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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Augen waren gerötet, und an den Wimpern glänzte es feucht; sie hatte geweint.
    „Willkommen, Wilhelm! Du fragst, wie es geht? Hast du denn noch nichts davon gehört?“
    „Was ist's, von dem ich gehört haben soll? Ich glaube gar, du weinst! Ist bei euch wieder etwas Ungutes passiert?“
    „Es ist nichts neues, und du weißt es noch nicht, nur weil du so weit von hier gewesen bist. Der Dukatenhof ist weg!“
    „Das ist doch nimmer möglich! Hat dein Vater ihn verkauft?“
    „Nein, noch schlimmer! Das Gericht hat ihn genommen; übermorgen ist die Versteigerung.“
    „Schau, das ist bös! Was sagt dein Vater dazu?“
    „Der sagt nichts, gar nichts. Er sitzt von früh bis abends droben in seiner Stube, starrt vor sich hin und spricht kein Wort. Und wenn ich auf ihn rede, so antwortet er nicht, sondern nimmt mich nur immer bei der Hand und blickt mich an mit Augen, mit solchen Augen – ach, es ist zum Herzbrechen!“
    Sie legte ihren Kopf an seine Brust und schluchzte laut. Auch er war tief bewegt, und seine Stimme zitterte, als er nach einer stummen Pause fragte:
    „Kannst du dir denken, wer schuld ist an dem Unglück, Emma?“
    „Wer?“ fragte sie.
    „Ich!“
    „Du?“
    Sie blickte unter Tränen erstaunt zu ihm empor.
    „Ja, ich! Wenn ich den Pascherkönig nicht hätte fangen wollen, so wäre gar nichts von alledem passiert. Aber die Prämie hat mir in die Augen gestochen, und nachher – nachher habe ich sie doch nicht haben mögen.“
    „Das hat doch nichts mit dem Vater zu schaffen!“
    Er schwieg. Sie ahnte nichts von dem Sachverhalt und fuhr zögernd fort:
    „Und die Geschichte von dem Leutnant und dem Köpfle-Franz hast du wohl auch noch nicht gehört?“
    „Daß der ihn erschossen haben soll? Warum soll ich das noch nicht gehört haben? Das weiß doch jedes Kind!“
    „Nein, es ist anders gewesen! Jetzt ist der richtige heraus, der's getan hat.“
    „Ist's wahr?“ klang es überrascht und erfreut. „So ist der Pate endlich gerechtfertigt! Wer ist's gewesen?“
    „Ach, Wilhelm“, schluchzte sie mit erneuter Heftigkeit, „nein, das kann ich dir gar nicht sagen!“
    „Warum?“
    „Es ist so fürchterlich, und ich, ich konnte es gar nicht glauben. Ich habe geweint Tag und Nacht und mich vor den Leuten versteckt, als ob ich's selbst gewesen sei.“
    Er ließ erschrocken seinen Arm von ihr gleiten, denn ihm ahnte, was ihr das Sprechen so schwer machte.
    „Sag's nicht, Emma, sag's nicht; ich werd's auch so erfahren!“ rief er aus.
    „Siehst du“, jammerte sie, als sie sich von ihm losgelassen fühlte, „daß du nun gleich auch nichts mehr von mir wissen magst! Und ich kann doch nichts dafür.“
    Sie verbarg ihr Gesicht in die Schürze und wendete sich von ihm ab.
    „Emma, bleib da“, bat er. „So habe ich's nicht gemeint! Es ist ja nur der Schreck gewesen, nichts anderes. Komm her, und sei ruhig; du weißt doch, daß ich dich lieb habe und niemals von dir lassen werde!“
    Er nahm sie wieder an sich und zog ihr die Hände vom Gesicht. Erst jetzt bemerkte er, wie blaß und leidend dasselbe geworden war, und mit inniger Teilnahme küßte er ihr die Tränen aus den Augen.
    „Auch nicht wenn – wenn der Vater in – in das Zuchthaus muß?“ forschte sie stockend.
    „Auch dann nicht, das darfst du sicher glauben! Aber vielleicht kommt's nicht so weit. Wissen's denn die Leute und auch schon die auf dem Gericht?“
    „Ja, der Vater hat sich doch selbst angezeigt! Oh, Wilhelm, diese Zeit werde ich nimmer vergessen! Das kam alles Schlag auf Schlag: erst das Unglück mit dem Klotz, nachher die Anzeige wegen des Mordlochs; dann nahm uns der Agent die Ernte, und das Vieh mußte deshalb aus dem Stall; nun ist der ganze Hof verloren, und wer weiß, was alles noch weiter folgen kann!“
    „Daß es so schlimm steht, habe ich mir nicht gedacht! Ich bin damals gleich wieder fort, und von den Eltern habe ich keinen Brief erhalten. Aber sei doch ruhig; der liebe Gott wird schon helfen, daß es besser geht, als wir jetzt denken. Komm, nimm den Korb; wir wollen nach Hause gehen!“
    Er half ihr die Last aufnehmen, dann schritten sie langsam dem Dorf zu.
    „Ich bin später eingetroffen, als ich eigentlich wollte“, begann er, um ihren Gedanken eine andere Richtung zu geben; „aber ich war drüben im Bad, weil ich den König sehen wollte.“
    „Ist er da?“
    „Ja. Die Königin gebraucht die Kur; das hast du wohl auch schon gehört, und heute hat er sie besucht, um einige Tage bei ihr zu

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