8 Science Fiction Stories, Eine Anthologie der Berühmten, 3te Folge
beim Erwachen durchzuckte, und vielleicht rettete ihm das das Leben. Er blieb liegen wie er war, angeschnallt und gegen die Polsterung seines Sitzes gepreßt. Er horchte auf das gleichmäßige Summen der Triebwerke. Aber das konnte doch nicht stimmen. Normalerweise hätte er den Overdrive nicht hören dürfen.
Hat es schon begonnen? fragte er sich. Sonst schien alles normal. Die DFC-3 war in interstellare Geschwindigkeit übergegangen., und er lebte immer noch. Auch das Schiff arbeitete noch. Es mußte in diesem Augenblick mit 22,4facher Lichtgeschwindigkeit dahinrasen – das waren gute 4 157 000 Meilen pro Sekunde.
Irgendwie kam es Garrard nicht in den Sinn, das zu bezweifeln. Bei den beiden früheren Versuchen waren die Schiffe genau in dem Augenblick, in dem der Overdrive einsetzen sollte, in Richtung des Alpha Centauri-Systems losgeschossen. Und das nach ihrem Verschwinden um Bruchteile einer Sekunde verzögerte Bild zeigte eine spektroskopische Veränderung gemäß des Doppler-Effekts, die mit der von Haertel getroffenen Voraussage über das Verhalten bei der Beschleunigung genau übereinstimmte.
Gestartet waren Brown und Cellini völlig so, wie es den Erwartungen entsprach. Das Seltsame war nur, daß man nie wieder von ihnen gehört hatte.
Ganz langsam öffnete er die Augen.
Seine Augenlider fühlten sich entsetzlich bleiern an. Soweit er erkennen konnte, herrschte normale Schwerkraft. Dennoch schien es ihm fast unmöglich, die Lider zu heben.
Nach langen, angestrengten Versuchen hatte er es endlich geschafft. Die Instrumententafeln befanden sich direkt vor ihm. Ohne sich zu bewegen – nur den Blick wandte er ganz langsam in eine bestimmte Richtung –, las er die Meßuhren ab. Geschwindigkeit: 22,4°C. Betriebstemperatur: Normal. Schiffstemperatur: 37°Celsius. Luftdruck: 778 mm. Treibstoff: Tank Nr. 1 voll, Nummer 2 voll, Nummer 3 voll, Nummer 4 neun Zehntel voll. Schwerkraft: 1 g. Zeitmessung: Unterbrochen.
Er sah den Zeitmesser genau an, obwohl sich seine Augen nur mühsam auf einen bestimmten Punkt konzentrierten. Zeitmesser – das hieß eine Allzweckuhr, die ihm jede Sekunde, jeden Tag und jeden Monat seiner Reise zu dem Zwillingsgestirn anzeigen sollte. Aber im Augenblick gab es keinen Zweifel: der Sekundenzeiger rührte sich nicht.
Das war die zweite Abweichung vom Normalen. Garrard fühlte den Drang, aufzustehen und zu versuchen, den Zeitmesser zu reparieren. Vielleicht war der Schaden leicht zu beheben. Doch sofort kam wieder die Warnung aus seinem Inneren, die er sich selbst schon Monate vor dem Abflug eingehämmert hatte:
Nicht bewegen!
Nicht bewegen, solange du nicht die Lage so gut wie möglich durchschaut hast. Das, was Brown und Cellini unwiederbringlich aus dem menschlichen Gesichtskreis verstoßen hatte, war mächtig und jenseits von jeder Vorherberechnung. Sie waren beide ausgezeichnete Leute gewesen, intelligent, kraftvoll – die besten Männer des ganzen Projekts. Man hatte Vorsorge zur Beseitigung jeder Art von vorhersehbarer Störung getroffen, in ihren Schiffen wie in der DFC-3. Wenn also trotzdem noch ein Fehler auftrat, so würde er an irgendeiner völlig harmlosen, nie verdächtigen Stelle auftauchen.
Er horchte auf das Summen der Triebwerke. Es war ein gleichmäßiges, friedliches Geräusch, nicht zu laut, aber dennoch beunruhigte es ihn. Der Overdrive sollte geräuschlos arbeiten, und die Bänder der ersten unbemannten Schiffe hatten dieses Summen auch nicht aufgezeichnet. Doch schien das Geräusch das Arbeiten des Overdrives nicht zu behindern. Es deutete auch nicht auf irgendein Versagen hin. Eigentlich war es nur eine Belanglosigkeit, doch in Garrards Lage mußte man auch für Belanglosigkeiten stichhaltige Begründungen finden.
Die Begründung existierte, und doch konnte Garrard sie nicht finden. Er würde keinen weiteren Atemzug mehr machen, bis er sie entdeckt hatte.
Zu seinem Staunen merkte er jetzt erst, daß er seit seinem Aufwachen in der Tat noch kein einziges Mal geatmet hatte. Obwohl er nicht das geringste Unwohlsein verspürte, entsetzte ihn die Entdeckung doch so, daß er sich beinahe kerzengerade aufgesetzt hätte. Glücklicherweise – so schien es wenigstens, nachdem die Panik abgeklungen war – hüllte die Lethargie, die seine Augenlider umfangen hielt, auch seinen ganzen Körper ein. Denn der Impuls, sich aufzusetzen, war verschwunden, bevor seine Muskeln den Befehl aufgenommen hatten. Und die Panik, so durchdringend sie einen Augenblick gewesen
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