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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vergelten könne; er nahm es nicht an und vermochte sie später sogar, ihrem jetzigen Mann, mit dem sie glücklich lebte, ihre Hand zu reichen. Darum sagte er jetzt:
    „So warte; ich komme hinaus. Ich wollte sogleich fort; da kannst du's draußen sagen!“
    Das Licht erlosch, und bald befand sich Franz vor dem Haus, dessen Eingang er wieder verschloß.
    „Nun, was gibt's? Ich denke, du bist in Garnison?“ fragte er den Unteroffizier.
    „Ich bin heute nach Hause und will dir sagen, weshalb.“
    Er überzeugte sich erst, daß kein Lauscher in der Nähe sei, und stattete dann seinen Bericht ab, dem er auch das auf dem Dukatenhof Erfahrene beifügte.
    „Aber Pate, du darfst niemandem wiedersagen, was ich dir vertraut habe!“ schloß er seine Rede.
    Franz antwortete nicht. Er schien entweder in tiefes Nachdenken versunken zu sein oder mit einem Entschluß zu ringen.
    „Also, dem – dem, na, dem seine Tochter willst du zur Frau haben?“ sagte er endlich.
    „Ja. Sie ist so gut, gar nicht wie ihr Vater, sondern grad wie ihre Mutter, die Anna.“
    „Wie ihre Mutter? Wilhelm, die war nicht gut, die ist nicht gut geblieben; die ist falsch und treulos gewesen; von der mag ich nichts hören. Aber die Anna, die ist brav, und wenn die Emma so ist, da – da –“
    Er hielt inne; es war doch ein Kampf, der sich in seinem Innern vollzog. Wilhelm störte ihn nicht; er kannte seine Weise.
    „Da – da, ja, da sollst du sie haben“, rang es sich endlich wie ein schwer gewordener Entschluß von den Lippen des Krüppels. „Die Anna wird Freude darüber haben, und die Marie, die soll ihren Sohn glücklich sehen. Ja, Wilhelm, du sollst die Emma haben. Als du zur Welt kamst, da hielten sie alle schon den Grunert-Franz für verrückt und lachten über ihn, aber dein Vater und deine Mutter, die sagten: ‚Nun soll er allweil grad Pate werden bei dem Jungen!‘ Die Verwandten haben's nicht gewollt, aber sie haben's doch durchgesetzt. Ich mußte das Glaubensbekenntnis sagen, und dann bin ich Pate gewesen. Schau, Wilhelm, das vergeß' ich ihnen nicht und dir auch nicht, und drum wird die Emma deine Frau!“
    „Das wird aber nicht so schnell gehen, Pate, und jetzt denk' ich auch nur an die Geschichte mit dem Schmuggel.“
    „Es wird schon gehen, Wilhelm, denn der Köpfle-Franz weiß schon, was er sagt! Aber ja, der Schmuggel! Weißt du was?“
     „Nun?“
    „Der – der – na, der ist der Pascherkönig!“
    „Franz!“ rief der junge Mann.
    „Schrei' nicht so laut! Du hast's schon selber auch gedacht; es ist dir nur schwer geworden, dran zu glauben. Und den willst du fangen?“
    „Hör', Pate, das ist eine schlimme Sache! Du bist klug, viel klüger als ich und die Leute hier denken; komm' gib mir guten Rat!“
    Wieder dauerte es lange, ehe eine Antwort erfolgte. Die Liebe zu Wilhelm trat mit Forderungen an Franz heran, welche an bisherigen Plänen mächtig rüttelten.
    „Recht hast du schon, der Köpfle-Franz ist gescheiter als sie alle“, nickte er endlich. „Er sieht, was kein anderer sieht, und weiß auch von dem Grenzhandel mehr, als sie denken. Wenn ich dir nur sagen könnte, wo der Zettel zu finden ist!“
    „Das weißt du?“ fragte der junge Mann erstaunt und begierig zugleich.
    „Ich hab's erlauscht, mal in der Nacht; es war derselbe Jahrestag wie heute, und du brauchst nicht zu wissen, wo ich da gewesen bin. Aber unterwegs, da habe ich ausgeruht, und wie ich so ruhig und still da sitze, da kommt einer und nachher wieder einer und kurze Zeit darauf der dritte; sie alle greifen an den Baum, machen Zündholzfeuer, sehen was Weißes an, was sie wieder zurückstecken, und gehen nachher fort. Ich habe gewartet, bis keiner mehr gekommen ist, und nachher die Sache genau untersucht.“
    „Und was ist es denn gewesen?“
    „Es ist mir allweil niemals eingefallen, jemandem etwas davon zu verraten, aber du, du sollst es wissen. Grad' am Born hinauf muß man nach dem Wald gehen; da stehen erst Dornbeer' und Erlen; nachher gibt's lauter Tannen, bis drei Lärchen kommen, rechts vom Wasser, und die mittelste von ihnen, das ist die richtige. Sie hat zwei Ellen über der Erde eine kurzen, dünnen Aststumpf, der aber nicht natürlich, sondern nachgemacht ist. Man kann ihn herausdrehen, und dann ist das Papier im Loch zu finden.“
    „Warum wird es hineingesteckt?“
    „Weil der – der, na, der König, niemandem vorher wissen läßt, wo in der Nacht das Stelldichein ist; auf diese Weise kann es nicht verraten werden.

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