73 - Der Dukatenhof
nicht gesehen, aber von seinem Vater, als damals der Pfarrhof brannte.“
„Ja, und von ihm haben's die beiden gelernt, so daß ihnen nun das Feuer nichts anhaben kann. Kein anderer hätt's gewagt, in diese Glut zu steigen; aber paß auf, der Gustav bringt die Bäuerin ganz heil heraus!“
„Nein, das ist nun nicht mehr möglich! Schau, die Flamme ist schon ganz nahe am Fenster!“
„Und doch! Da kommt er schon; er ist mitten durch das Feuer hindurch!“
Es war so. Gustav erschien an der Öffnung, einen dunklen schweren Gegenstand tragend. Er rief schwer atmend herab:
„Komm herauf, Oheim; ich muß sie dir hinausgeben; aber mach' schnell, sonst faßt mich der Brand!“
Der Teufelsbauer stieg empor und nahm die besinnungslose Bäuerin in Empfang.
Während er sie nach unten brachte, schwang sich der Jüngling heraus. Noch im letzten Augenblick hatten die Flammen seine versengte Kleidung ergriffen; er stürzte sich mehr von der Leiter, als er sie herabklomm, und eilte dann der Richtung zu, nach welcher die Spritze ihren Wasserstrahl sandte.
„Löscht mir das Feuer!“ rief er dem Richter zu.
Dieser, welcher jetzt die Mündung des Schlauches selbst leitete, zögerte, dem Ruf Folge zu leisten. Da legte Haubold die Gerettete zur Erde, sprang herbei, stieß ihn hinweg und ließ einen dichten Tropfenregen auf den Neffen fallen. Dieser war zu Boden gesunken; die Anstrengung und der Schmerz hatten ihm das Bewußtsein geraubt.
Kathrine kniete mit ihrem Vater bei der Mutter, um welche sich, ebenso wie um Gustav, ein Kreis Neugieriger bildete.
„Er ist verbrannt!“ bemerkte der vorige Sprecher. „Sie haben den Segen gar nicht gesprochen oder einen Fehler dabei gemacht.“
„So kommt die Strafe für solches Satanswerk, und wenn er stirbt, fährt seine Seele zur Hölle!“ meinte ein anderer.
„Nehmt euch in acht, daß ihr nicht selbst hinfahrt statt seiner!“ zürnte Haubold, welcher, jetzt mit der Untersuchung des Neffen beschäftigt, die lieblosen Worte vernommen hatte. Er blickte suchend im Kreis herum und gewahrte einen seiner Knechte. „Spring rasch nach dem Tannenhof, und hol die Trage samt noch dem anderen Mann. Ihr müßt den Gustav nach Hause schaffen!“ gebot er ihm.
„Ist's bös, Herr Haubold?“ fragte der Angeredete.
„Nein, lange nicht so schlimm, als ich vorerst gedacht habe. Aber lauf, damit ich nicht zu lange warten brauche!“
„Können wir nicht hier jemanden finden und eine Trage dazu?“
„Geh nur! Die Leute sollen mit dem Tannenhof gar nichts zu schaffen haben; ich will sie nicht um ihre Seligkeit betrügen!“
„Ihr dürft nicht gar so bitter sein, Tannenbauer!“ klang da eine milde Stimme. „Die Leute haben doch vielleicht nicht ganz allein die Schuld an dem, was euch kränkt.“ Es war der Pfarrer, welcher sich noch nicht gar lange Zeit im Amt befand und hier die ihm willkommene Gelegenheit ergriff, gegen das Vorurteil und den Haß, wovon er so viel gehört hatte, nach besten Kräften anzukämpfen. „Ihr habt mehr als eure Schuldigkeit getan und es sehr wohl verdient, daß euch Hilfe geleistet wird. Ist die Trage wirklich notwendig?“
„Ja, weil es so weit nach Hause ist, Herr Pastor, sonst könnte man sich auch ohne sie behelfen. Er wird wohl arge Schmerzen leiden, wenn er aufwacht.“
„So dürft ihr ihn gar nicht so weit transportieren. Schafft ihn nach meiner Wohnung; die ist ganz in der Nähe, und wenn sich niemand findet, der mit zugreifen will, so fasse ich selbst mit an!“
„Ich danke Ihnen schön, Herr Pastor“, meine Haubold, innig erfreut über diesen ersten Beweis einer freundlichen Gesinnung, welcher ihm seit langer Zeit entgegengebracht wurde. „Ihr Anerbieten nehme ich um des Neffen willen gern dankbar an. Aber dann sind wir schon selbst genug, ich und der Knecht. Ich verlangte nur den anderen noch, weil ich gleich nach der Felsenkanzel wollte, um da etwas Notwendiges zu holen.“
„Nach der Felsenkanzel? Und jetzt, mitten in der Nacht? Was habt ihr von dort so sehr nötig?“
„Es steht dort ein Kraut, welches gegen die Brandwunden hilft und sonst nirgends mehr zu finden ist. Ich hab's auch nicht daheim, weil es nur frisch angewendet werden darf.“
„So geht! Den jungen Mann könnt ihr mir bis dahin anvertrauen, ich werde für ihn die beste Sorge tragen. Kommt her, ihr Männer; greift mit an, aber fein säuberlich, damit ihr ihm nicht wehe tut!“
Das Beispiel des Pfarrers war von dem besten Erfolg begleitet. Die Verständigeren unter
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