74 - Mein Leben und Streben
ermächtigt worden.
Dresden, im Oktober 1907.
Unterzeichnet ist diese Erklärung von Frau Elisabeth verw. Fischer, durch Kaufmann Arthur Schubert, Buchdruckereibesitzer Otto Fischer, Buchbindereibesitzer Alfred Sperling, Rechtsanwalt Trummler, Rechtsanwalt Bernstein, Rechtsanwalt Dr. Elb. Leichtfertige Menschen haben behauptet, daß diese Erklärung nur von Kindern und unmündigen Personen abgegeben worden sei. Man sieht auch hieraus, mit welchen Waffen man gegen mich kämpft. Für mich aber ist die Abteilung Fischer meines Münchmeyerprozesses hiermit abgetan. Die Abteilung Pauline Münchmeyer aber besteht nach wie vor. Ihr habe ich mich in folgendem nun zuzuwenden.
Ich scheue mich nicht, dieser Abteilung das Programm, welches ich von Fischer erfuhr, voranzusetzen, nämlich:
May ist vorbestraft. Er hat das zu verheimlichen. Wir haben ihn in der Hand. Zwei Zeilen genügen, so ist er still. Wenn er uns verklagt, so machen wir ihn durch Veröffentlichung seiner Vorstrafen in allen Zeitungen durch ganz Deutschland kaputt. Was May mit Münchmeyer ausgemacht hat, ist gleichgültig. Hauptsache ist, wer den Eid bekommt. Und daß May ihn nicht bekommt, dafür wird man zu sorgen wissen.
Fischer hat dieses Programm nicht etwa nur privatim geäußert, sondern auch durch seine Aussage in den Akten festgelegt, und es ist im Verlauf des nun neunjährigen Rechtsstreites ununterbrochen bestätigt worden. Von dem, was Rechtsanwalt Dr. Gerlach im Namen seiner Klientin Pauline Münchmeyer alles unrichtigerweise behauptet oder abgeleugnet hat, will ich hier nicht sprechen. Mich aber hat er gleich von allem Anfang an als einen Menschen hingestellt, der in höchstem Grad eidesunwürdig ist. Es ist mir unmöglich, alle die beleidigenden Schimpfworte hier aufzuzählen, mit denen er mich nun schon seit neun Jahren überschüttet, ohne daß ich ihn dafür bestrafen lassen kann, weil er als Anwalt unter dem Schutz grad jenes Paragraphen steht, welcher mich zwingt, von ihm zu dulden, was sich kein anderer jemals erlaubt. Von den Richtern wiederholt zurechtgewiesen und von andern Anwälten zur Rede gestellt, bleibt er dieser seiner Spezialität doch treu. Zur Ausführung des Münchmeyerschen Programms war es zunächst nötig, zu meiner Strafliste zu gelangen. Zu diesem Zweck wurde eine Beleidigungsklage fingiert, die man sofort zurücknahm, als der Zweck erreicht war. Von da an tauchten in den Zeitungen mehr oder weniger verblümte Notizen über meine Vergangenheit auf. „Ich weiß noch mehr!“ schrieb der eine; „Sie wissen wohl, was ich meine, Herr May?“ fragte der andere. Das ‚Kaputtmachen‘ begann. Aber der Spiritus rector, der eigentliche Täter, blieb stets schlau hinter dem Busch; er zeigte sich nie; er wirkte stets durch andere. Sein Arbeitsfeld ist weit über seine Berufspflichten hinaus ausgedehnt, sein Briefwechsel ein sehr umfangreicher, fast nur Karl May betreffend. Er steht mit allen meinen literarischen Gegnern in inniger Beziehung, und wo in einem Blatt von mir die Rede ist, da pflegt ein Brief von ihm oder von einem seiner Vertrauten sich einzustellen. Und man glaubt ihm fast überall. Man glaubt ihm, wie Cardauns seinerzeit dem Lügner glaubte, der ihm weismachte, daß ich die Münchmeyerromane genauso geschrieben habe, wie sie im Druck erschienen sind.
Dieser Herr Dr. Herrmann Cardauns ist von dem sehr dunklen und sehr häßlichen Punkt, den man in der zeitgenössischen Literaturgeschichte als Karl-May-Hetze bezeichnet, unzertrennlich. Er hat es nicht anders gewollt. Er steht da eng vereint mit Leuten, zu denen er eigentlich nicht gehört. Er hat auch das gewollt. Sein niederschmetternder Stil, seine infallible Ausdrucksweise, seine ‚abgrundtiefen‘ oder ‚evidenten‘ Verdoppelungsworte haben Schule gemacht, besonders bei denen, welche mir Stricke drehen, um mich ‚aus der deutschen Kunst hinauszupeitschen‘. Aber alles, was er in Vorträgen und Zeitungen gegen mich zusammengesprochen und zusammengeschrieben hat, bildet nicht etwa eine feste Säule, an der niemand zu rütteln vermag, sondern einen aus lauter vagen Indizien zusammengeleimten Papierdrachen, dessen Schnur niemand mehr halten will, es sei denn Herr Cardauns selbst. Es ist gewiß sehr viel blinder Glaube dazu nötig, gleich ihm zu denken, daß meine ‚Unsittlichkeiten‘ auch noch in anderer Weise bewiesen werden können, als nur durch Vorlegung meiner Originalmanuskripte. Der Wortschwall tut es nicht; auch Behauptungen bleiben ohne Erfolg,
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