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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vorwärts.
    „Nun wird getanzt. Schafft Platz, wenn ihr nicht auch das Fliegen lernen wollt!“ rief er den im Weg Stehenden zu.
    Es lag in seinem kräftigen Auftreten eine solche Macht, daß die Kampflustigen furchtsam zurückwichen. Er schritt zur tanzenden Reihe und wollte eben beginnen, als plötzlich die Musik verstummte. Der Ortsrichter stand in der Mitte des Saals und hatte mit erhobener Hand zum Schweigen gewinkt.
    „Was ist denn hier für ein Teufel los?“ fragte er, die kleine Gestalt möglichst emporreckend, mit wichtiger Amtsmiene. Sein Sohn stand neben ihm und rieb sich die malträtierten Glieder. „Komm mal her, Haubold, gerade hierher vor mich! Ich habe dich was zu fragen!“
    Er zeigte bei diesen Worten mit dem Finger auf den Punkt, bis zu welchem Gustav sich ihm nähern sollte. Dieser antwortete:
    „Zu fragen? Willst du etwa ein Mittel wissen, noch drei Ellen höher zu werden? Stelle dich auf den Tisch dann bist du grad groß genug zum Richter!“
    „Her kommst du!“ rief das Oberhaupt, ergrimmt über diese Beleidigung. „Sonst laß ich dich durch den Büttel heraustransportieren!“
    „Dann bist du auch ein rechter Kerl, wenn du den Spitz auf mich hetzen kannst! Komm her, wenn du mit mir zu reden hast!“
    Da fühlte er eine Hand an seinem Arm. Es war der Wiesenbauer, welcher sich herbeigedrängt und mit Erstaunen seine Tochter an der Seite des Verhaßten gesehen hatte. Er fragte überlaut:
    „Was ist mir denn das? Hat dich etwa der Drache um den Verstand gebracht, daß du es wagst, das Mädel anzurühren? Gleich laß los! Man muß ja ganz gewärtig sein, du machst mir die Kathrine zur Hexe!“
    „Das werde ich jetzt auch tun. Paß auf, Wiesenbauer, wie ich es mache!“
    Er legte beide Arme um das Mädchen, dem unter dieser kräftigen Berührung ein Widerstreben gar nicht möglich war, zog die vor Schreck und Scham Erglühende zu sich empor und küßte sie auf den Mund. „So, nun ist die Hexe fertig und dem Beelzebub verfallen! Und wenn –“
    Er konnte nicht weitersprechen; Heinemann hatte seine Tochter von ihm weggerissen, packte ihn wütend bei der Brust und schrie:
    „Das werde ich dir bezahlen, du Teufelsbube, aber mit anderem Geld, als du gegeben hast!“
    „Bilde dir nichts ein. Heinemann; du bringst dein Geld bei mir nicht an den Mann!“
    Er schob ihn von sich ab, umspannte dann seine Hände mit solcher Festigkeit, daß dem zornigen Mann fast der Atem versagte, und fügte hinzu:
    „Du hast uns den Teufel an die Wand gemalt, und nun ist er zu dir gekommen. Er hat deine Tochter geküßt und gibt sie nicht wieder her, du magst nun machen, was du willst. Gehe hin in Frieden und trage dein Schicksal still und mit Geduld; das ist das Beste, was ich dir raten kann!“
    Er gab ihn frei. Da brüllte Heinemann:
    „Nicht um die Seligkeit möchte ich diese Schande erleben, und du darfst nur dann an sie denken, wenn – wenn“, setzte er mit grinsendem Lächeln hinzu, „wenn auch ich im Felsenbruch liege! Willst du mich etwa hinunterexpedieren? Dann tu's nur nicht eher, als bis ich das Feuer gesehen habe, das du mir heute versprachst!“
    Die Antwort hierauf wurde Gustav abgeschnitten, denn in diesem Augenblick zuckte ein grelles, blendendes Licht an den Fenstern des Saals vorüber; ihm folgte ein krachender Donnerschlag, unter dem das Haus zu beben schien, und bei der augenblicklich eingetretenen tiefen Stille war das Brausen des Windes zu vernehmen, welcher draußen heulend die Wipfel schüttelte. Das Gewitter war da, und gleich sein erster Schlag war ein so furchtbarer, daß der Schreck darüber aller Gesichter erbleichen machte.
    „Da hast du das Feuer, Wiesenbauer!“ tönte die Stimme Gustavs durch das Schweigen.
    Es leitete ihn bei diesen Worten keine bestimmte Absicht, und er sprach sie nur unter dem Eindruck der Situation, aber es lag in Ton und Haltung etwas unwiderstehlich Überzeugendes, daß sofort der Ruf erscholl:
    „Es hat eingeschlagen. Der Wiesenhof brennt!“
    Der Streit war vergessen, und eine angstvolle Beweglichkeit kam über die Versammlung. Die Tür war zu eng, um die Andrängenden schnell genug hindurchzulassen, unter deren vordersten Heinemann sich befand. Er dachte nicht an den Gegner, dachte nicht an seine Tochter; er stürzte die Treppe hinab und hinaus in die vom Sturm durchfegte Nacht. In wenigen Minuten war der Saal geleert; nur zwei Personen befanden sich noch in demselben.
    Gustav stand noch an derselben Stelle, an welcher er den verhängnisvollen

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