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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Pfarrhof, wo demselben in einer hinteren, ruhigen Stuben ein weiches Lager bereitet wurde.
    Gustav war schon während des Transports wieder zum Bewußtsein gekommen; man kühlte seine Wunden einstweilen mit schmerzlindernden Mitteln, wie sie jeder Haushalt bietet, und ließ ihn dann allein. Nach Entfernung der Kleider hatten sich die Verletzungen als nicht sehr bedeutend gezeigt; er war eine starke, robuste Natur und achtete der Schmerzen, welche er empfand, nur wenig; die meiste Schuld an seiner Ohnmacht trugen der erstickende Qualm und die fürchterliche Hitze, durch welche er hatte dringen müssen, und so schienen ihm nur einige Stunden der Ruhe nötig, um neuerholt das Lager verlassen zu können.
    Was war das heute doch für ein ereignisvoller Tag gewesen! Er verfolgte den Lauf desselben von Stunde zu Stunde und verweilte dabei am längsten bei der Begegnung mit Kathrine im Felsenbruch. Was wird wohl der Wiesenbauer sagen, wenn er sein Kreuz nicht mehr vorfindet?
    Er horchte erschrocken auf. Gerade aus der Gegend her, an welche er soeben gedacht hatte, war ein lautes, dröhnendes Krachen erschollen, welches noch mehrere Sekunden lang rollend in der Luft nachzitterte. Was konnte das gewesen sein? Er hatte erfahren, daß der Oheim nach der Felsenkanzel gegangen sei, um eine heilende Pflanze für ihn zu holen, und fast wollte es ihn wie Besorgnis überkommen, wenn er an die Gefahr dachte, welche ein nächtliches Besteigen des Altanes bot. Er wußte auch, daß die Kanzel nicht mehr zuverlässig sei; Wind und Wetter hatten auf sie eingewirkt, und es war mit der Zeit ein Riß entstanden, welcher früher oder später ihren Einsturz herbeiführen mußte. Aber seine Befürchtungen waren nicht so groß wie die Müdigkeit, welche er fühlte; er schloß die Augen und war in kurzer Zeit eingeschlafen.
    Als er erwachte, war es schon spät am Morgen; die Pfarrfrau saß an seinem Bett; sie hielt seinen Zustand für bedenklicher, als er war, und fragte ihn nach seinen Schmerzen.
    Er antwortete lächelnd:
    „Verbranntes tut nicht schön; aber daraus braucht man sich nicht viel zu machen. Ist der Oheim schon hier gewesen?“
    „Nein; aber die Wirtschafterin war hier und hat auch nach ihm gefragt.“
    „Die Marie? Dann ist er nicht zu Hause? Frau Pfarrerin, ich muß aufstehen; es ist etwas passiert!“
    „Was denn?“
    „Ich weiß selbst noch nicht; aber ich habe heute nacht gehört, daß im Felsenbruch etwas eingestürzt ist, und der Oheim war draußen. Wäre ihm nichts geschehen, so hätte er mich schon längst aufgesucht. Ich muß auf!“
    „Das wird wohl schwerlich gehen!“
    „Es geht ganz leicht; die Haut ist nur ein wenig eng geworden, und bei dem Liegen kommt auch nicht viel heraus. Bitte, darf ich gehen?“
    „Mir soll es lieb sein, wenn die Wunden nicht gefährlich sind; aber Schmerzen bereiten sie genug; das kann ich mir denken. Hier ist ein anderer Anzug, den die Wirtschafterin mitgebracht hat.“
    Sie entfernte sich, und er begann, sich anzukleiden. Es ging doch nicht so leicht, wie er gemeint hatte; aber die Sorge um den Oheim ließ ihn die Schmerzen überwinden, und bald hatte er dankend Abschied genommen und verließ das Haus.
    Als er an der noch rauchenden Ruine des Wiesenhofs vorüberkam, erblickte er Kathrine, welche suchend unter den Gegenständen umherging, die verstreut und vielfach beschädigt im Garten lagen.
    „Katharine!“ rief er sie.
    Sie blickte auf. Als sie ihn erkannte, kam sie auf ihn zugeeilt.
    „Gustav, bist du schon wieder gesund?“ fragte sie, indem es freudig über ihre kummervollen Züge glitt. „Ich denke, du bist fast ganz verbrannt!“
    „Ich nicht, sondern bloß die Hosen und die Jacke. Die paar Male, die ich dabei bekommen habe, werden bald vergehen. Was tut dein Vater?“
    „Ach Gott, der ist fort, und wir wissen nicht, wohin. Wir haben ihn schon im ganzen Dorf gesucht; aber er ist nirgends zu finden.“
    Ihre Tränen flossen wieder. Er ergriff ihre Hand.
    „Laß gut sein, Kathrine; er wird schon wiederkommen, und das Unglück hier läßt sich wohl auch noch übersehen. Hat es der Mutter etwas getan?“
    „Sie ist unverletzt, aber schwach und ganz trübselig. Ach, Gustav, wie ist's doch so gar anders geworden, seit wir uns gestern im Bruch gesehen haben!“
    Die Erwähnung des Felsenkessels erinnerte ihn an den Oheim; er zog trotz der Leute, welche vereinzelt umherstanden, das Mädchen an sich und fragte:
    „Kathrine, darf ich dich lieb haben? Gestern wolltest du mir's

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