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8 Tage im Juni

8 Tage im Juni

Titel: 8 Tage im Juni Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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davon, sondern zuckte nur mit den Schultern. Die Zwergin seufzte und deutete auf die Fotos an der Wand.
    Â»Wen kennst du davon?«, fragte sie.
    Lovis zeigte nacheinander mit dem Finger drauf.
    Â»Irgendeine Ahnung, warum die da hängen?«
    Lovis zuckte wieder mit den Schultern.
    Â»Alles Stotterer! Und keiner von denen ist stumm durchs Leben gerannt.«
    Doch, wollte Lovis widersprechen. »Mr Bean« redet nicht in seinen Filmen, der macht Slapstick. Und Hamit Altintop spielt Fußball, dabei muss er auch nicht reden. Zumindest nicht viel.
    Â»Magst du die Musik von ›Unheilig‹?«
    Mensch, Lovis, mach endlich den Mund auf!, flüsterte ihm sein vernünftiges Ich ein. Nur deshalb bist du doch hier. Sag ihr, dass die Musik von »Unheilig« nicht dein Ding ist. Frag sie, was du machen musst, damit das Stottern wieder weggeht.
    Aber er brachte keinen Ton heraus. Sein Mund blieb versperrt. Da konnte die Zwergin noch so aufmunternd draufstarren, seine kaputten Buchstaben wollten sich ihr nicht zeigen. Und er konnte sie nicht zwingen.
    Das Schweigen breitete sich wie eine Seuche in dem großen Raum aus. Es drückte Lovis schwer auf die Brust, machte sein Atmen mühsam. Die Zwergin schien es nicht zu stören. Sie blickte ihn weiterhin freundlich an und wartete geduldig. Merkte sie denn gar nicht, wie vergiftet die Luft war? Er würde ersticken, wenn er noch länger hier bliebe, würde jämmerlich krepieren. Er musste raus hier, und zwar sofort. Lovis sprang auf, suchte mit den Augen verwirrt die Tür zum Ausgang. Die Zwergin wies ihm mit dem Arm den Weg.
    Â»Komm wieder, wenn du so weit bist«, rief sie ihm mit dieser rauchigen Stimme hinterher. »Aber warte nicht zu lang. Sonst wird alles noch schwerer.«
    Er stolperte die Treppen hinunter und wunderte sich, als er sich plötzlich am Rhein wiederfand. Die Luft roch nach Regen, und ein kräftiger Wind jagte ein paar graue Wolken über dem Fluss. Über die Hohenzollernbrücke rumpelte ein Güterzug. Lovis sog die frische Luft in die Lungen und sah sich um. Er konnte partout nicht sagen, wie er hierhergekommen war.
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    Frauke rief an, als Jenny mit Rintintin draußen war.
    Â»Wollte nur hören, ob du den Termin für heute Nachmittag noch auf dem Schirm hast«, sagte sie. »Mädchen-WG Kunibertviertel. Nimm am Hauptbahnhof den hinteren Ausgang, Breslauer Platz. Dort warte ich auf dich. In einer halben Stunde. Schaffst du das?«
    Â»Ja«, stammelte Jenny überrumpelt.
    Die Mädchen-WG hatte sie erfolgreich verdrängt. Da war so viel anderes gewesen und keine Zeit zum Nachdenken. Aber vielleicht war die Mädchen-WG die Lösung für all ihre Probleme! Weg von der Roten Burg, weg von Toni und den Schlägern. Weg von dem Jungen, der ein Lied für sie gesungen und sie zu Tränen gerührt hatte. Den sie auf keinen Fall wiedersehen durfte. Das war viel zu gefährlich, viel zu kompliziert. Durcheinander hatte sie in ihrem Leben schon genug.
    Sie tastete ihre hinteren Hosentaschen ab. Perfekt! Schülerausweis, KVB-Karte, Haustürschlüssel, alles da. Sie musste nicht noch mal zurück nach Hause, konnte nicht noch mal ins Zweifeln kommen durch Jasmins Panikblick oder Joe-Joes Lachen. Sofort losgehen. Rintintin nahm sie mit. Den mussten die anderen Mädchen direkt kennenlernen. Schließlich sollte Rintintin mit ihr umziehen. Ohne Rintintin würde sie die Rote Burg niemals verlassen.
    Â»Komm, wir fahren in die Stadt!«
    Sie warf einen letzten Stock in die Luft und sah zu, wie der Hund ihm auf dem weiten Platz vor der Roten Burg hinterherjagte. Er brachte ihn wie immer brav zurück, sie lobte ihn hastig, nachlässiger als sonst. Dann marschierte sie im Eilschritt zum Wiener Platz und war froh, dass sofort eine Bahn einfuhr und keiner mit ihr einstieg, den sie kannte. Ein bisschen kam sie sich wie auf der Flucht vor.
    Mit einer Tüte Pommes in der Hand wartete Frauke in ihrem langen schwarzen Mantel wie versprochen am hinteren Ausgang des Bahnhofes. Sie begrüßte Jenny, streichelte Rintintin und bot Jenny eine Fritte an. Die lehnte ab. Essen konnte sie auf gar keinen Fall, dazu war sie viel zu nervös.
    Â»Jelena, Jülide und Jule heißen deine Mitbewohnerinnen«, zählte Frauke auf, nachdem sie sich die letzte Fritte in den Mund gesteckt hatte. »Lauter J-Namen, genau wie Jenny. Wenn das kein gutes Zeichen ist! Jelena ist mit

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