du willst! Aber wenn das eine Papier gewonnen hat, so wird das andere sofort zerrissen!“
    „Ja, zerrissen und verbrannt“, nickte sie. „Wann geht es los?“
    „Punkt acht.“
    „Nicht eher?“
    „Nein. Wir müssen doch erst den Wein zusammen trinken.“
    Dabei begann er, die Gläser zu füllen.
    „Der Anton ist zum Spielen, aber nicht zum Trinken verpflichtet worden. Er geht mit uns jetzt noch eine halbe Stunde spazieren. Es ist erst halb. Wenn es ganz schlägt, sind wir wieder da. Komm, Anton!“
    „Tausendmal gern!“ antwortete dieser, stand auf und verließ mit den beiden Mädchen die Stube.
    Der Wirt schaute ganz verblüfft hinter ihnen drein, griff unwillkürlich zum vollen Glas, stürzte den Wein hinunter und rief aus:
    „So eine Wetterhexe! Da hört doch alles auf!“
    Er machte ein so betroffenes Gesicht, daß sich ein allgemeines Gelächter erhob. Einer, dem es nach dem Wein gelüstete, trat hinzu, goß wieder voll, nahm das eine Glas und rief:
    „Musterwirt, denke einmal, daß ich der Anton bin, und tue mir Bescheid. Ich trinke dir zu, daß du gewinnen mögest. Das kannst unmöglich abschlagen!“
    Ein anderer folgte diesem Beispiele. Der Wirt konnte gar nicht anders, er mußte noch zwei Gläser austrinken. Man trank ihm auch in Biergläsern zu. Er tat hier und da Bescheid, wenn auch nur wenig; als die halbe Stunde vorüber war, fühlte er deutlich, daß der Wein und das Bier sich nicht miteinander vertragen wollten. Eins blieb unten sitzen; das andere begann, ihm in den Kopf zu steigen. Er konnte viel vertragen, aber der Ärger über die unerwartete Einmischung des Mädchens war ihm auf die Nerven gefallen. Er befand sich in einer Aufregung, welche ihm die zu seinem Vorhaben nötige Ruhe fast vollständig raubte. Darum rief er, als Anton um acht Uhr seine beiden Begleiterinnen wieder mit hereinbrachte, diesen zornig zu:
    „Was wollt ihr schon wieder hier? Ich spiele mit ihm, aber nicht mit euch!“
    „Wir spielen ja gar nicht mit; wir sehen nur zu“, antwortete Marie, indem sie an den Tisch trat. „Es ist Zeit. Ihr könnt anfangen!“
    „So geht hinweg! Hierher gehören nur zwei!“
    Er sagte das in einem solchen Ton, daß sich unter den Gästen tadelnde Stimmen erhoben.
    „Wer es ehrlich meint, braucht uns nicht zu fürchten“, antwortete Marie. „Wir gehören hierher, denn wir haben die Preise einstecken. Wir setzen uns!“
    Nun wagte er nicht mehr zu widersprechen. Er nahm also Anton gegenüber Platz. An den beiden anderen Seiten saßen die Mädchen. Es war bestimmt worden, daß niemand herbeitreten dürfe, um zuzusehen. Das Spiel begann. Anton war bei vollster Ruhe. Wenn er nicht auf das Brett sah, hatte er nur Augen für seine Verlobte, die kein Wort sagte, ihm aber von Zeit zu Zeit lächelnd zunickte, meist aber den Wirt sehr scharf im Auge behielt. Dieser gab sich erst Mühe, gleichgültig oder gar überlegen zu scheinen. Bald aber stemmte er das Gesicht in beide Hände und starrte finster auf die vierundsechzig Felder, welche vor seinen Augen zu tanzen begannen. So oft er seinen Trick anwenden und den Gegner fest anschauen wollte, begegnete er Mariens Augen. Das regte ihn noch mehr auf. Als er aus diesem Grund wieder einen falschen Zug getan hatte, fuhr er sie an:
    „Was hast nur immer mich anzuglotzen! Ich mag deine Blicke nicht. Sie bringen mir Unglück!“
    „So schau aufs Spiel und nicht auf sie!“ antwortete Anton an ihrer Stelle. „Man wird sich doch wohl nicht die Augen verbinden müssen, wenn man hier bei dir ist!“
    Hierauf wurde es wieder still, bis nach längerer Zeit der Wirt jubelnd ausrief:
    „Endlich, endlich habe ich dich! Das war ein Meisterzug von mir, wie ich fast noch keinen getan habe! Ich stand schlecht, sehr schlecht. Ich wußte fast nicht mehr, wohin. Nun aber habe ich dich gefaßt! Paß auf! Ich schlage dir jetzt einen – zwei – drei Steine und bin im Sieg, denn du mußt –“
    Da hielt er erschrocken inne. Er hatte, während er es

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