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74 - Mein Leben und Streben

74 - Mein Leben und Streben

Titel: 74 - Mein Leben und Streben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Für meine heutigen Zwecke aber genügt das, was ich bis hierher sagte. Ich habe mir die Unwahrheiten, welche Lebius über mich verbreitete, notiert, nicht alle, sondern nur die augenfälligsten. Es sind jetzt über fünfhundert, die ich ihm gerichtlich beweisen kann. Er hat mir allein in den letzten drei Wochen vier Beleidigungsklagen zugeschickt, obgleich ich an diesen Beleidigungen ganz unbeteiligt bin. Das nennt man Hinrichtung! Und dabei legt er, wie bereits erwähnt, den größten Nachdruck immer darauf, daß ich ihn verfolge, nicht aber er mich. Auf seine vielen und fürchterlichen Artikel in den Jahren 1904 und 1905 habe ich nur einmal bei der Staatsanwaltschaft und zweimal beim Gericht Hilfe gesucht. Ich habe dann zu allen seinen ferneren Angriffen geschwiegen, bis er mich durch die angebliche Kahl-Broschüre zwang, mich zu verteidigen, weil ich ‚vor den Richtern kaputtgemacht‘ werden sollte. Und selbst da habe ich ihm verziehen, habe mich mit ihm verglichen, habe gegen sein Versprechen, mich fortan in Ruhe zu lassen, meinen Strafantrag zurückgezogen, obgleich der betreffende Richter sagte, daß Lebius eine schwere Strafe erleiden werde, falls es zur Verhandlung komme. Siehe Gerichtsakten 20B. 25408/34, gezeichnet Schenk, Nauwerk. Ich habe es ertragen, daß Lebius trotz seines gerichtlichen Versprechens, mich künftig in Ruhe zu lassen, meine geschiedene Frau gegen mich verführte, ausbeutete, ihres Einkommens und ihrer Schmucksachen beraubte und sie fast an den Bettelstab brachte. Sie wurde von ihm zu gerichtlichen Schritten gegen mich verleitet, die man fast wahnsinnig nennen muß. Und dabei hatte er den Mut, in der ersten Instanz des vorliegenden Beleidigungsprozesses zu behaupten,
    ‚daß er ihre Interessen vertreten habe und also den Schutz des
§ 193 beanspruchen dürfe‘.
    Niemals ist eine größere Unwahrheit ausgesprochen worden als diese! Lebius hat durch die Verführung der Frau Pollmer nur seine eigenen Privat- und Prozeßinteressen verfolgt, die Interessen dieser armen Frau aber geradezu mit Füßen getreten. Es ist unerhört, daß er dafür auch noch den Schutz des § 193 verlangt!
    Es ist wiederholt von ihm in den Zeitungen behauptet worden, daß er ein Mensch sei, ‚der über Leichen geht‘. Meine geschiedene Frau hat anstatt ‚Mensch‘ sogar ein anderes, äußerst schlimmes Wort gebraucht, ohne daß er es gewagt hat, sie darüber gerichtlich zu belangen. Ob dieser Vorwurf wahr ist oder ob er zu viel sagt, das könnte ich mit vielen Beispielen belegen; ich will aber nur das eine bringen: Nach der in den Blätterberichten völlig korrumpierten Charlottenburger Verhandlung vom 12. April dieses Jahres brachte der ‚Boston American‘ in Boston, Massachusetts, folgende ihm aus Berlin zugegangene Depeschennotiz:
    „Autor frommer Bücher, ein Bandit. Berlin – Herr Charles May, der Millionär, Philanthrop, Autor frommer Bücher und eine hervorragende Persönlichkeit Deutschlands, wurde heute von einer Jury als der Verüber vieler, schwerer Verbrechen in der Gebirgsgegend des südlichen Sachsens, wo er vor 40 Jahren eine Räuberbande anführte, gebrandmarkt. May brach zusammen und wurde unter den Schutz seiner Freunde gestellt, um zu verhindern, daß er Selbstmord begehe usw.“ Sich solche monströse Unwahrheiten aussinnen, um mich ‚kaputtzumachen‘, das ist doch wohl über Leichen gegangen. Oder nicht? Doch hiermit genug über diesen Herrn Lebius. Alles andere gehört vor das Gericht, nicht aber hierher. Um meine Leser klarsehen zu lassen, ist nur noch zu konstatieren, daß der Münchmeyersche Rechtsanwalt Dr. Gerlach auch sein Rechtsanwalt ist und daß beide einander gegenseitig die weitgehendste Hilfe und Unterstützung leisten. Ich habe noch zwei äußerst interessante Münchmeyersche Champions zu erwähnen, die in Beziehung auf geistige Bedeutung zwar weder an Gerlach noch an Lebius kommen, aber als fromme, katholische Klosterbrüder mitten unter protestantischen oder gar aus der Kirche ausgetretenen Kolportageinteressenten doch einen frappierenden Eindruck machen.
    Der eine von ihnen ist der Benediktinerpater Ansgar Pöllmann in Beuron. Ich habe schon einmal einem Benediktinerpater vor Gericht gegenübergestanden. Der hieß Willibrord Beßler und bezeichnete sich als Professor. Er veröffentlichte eine schwere Beleidigung im ‚Stern der Jugend‘ gegen mich. Ich machte die Benediktinerabtei Seckau in Steiermark als seinen Wohnsitz ausfindig, reiste hin und ließ ihn vor das

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