73 - Der Dukatenhof
blanken Knöpfe seiner Uniform zu erkennen; der Mann stieß einen unterdrückten Schmerzensruf aus und eilte fliehend von dannen. Als Wilhelm sich umwandte, sah er nur noch den Köpfle-Franz.
„Wo ist der Pascherkönig, Pate?“ fragte er.
„Fort!“ lachte der Gefragte. „Das kannst du dir doch denken!“
„Ich muß ihm nach –“
„Halt, warte erst!“ riet Franz, ihn beim Arm haltend. „Sieh mal daher!“
Unter den Föhren, von wo aus einst der verhängnisvolle Schuß gefeuert wurde, lag eine ganze Reihe mächtiger wohlgeschnürter Pakete.
„Ich habe mir's gedacht“, sagte Wilhelm. „Aber wie kommst du hierher und in den Kampf mit dem Pascherkönig?“
„Heute bin ich wie alle Jahre hier, wenn's auch niemand zu wissen braucht. Da habe ich alles gesehen, und die Leute, welche die Bündel brachten und dann wieder gingen, den Mann, der das viele Geld bekam, und den – na, den Pascherkönig, der nachher auf mich gestoßen ist und hat mich umbringen wollen. Aber da ist er an den Unrechten gekommen, denn wenn der andere nicht gekommen wäre, so hätte es keine Minute länger mit ihm gedauert. Nun aber ist er ausgerissen. Er hat deine Montur gesehen, und gedacht, das ganze Militär ist da.“
„Warte, bei dem Gedanken wollen wir ihn gern lassen“, lachte Wilhelm und brannte in unregelmäßiger Pausenfolge noch einige Schüsse ab. Sodann lud er wieder und reichte einen der Revolver dem Paten.
„Hier, Franz, nimm, daß du dich wehren kannst, denn du mußt dableiben als Wache für die Packe! Ich aber muß wissen, wo der Pascherkönig ist; ich spring' ihm nach.“
„Dableiben, das will ich schon; aber sage mir nur, wie ich dies kleine Ding allweil anzupacken habe!“
Wilhelm erklärte ihm flüchtig die Konstruktion der Schießwaffe und entfernte sich dann. Er wußte, daß er dies wohl wagen dürfe, denn von den Schmugglern war keiner zu erwarten, und allen anderen Fährlichkeiten gegenüber hatte der furchtlose Franz nicht die mindeste Bangigkeit.
Wohin er seine Schritte zu lenken habe, das wußte Wilhelm ganz genau. Der Pascherkönig nahm jedenfalls an, daß er erkannt worden sei, und daß man sofort nach seiner Wohnung eilen werde, um dort auszusuchen und ihn nach Umständen festzunehmen, und deshalb war er ganz gewiß bestrebt, sie noch vor seinen Verfolgern zu erreichen. Darum durchschritt Wilhelm den Wald in gerader Richtung auf den Hof zu, ging, dort angekommen, nach der hinteren Seite des Gutes und nahm sich vor, den Bauer unter allen Umständen gleich als Schmugglerhauptmann anzureden; nach dem Verhalten desselben wollte er dann in Beziehung auf Emma auch das seinige einrichten.
Diese Voraussetzungen zeigten sich als ganz richtig. Durch den würgenden Druck von Franzens Händen fast zur Besinnungslosigkeit gebracht, hatte der Dukatengraf nicht diejenige Geistesgegenwart gehabt, welche notwendig war, die Lage der Sache sofort zu begreifen. Er hielt sich wirklich für von Militär und Grenzjägern überfallen und sah es als eine ganz besonders glückliche Fügung an, daß er ihnen entkommen war. Erst als er aus dem Wald in das freie Feld gelangte, gönnte er sich einen Augenblick Ruhe, um Atem zu schöpfen.
„Verloren, alles verloren“, murmelte er, ingrimmig die Fäuste ballend. „Das viele Geld ist hin, die köstlichen Pakete sind fort; ich bin zum Bettler geworden, grad wie der Grunert-Franz. Und wenn mir nun noch der Klotz über die Beine geht, so schnalle ich mich in den Rollkasten und fahre mit ihm im Land herum zum Köpflemalen. So weit hat's der Dukatenbauer gebracht, und es ist nur noch tausend Wunder, daß mich keiner von den vielen Schüssen, die sie mir nachgeschickt haben, getroffen hat. Und das habe ich alles dem Buben zu verdanken, dem Wilhelm, der mir vom Garten weg nachgeschlichen ist, um Rache an mir zu nehmen. Er hat den Handel belauscht und hernach die Buntröcke herbeigeholt. Ich habe ihn gleich an der Stimme erkannt, und er mag sich hüten, daß er mir nicht mal im Weg steht, sonst ist es aus mit ihm! – Auch der Franz, der Krüppel, der elende, hat sich vor lauter Rachsucht hinausgeschleppt. Hätte ich ihn nur gleich erschlagen!“
Er warf die Hände drohend nach rückwärts und schritt dann dem Dorf zu.
„Ich muß mich sputen, daß ich nach Hause komme, sonst sind sie eher da und nehmen mich vom Feld weg! Ich gehe zu Bett, und nachher kann mir niemand etwas anhaben. Aber durchs Dorf gehe ich nicht, damit ich nicht gesehen werde.“
Dieser Umweg war die
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