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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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keine sich mit ihr zu messen vermöge, und es überkam ihn eine wunderbare glückliche Regung, wenn er an die Art und Weise dachte, in welcher sie mit ihm gesprochen hatte.
    So wenig er sich um andere Personen kümmerte, er selbst war doch der Gegenstand der allgemeinen Aufmerksamkeit. Die Alten hatten ihre Neugier nun befriedigt und waren, da sie an seinem Verhalten nichts besonderes bemerkten, zu ihren Gläsern zurückgekehrt; die Jungen beobachteten ihn verstohlen und flüsterten sich hier und da ihre Bemerkung zu. Und die Mädchen? Es gab keinen Burschen, der so hübsch und reputierlich aussah, wie er; das sagten sie sich alle, und gar mancher heimliche Blick flog aus verlangendem Auge zu ihm hin. Wenn er nur nicht gerade der Teufelshaubold gewesen wäre!
    Auch Kathrine blickte öfters nach ihm herüber, aber nicht verstohlen, sondern offen und freundlich, so, wie sie ihn am Nachmittage in das zum ersten Mal beseligte Gesicht gesehen hatte. Der Wunsch, welcher am Zaun über ihre Lippen gekommen war, hatte schnell und vollständiger noch, als sie geglaubt, seine Erfüllung gefunden. Sie hatte Gustav versprochen, ja, er war nun auf dem Saal erschienen, und aus welchem Grund, das ahnte sie. Darum tat es ihr um so mehr weh, daß ihm das Vorurteil so schroff gegenübertrat und er so verlassen an seinem Tisch sitzen mußte. Wie gern wäre sie aufgesprungen und zu ihm hingegangen! Aber das durfte sie nicht, und dabei mußte sie all den vielen Drängern Rede und Antwort stehen und sich gar noch über den Sohn des Richters ärgern, welcher sie in der auffälligsten Weise in Beschlag genommen hatte und gar nicht von ihrer Seite weichen wollte. Er war ein kleines, unansehliches Kerlchen.
    Sie hatte ihm den nächsten Rheinländer versprechen müssen, und er nahm daraus die Veranlassung, bei ihr zu bleiben, um den Tanz nicht zu versäumen.
    Was mußte Gustav denken, wenn er sah, daß sie immer inmitten von Burschen saß, von denen doch nicht loszukommen war!
    Die Zeit verging, und niemand bemerkte bei der allgemeinen Fröhlichkeit, daß das Gewitter, welches der Tannenbauer schon für den Nachmittag erwartet hatte, seine drohenden Wolkenmassen zusammenballte und schon einzelne schwere Tropfen herniederfallen ließ. Da erklangen die ersten Takte einer neuen Tour, und jeder eilte, sich eine Tänzerin zu suchen.
    Der Halbkreis, welcher Kathrine umschlossen hatte, fuhr auseinander, als drohte ein Unheil.
    Gustav war herbeigetreten und bot dem überraschten Mädchen die Hand.
    „Ich bitte, Kathrine, mache diesen Tanz mit mir!“ sagte er.
    Sie erhob sich und legte den Arm in den seinen.
    „Nein, das geht nicht!“ rief protestierend des Richters Sohn. „Das ist der Rheinländer, den du mir versprochen hast. Geh weg, Teufelsbauer, und rühre mir mein Mädchen nicht an!“
    Gustavs Auge überflog den Sprecher von oben bis unten; dann bog er sich leicht zu Kathrine nieder.
    „Hast's ihm versprochen?“ fragte er.
    „Ja.“
    „Mit wem tanzest du lieber? Sag's grade und aufrichtig, Kathrine!“
    Sie hörte es dem Ton seiner Stimme an und sah es dem tiefen, forschenden Blick seiner Augen an, daß sich diese Frage auf mehr als nur den Tanz bezog. Ihr Arm zitterte leise in dem seinigen, aber sie wagte trotz der kritischen Lage die Antwort:
    „Mit dir!“
    „So bist du von jetzt an meine Tänzerin, und kein Mensch hat mehr etwas an dir zu präsentieren. Geh fort, Kleiner, und schaff Raum! Du hast gehört, wie nun die Aktien stehen!“
    „Das wollen wir sehen! Die Katharine hat mir zugesagt, und ich trete nicht zurück, am allerwenigsten aber vor dir!“
    „Sie hat dir wieder abgesagt. Hier ist ein jedes sein eigener Herr und kann tun, ganz was ihm beliebt. Mach dich zur Seite; ich könnte dir sonst auf die Füße treten!“
    „Nein, wir leiden's nicht, daß einer vom Teufelshof hier tanzen darf. Gib das Mädchen her, sonst kommst du durch die Tür!“
    Er faßte Gustav bei der Schulter, während noch mehrere herzutraten, um sich an dem Streit zu beteiligen.
    „Was, du greifst mich an? Glaubst du denn, daß ich mich fürchte, und wenn die ganzen Kerle nach mir langen! Laß los, sonst spielst du Luftballon!“
    Als der Gewarnte der Mahnung nicht Folge leistete, drückte ihm Gustav mit einem raschen Griff die Arme an den Leib, hob ihn hoch empor, schleuderte ihn über den Knäuel der Umstehenden weg, hinter denen er zu Boden stürzte. Dann nahm er wieder Kathrines losgelassenen Arm und drängte mit drohender Miene

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