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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht mit denen der anderen in Berührung kommen lasse; er hielt sich selbst stets inkognito und hatte seine Maßregeln jedenfalls so getroffen, daß seine Untergebenen nicht nur sich untereinander so wenig wie möglich kennenlernten, sondern auch bei der Übernahme und Bezahlung der Konterbande nicht zugegen sein konnten. Und darauf stützte Wilhelm seinen Plan. Wäre er jetzt zurückgekehrt, um Anzeige zu machen, so war es fraglich, ob die Betreffenden auch anzutreffen seien; mit den zwei Revolvern fühlte er sich dem Pascherkönig gewachsen, und wenn dieser wirklich identisch mit dem Dukatengrafen war, so stellte sich das Bild Emmas schützend vor den Vater, welchen das Herz gern schonend behandelt hätte, obgleich das Gewissen ihn schonungslos verurteilen mußte. Er kehrte zu den Lärchen zurück und versteckte sich in der Nähe derselben so, daß er die Stelle vollständig zu übersehen vermochte. Je länger es dauerte, ehe er den ersten nahen hörte, desto sicherer wurde er, daß noch niemand das Papier gelesen habe. Endlich huschte jemand herbei; der Schein eines Zündholzes flackerte auf, und Wilhelm blickte in ein wohlbekanntes Gesicht. Es war ein Nachbar seines Vaters. In wenigen Augenblicken hatte er sich wieder entfernt, und zwar in der Richtung, welche auf dem falschen Zettel angegeben war. Die für den Lärchenbesuch bestimmte Zeit schien da zu sein, denn es kam jetzt einer nach dem anderen, und jeder beobachtete dasselbe Verfahren. Wilhelm kannte sie alle. Der heutige Transport mußte allerdings ein bedeutender sein, denn erst der sechzehnte Mann schien den Schluß zu bilden. Es waren lauter Bewohner der Umgegend, und der heimliche Beobachter mußte im stillen seinem Vater, welcher ihn vor der Feindschaft dieser Leute gewarnt hatte, recht geben.
    Als niemand mehr kommen wollte, erhob er sich und schlug die Richtung nach dem Mordloch ein. Es war kein weiter Weg, welchen er zurückzulegen hatte, aber das Fortkommen wurde durch den dichten Baumwuchs sehr erschwert, und es verging daher eine geraume Zeit, ehe er in die Nähe des Ziels gelangte. Indem er sich jetzt vorsichtigen Fußes zwischen den Stämmen weiterschlich, hörte er zur Seite ein Rascheln der Zweige. Er blieb stehen, ließ den Mann an sich vorüberschlüpfen und folgte ihm dann nach. Fast kam es ihm vor, als sei er derselbe, welcher am Zaun des Dukatenhofs gestanden hatte.
    Es konnte nur noch eine ganz geringe Strecke bis zum Stelldichein sein, als eigentümliche Laute ihn veranlaßten, den Schritt wieder zu hemmen. Ein Schrei erscholl, so heiser und kurz, als komme er aus einer fest zugeschnürten Kehle. Dann ließ sich eine hohnlachende, menschliche Stimme vernehmen.
    „Ja, schrei nur; es soll doch nichts helfen! Heute ist der Jahrestag, daß du den Leutnant erschossen hast, und ich bin dafür eingesteckt worden. Dann bin ich alle Jahre des Nachts zur selbigen Stunde hergekrochen und habe den Geist des Ermordeten gebeten, mir zu helfen in meiner Rache, und nun hat er dich hergebracht und in meine Hand gegeben grade an der Stelle, wo du mich hast zu Tode bringen wollen.“
    Ein tiefes, schweres, röchelndes Stöhnen unterbrach ihn.
    „Gib dir keine Mühe, loszukommen. Die Beine sind auf dem Dukatenhof, aber die Hände habe ich noch, und wen der Köpfle-Franz festnimmt, der wird alleweil nimmer frei. Deine Frau ist tot, und du mußt ihr nach, und wenn du zehnmal der Schmugglerkönig bist, du bist doch auch noch ein anderer, du bist der – der – na, du weißt schon, wen ich meine, der mir das Herz aus dem Leib gerissen hat und mir das Leben vergiftet bis auf den heutigen Tag. Paß auf, jetzt geht's mit dir zu Ende!“
    Er stand im Begriff, den unter ihm Liegenden mit einem letzten Druck zu erwürgen, aber es kam nicht dazu. Eine kräftige Faust packte ihn von hinten und riß ihn von seinem Opfer zurück, und zu gleicher Zeit flammte mit bleichem Lichte ein blanker Messerstrahl durch das Dunkel. Der Mann, welcher an Wilhelm vorbeipassiert, war seinem Hauptmann zu Hilfe geeilt, doch kam die gezückte Waffe nicht zum tödlichen Stoß, denn auch er wurde ergriffen und von seinem Opfer fortgeschleudert.
    „Weg mit dem Messer, sonst helf ich nach!“ rief Wilhelm, der die Situation sofort erfaßt hatte.
    Der Mann gehorchte nicht, warf sich im Gegenteil mit dem Messer auf ihn. Wilhelm trat rasch zur Seite; sein Schuß blitzte auf, und die Hand des anderen sank, die Waffe fallen lassend, zerschmettert nieder. Bei dem Pulverdampf waren die

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