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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hatte sich zum Ausgehen angezogen.
    „Willst du noch fort, Gustav?“ fragte sie. „Das ist doch gerade so ein Wunder, als wenn der Oheim jetzt noch vor zu uns kommen wollte!“
    „Hast recht, Marie! Aber es muß auch mal ein Wunder geben, damit die Welt zum Glauben kommt.“
    Sie schien eine Erklärung der sonderbaren Worte zu erwarten; er aber enthielt sich jeder Beifügung und verließ schweigend den Hof. Sein Weg führte ihn durch das Dorf nach dem Gasthaus, aus dessen oberen Räumen lustige Tanzmusik durch die geöffneten Fenster herab auf die Straße schallte.
    Während das junge Volk sich munter im Saal herumschwenkte, saßen die älteren Männer in einem Nebenzimmer und unterhielten sich über die größte Neuigkeit des Tages.
    „Ein gescheiter Kerl ist er“, klang es am unteren Ende des Tischs, wo die weniger wohlhabenden Bauern saßen, während oben die reichen Vierspänner ihren Platz behaupteten. „Ich habe ganz genau acht gegeben; er strich die Kühe nur so über den Leib und hat sich seinen Spruch dabei gedacht, und davon sind sie schon bis zum Abend so besser geworden, daß ich glaube, ich werde sie noch erhalten. Das mit den Tüten ist ja nur zum Schein gewesen, denn bei dem Streichen hat es geknistert, wie bei einer Elektrisiermaschine; das war Teufelswerk und kommt von dem Zauber, dem er überlegen gewesen ist.“
    „Ja, den Teufel hat er; das ist gewiß!“ versicherte mit schnarrender Stimme der Ortsrichter. „Ich habe ihm auch die Leviten tüchtig gelesen und ihm gesagt, daß er vom Dorf lassen soll.“
    „Besser hast's ihm nicht gesagt, als ich!“ behauptete Heinemann. „Aber das mit dem Teufel nehme ich bloß, um ihn zu ärgern, denn ich glaube nicht dran, obgleich ich nicht weiß, wie ich's erklären soll, daß stets ein Unglück geschieht, wenn er aus seiner Klause hervorkommt. Heute ist er ausgewesen, und paßt auf, wir werden schon morgen wissen, was wir davon haben. Es sollte geboten werden, daß ihn keiner zu sich kommen läßt!“
    „Zu wem sollen wir denn in der Krankheit gehen, wenn kein Arzt und niemand helfen kann? Wir können doch nicht an dem mitleiden, was du von ihm denkst!“
    „Und ist das etwa nicht wahr? Wer soll's denn sonst gewesen sein, als er? Als die Schauspieler in das Dorf gekommen sind, hat die Martha bei seinem Vater, der noch lebte, in der Ruine gewohnt, und mein Bruder, der David, hat sie gern gehabt. Der Haubold ist damals als Student auf der Universität gewesen und auf die Ferien nach Hause gekommen. Da hat sich die Martha in ihn verschameriert, und mein Bruder hat das Nachsehen gehabt. Die beiden sind nachher hier auf dem Saal, wo die Bühne aufgerichtet war, zusammengeraten. Haubold ist nach der Vorstellung, wie allemal, mit der Sängerin hinaus auf die Kanzel spazieren gegangen, mein Bruder ihnen nach, und am anderen Morgen hat der arme Tropf zerschmettert im Felsenbruch gelegen. Die Martha ist verschwunden, und der Teufelsstudent hat nichts von der Sache wissen wollen. Aber warum ist es denn sogleich mit seinem Studium zu Ende gewesen? Das böse Gewissen hat ihm zum Weiterlernen nicht Ruhe gelassen; er ist auf dem Hof geblieben und so trübsinnig geworden, daß er sich endlich gefürchtet hat, vor die Leute zu treten!“
    „Wißt Ihr auch schon, wer da ist?“ fragte in diesem Augenblick der Wirt, welcher herbeigetreten war, um die leeren Gläser fortzunehmen.
    „Wer denn?“
    „Der Gustav vom Teufelshof.“
    Diese Nachricht erregte allgemeines Aufsehen. Es konnte sich keiner erinnern, den Mann jemals im Wirtshaus oder gar beim Tanz auf dem Saal gesehen zu haben. Jeder vermutete einen besonderen Grund, den sein Erscheinen haben mußte, und die Neugier war so groß, daß der Tisch bald leer stand, da sich die Gäste hinaus auf den Tanzboden begeben hatten, um den Ankömmling mit eigenen Augen zu sehen.
    Dieser war erst vor kurzem eingetreten und hatte an einem der Seitentische Platz genommen. Die bereits daran Sitzenden hatten sich sofort erhoben und waren davongegangen. Nun saß er allein; niemand sprach mit ihm, und selbst der Wirt fragte ihn nicht, ob er etwas trinken wolle.
    Er schien sich aus diesem Verhalten wenig zu machen, vielmehr lag eine gewisse Befriedigung auf seinen wohlgeformten, regelmäßigen Zügen. Er hatte Kathrine gesehen, welche, von einer Schar junger Burschen umschwärmt, dem Eingang gegenübersaß und bei jeder Tour zum Tanze gefordert wurde.
    Eine Vergleichung mit den anderen Mädchen brachte ihn zu dem Resultat, daß

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