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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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das scharfe, höhnische Lachen vernahm, welches hinter ihm erscholl, wurden seine trotz des Alters noch immer schön zu nennenden Züge um einen Schatten bleicher; die Lippen legten sich mit herbem Ausdruck aufeinander, und aus den großen, dunklen Augen fiel ein Blitz zur Erde, in welchem Verachtung und Bitterkeit mit gleicher Stärke leuchteten. Da klang es halblaut und freundlich aus der Ecke des zu demselben Gut gehörigen Gartens:
    „Guten Tag, Herr Haubold!“
    Verwundert blieb er stehen und hob den gesenkten Kopf empor. Am Zaun stand mit verlegenem Gesichtchen ein junges, kaum zwanzigjähriges Mädchen, welches unter dem forschenden Blick des ernsten Mannes die Augen niederschlug, als habe es eine Sünde begangen.
    „Grüß Gott, mein Kind!“ antwortete er freundlich. „Sag', wer bist du denn, daß du dem Teufelsbauer nicht auch den Gruß versagst?“
    „Ich bin die Kathrine, und mein Vater – mein Vater, das ist – das ist der Wiesenbauer, der jetzt zu Euch geredet hat“, lautete die zögernde Antwort.
    „Der Wiesenbauer? Du bist seine Tochter und magst mich doch grüßen?“
    „Ich grüß' Euch gern!“ Ihr Auge hob sich und suchte wie bittend das seine. „Ich habe gehört, was der Vater sagte, und – und –“
    „Und wolltest wieder gutmachen, was er Böses gesprochen hat?“
    „Ja; aber bitte, nehmt mir's nicht übel!“
    „Wie könnte ich dir darüber zornig sein, Kathrine? Ich habe dich noch gar nicht gekannt, und vielleicht bist du besser als dein Vater. Du bist ein unschuldig Blut und kannst ja nichts dafür, daß er so große Feindschaft hegt. Habe Dank für deine gute Rede, und bleibe immer so brav, wie du jetzt alleweil bist!“
    Er reichte ihr die Rechte über den Zaun hinüber und wendete sich dann zum Gehen. Sie blickte ihm nach, so lange sie es vermochte, und atmete dann, während ein zufriedenes Lächeln um den kleinen Mund spielte, tief und erleichtert auf.
    „Endlich habe ich's mal gewagt! Sie sind alle so schlimm mit ihm, und er ist doch so still und gelassen dabei. Vielleicht ist gar nichts wahr von dem, was die Leute von ihm sagen, und der Gustav – der Gustav ist ganz gewiß auch lieb und gut, obgleich er gerade so finster dreinschaut wie sein Oheim und kein anderer Bursche was von ihm wissen mag!“
    Sie zerpflückte sinnend die Blume, welche sie von der Frühkirche her noch an der Brust stecken hatte.
    „Wenn man nur mal mit ihm sprechen könnte! Aber ich hab ihn noch niemals gesehen, daß er mit irgendwem geredet hätte, und auf dem Tanz, da ist er erst recht nimmer zu erblicken. Es ist nur gut, daß der Vater gleich in die Stube gegangen ist und nicht hat sehen können, daß ich mit dem Tannenbauer Zwiesprache gehalten habe. Wo der nur hingehen wird? Er kommt kaum alle Jahre mal in das Dorf, und dann wird irgend was hervorgesucht, an dem er schuld sein soll!“
    Auch der, nach dem sie sich fragte, konnte seine Gedanken nicht von der unerwarteten Begegnung wenden. Was hatte die Tochter seines Todfeindes veranlaßt, ihn zu grüßen? War das wirklich bloß die Absicht, die Härte ihres Vaters zu mildern? Er hatte sie noch niemals gesehen oder wenigstens ihr bei einer etwaigen Begegnung keine Beachtung geschenkt, und jetzt stellte sie sich ihm auf einmal so freundlich und versöhnend gegenüber. Das mußte wohl einen besonderen Grund haben. Die milde Erscheinung mit dem flehenden Auge hatte ihm, dem Gemiedenen, wohlgetan; er sann und sann im Vorwärtsschreiten und fuhr fast erschrocken auf, als er hinter sich eine rufende Stimme vernahm:
    „Was ist's denn, Haubold, daß du vorübergehst? Ich denke, du willst zu mir!“
    Er wendete sich zurück und trat auf den Sprecher zu. Dieser hatte schon längst wartend am geöffneten Tor gestanden, dessen altersschwarze Flügel mit drei weißen, riesigen Kreuzen bemalt waren, und hielt ihm jetzt mit sichtbarem Widerstreben die Hand entgegen.
    „Ach so, ja; ich war in Gedanken und habe da nicht bemerkt, daß ich schon bei dir bin. Aber behalte deine Hand; du gibst sie mir doch nicht gern!“
    Sein Blick fiel auf die zur Abwehr bestimmten frommen Zeichen am Tor.
    „Was sollen denn die Kreuze bedeuten?“ fragte er.
    „Denke ja nicht etwa, daß es wegen dir ist!“ lautete schnell die vorbeugende Antwort. „Es ist mir was Heimliches über meinen Stall geraten, und da habe ich die Kreide genommen und die heilige Dreifaltigkeit ans Tor geschrieben. Ich denke, der Knecht hat dir's erzählt!“
    „Schon gut! Ich weiß genau,

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