8 Science Fiction Stories, Eine Anthologie der Berühmten, 3te Folge
und Fragen eines ganzen Zeitalters zu enthalten, Tage, in denen fünf Sekunden genügten, um ihn zweimal in der Zelle auf und ab wandern zu lassen. Und obwohl die Tage wie Sekunden oder Monate vergingen, kam es ihm plötzlich wie durch einen Peitschenhieb zu Bewußtsein, daß zwei Wochen seiner Frist verstrichen waren, unwiderruflich verstrichen. Er konnte es nicht glauben. Sie verkürzten sich in seinem Gedächtnis zu dem Bruchteil einer Sekunde.
Schon hatte er das Stadium erreicht, in dem das Anpassen an das Unvermeidliche bei weitem leichter schien als jeder Versuch einer logischen Erklärung – als man Troy Christian in seine Zelle brachte.
Der Wärter schloß die Tür auf, ließ sie eintreten, drehte den Schlüssel wieder herum und ging schweigend den Korridor entlang. Sie stand bewegungslos und ohne ein Wort zu sagen, in der Zelle und sah Delman mit mitleidigem Gesicht an.
Er zog sich bis zur entferntesten Wand seiner Zelle zurück. Während der Verhandlung hatte er sie nie wirklich vor sich gesehen. Ein Name, eine undeutliche Fotografie, die verallgemeinernden Pinselstriche in der Illustrierten. So wirklich sie dem Richter und der Jury vorkam, er hatte sie nie als leibhaftigen Menschen gesehen. Auch nicht, als ein Grabstein ihre Ruhestätte markierte und auch nicht, als er die Wunde an seinem Hals sah.
Und jetzt begann er zu zittern. Vollständige Verwirrung drohte ihn zu befallen. Denn es gab nur eine mögliche Antwort – egal, ob er jene Macht der Wirklichkeitsveränderung in den Händen gehalten hatte oder nicht, Troy Christian besaß sie auf alle Fälle.
Schnell durchquerte sie die Zelle und nahm seinen Kopf in ihre Arme.
»Fred«, schluchzte sie neben seinem Ohr, »ach, Liebling, es tut mir so leid. Das habe ich nicht gewollt.«
Er versuchte nicht zu verstehen. Er hielt sie nur eng an sich gepreßt, und ein Teil seines Gehirns registrierte, daß ihre warme Haut ihm vertraut war, daß sein Gesicht schon früher die Berührung ihres Haars gefühlt hatte, daß er sich an ihre Stimme gut erinnerte – daß nichts an der Frau ihm fremd war.
Und obgleich er nicht verstand, was um ihn geschah, so war ihm doch, als habe er in das Dunkel und die Verwirrung getastet und nun Schutz gefunden.
Er saß wie betäubt auf seiner Koje, spürte, wie sie sich eng an ihn preßte und seine Hand festhielt, und hörte ihr zu.
Ihre Augen waren noch immer voller Tränen, und sie sprach mit warmer, voller, aber drängender Stimme.
»Fred, wir haben jetzt keine Zeit für Erklärungen. Da so viele Leute davon überzeugt sind, daß du ein Mörder bist, könnten wir jeden Augenblick blockiert werden. Wir haben später noch genug Gelegenheit zum Sprechen.«
»Ich verstehe dich nicht«, meinte er verwirrt. Er konnte die Anspannung seiner Muskeln fühlen, als sein Gehirn nach einem logischen Gedankengang suchte und ihn nicht fand.
Ihre Hand legte sich mit noch festerem Druck auf die seine. »Versuch es nicht, Fred, bitte. Du kommst nicht von selbst auf die Erklärung. Nur so viel: Ich kann dich von hier herausholen. Die ganze Lage wird sich klären, aber du mußt mir dabei helfen. Vertrau mir bis dahin. Wenn du am Leben bleiben willst, wenn all die Dinge, die von den Ereignissen blockiert wurden, wieder normal werden sollen, dann mußt du mir eine Zeitlang vertrauen.«
Er schüttelte den Kopf wie ein gefangenes Tier, das nicht versteht, weshalb es jetzt von Gittern umgeben ist.
»Ich weiß nicht«, sagte er. Seine Worte waren eher ein Ausdruck der völligen Hilflosigkeit als des Widerspruchs.
»Ja, Fred«, flüsterte sie. »Ich weiß, daß ich viel verlange. Aber das kann ich dir jetzt nicht erklären.« Ihre Stimme wurde von Sekunde zu Sekunde drängender. »Der Unfall – du hast dein Gedächtnis beinahe völlig verloren. Das weißt du doch, oder?«
»Ich –«, begann er, doch dann rieb er sich mit der Hand über die Stirn. Sein Kopf dröhnte. »Ich weiß nicht einmal mehr, was ich weiß.«
Jäh traten ihr wieder Tränen in die Augen. Sie wischte sie mit einer ungeduldigen Handbewegung ab. »Es ist meine Schuld, Fred. Du wirst es sehen.« Einen Moment lang zitterten ihre Mundwinkel. »Aber daran darfst du jetzt nicht denken. Vergiß den Unfall, die Verhandlung. Vergiß alles. Du sollst nur an das eine glauben: Du mußt aus dieser Zelle fort, und du kannst es.«
»Wie?« fragte er.
»Sieh mich an, Fred.« Sie griff nach seinen Schultern und hielt sie fest. »Du bist kein gewöhnlicher Mensch. Stell es nicht in
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