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77 Tage

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Titel: 77 Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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vergleichbar. Trotzdem liegt dieser Wert in Bochum regelmäßig um etwa zwanzig Prozent höher …«
    Immer schön drum herum marschieren, um den heißen Brei.
    »Welcher Wert?«, beharrte Danner auf einer Antwort.
    »Wie? Ach so, ja natürlich. Es ist – ähm …« Sie senkte die Stimme, als hätte sie Angst, dass ein Fassadenkletterer vor unserem Fenster unterwegs war und zufällig mithörte.
    »Es ist die Anzahl der Todesfälle«, flüsterte sie.
    Ich hob den Kopf.
    Einen Augenblick lang hallte der Satz wie ein Echo durch unser Wohnzimmer.
    Danner verzog keine Miene, doch sein Schweigen verriet, dass auch er diese Antwort überdenken musste.
    »Sie meinen, in einem Ihrer Pflegebezirke sterben mehr Patienten als in den anderen?«, vergewisserte ich mich.
    »Ziemlich genau zwanzig Prozent mehr«, informierte die Geschäftsführerin, jetzt wieder mit der gewohnten Präzision.
    Wow!
    »Das kann natürlich alle möglichen Gründe haben!«, fügte sie rasch hinzu.
    Klar, es konnte am Trinkwasser, am AKW Hamm-Uentrop, an kosmischer Strahlung oder dem unerträglichen Fernsehprogramm liegen, dass die alten Leute sich reihenweise aus dem Diesseits verabschiedeten.
    Doch die Bilder, die die Pflegedienstchefin vermeiden wollte, drängten sich mit Macht in meinen Kopf. Zeitungsartikel über Pfleger oder Ärzte, die aus vermeintlichem Mitleid schwerstkranke Patienten töteten. Immer wieder hörte man davon. Der Super-GAU für jede medizinische Einrichtung. Kein Wunder, dass unsere Geschäftsführerin ins Stottern geriet und die Ermittlungen um jeden Preis ›top secret‹ halten wollte.
    »Womöglich gibt es eine ganz banale Erklärung«, hoffte Elsbeth van Pels. Doch die Sorgenfalten auf ihrer Stirn verrieten, dass der weiß bekittelte Todesengel längst auch durch ihre Gedanken spukte. Vermutlich schon seit ein paar Jahren. Und mit ihm die Schlagzeilen, in die ihr Unternehmen unweigerlich geraten würde, wenn an dieser Vermutung etwas dran war.
    »Aber allein die Aufregung, die gerade in unserem Dienstleistungsbereich möglicherweise durch so eine Geschichte entsteht, kann den Ruin für unser gesamtes Unternehmen bedeuten.«
    Genau.
    »Zuletzt ist diese Dame hier verstorben.« Die Pflegedienstleiterin schob ein Foto über den Tisch. Es zeigte eine grauhaarige Oma in einer zur Haarfarbe passenden Strickjacke, die mit ausdrucksloser Miene in die Kamera blickte. »Unsere Klientin Frau Brandstetter, sechsundneunzig Jahre alt. Verstarb nach einem unglücklichen Sturz auf die Kante eines Glastisches. Eine Mitarbeiterin fand sie am nächsten Morgen in ihrer Wohnung.«
    »Oje«, machte ich automatisch.
    »Das kommt schon mal vor, Frau Ziegler«, belehrte mich Elsbeth van Pels verständnislos. Anscheinend hatte ich erkennen lassen, dass ich mich in meiner sorglosen Jugend noch nicht damit hatte beschäftigen müssen, dass alte Menschen letztendlich irgendwann zu Tode kommen.
    Kam so etwas oft vor?, überlegte ich. Lagen womöglich noch mehr einsame, alte Menschen tot in den Wohnungen der Bochumer Innenstadt? Womöglich nur wenige Meter von uns entfernt, ohne bemerkt zu werden?
    Elsbeth van Pels tat jedenfalls, als wäre der Tod ihr Tagesgeschäft. Trotzdem war sie aber genau deswegen hier.
    »Weil dieser Fall mit sehr viel Blut verbunden war, hat sich die Polizei die Sache angesehen«, fuhr Elsbeth van Pels fort. »Der Arzt wollte eine Fremdeinwirkung nicht mit letzter Sicherheit ausschließen. Aber die Ermittlungen wurden eingestellt. Ein Sturz ist in dem Alter nicht ungewöhnlich.« Sie zögerte, bevor sie weitersprach. »Ungewöhnlich ist allerdings, dass Frau Brandstetter bereits der vierte Todesfall im Bezirk Bochum in diesem Jahr ist. Und wir haben erst März. Ich möchte, dass Sie die Ursache der vermehrten Todesfälle ermitteln. Ob dieser Umstand mit unserem Unternehmen zusammenhängt – oder besser, dass nicht. Wie sind Ihre Konditionen?«
    »Fünfhundert Euro am Tag plus Spesen«, erklärte Danner schnell.
    Ich verzog keine Miene, obwohl mir die spontane Erhöhung unseres Tagessatzes keineswegs entgangen war. Die Frage war, ob Danner bei dem zahlungskräftigen Unternehmen einfach ein Taschengeld rausschlagen wollte. Oder wollte er die Frau abschrecken, weil er noch immer keine Lust auf diesen Job hatte?
    Doch wie gesagt, Elsbeth van Pels ließ sich schlecht erschrecken: »In Ordnung.«
    »Und eine Anzahlung von zweitausend«, ergänzte Danner rasch. »Vorausgesetzt, wir übernehmen Ihren Auftrag.«
    Die

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