Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
8 Tage im Juni

8 Tage im Juni

Titel: 8 Tage im Juni Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
Vom Netzwerk:
sofort Hunger!«
    Sie lachten beide. Ach, tat es gut, über so was Belangloses, Alltägliches zu reden! All das Schwierige, das Komplizierte zur Seite zu schieben! Komm, Jenny! Wenigstes heute. Tu so, als ob dich das Ganze nicht juckt. Ein Tag am Wasser mit Lovis! Schwimmen, untertauchen, sich festhalten, Küsse tauschen, im Schlauchboot übers Wasser rutschen.
    Â»Es macht Spaß, in der Sieg zu schwimmen«, plauderte sie weiter. »Weil man sich mit der Strömung treiben lassen kann. Es gibt Schlingpflanzen, Frösche und Fische im Wasser. Und so matschige Stellen, an denen man sich mit den Zehen ganz tief eingraben kann.«
    Â»Soll i-ich dir was gestehen?«, fragte Lovis.
    Blinkende Alarmleuchten: Aufpassen, ab hier wird es gefährlich! Was wollte er gestehen? Dass er sie liebte? Dass es besser war, sich nicht wiederzusehen? Dass er wusste, dass sie Toni kannte?
    Â»I-i-ich bin noch nie hier gewesen! Kenne die Sieg ü-ü-überhaupt nicht«, fuhr Lovis fort.
    Jenny registrierte erleichtert, dass sie sich umsonst aufgeregt hatte, weil Lovis’ Frage nur rhetorisch gemeint war.
    Â»I-i-ist eigentlich richtig nett hier.«
    Â»Warum in die Ferne schweifen, wo das Gute liegt so nah«, zitierte Jenny einen Lieblingsspruch ihrer Oma. »Kann man sich schlecht vorstellen, dass es direkt vor den Toren von Köln so was wie richtiges Landleben gibt.«
    Â»Du bist o-o-oft hier, o-o-oder?«
    Â»Früher. Als Kind. Meistens die ganzen Sommerferien lang. Sechs Wochen im Badeanzug. Jeden Tag an der frischen Luft, immer im Wasser. Sogar mir mit meiner hellen Haut sah man nach der Zeit an, dass ich die ganze Zeit in der Sonne gewesen bin. Und das Tolle ist, auf dem Campingplatz bist du nie allein, da sind immer andere Kinder.«
    Â»Wir waren nie campen.«
    Jenny hörte das Bedauern in seiner Stimme.
    Â»Aber wieso?«, fragte sie erstaunt zurück. »Ist doch die billigste Art, Ferien zu machen. Es gibt doch nichts Schöneres, als in einer Sommernacht im Zelt zu schlafen.«
    Â»Na, ja. Mein Vater will i-i-in den Ferien rundum verwöhnt werden. Nicht noch selbst kochen, ei-ei ein Zelt aufbauen müssen o-o-oder so. Der bucht lieber i-i-irgendwo auf der Welt a-a-all-i-i-inclusive. Mit Kinderbelustigung, Sport, Wellness, Buffets von morgens bis nachts und dem ganzen Tralala.«
    Â»Wenn man es sich leisten kann«, rutschte Jenny heraus.
    Sie sah wieder aus dem Fenster. Die Bahn hielt in Schladern. Wanderer stiegen aus, weitere Fahrräder wurden hereingeschoben. Jenny beobachtete angestrengt, wie die Plätze im Abteil neu besetzt, Rucksäcke und Kühltaschen verstaut wurden. War es wirklich nötig gewesen, Lovis den teuren Urlaub um die Nase zu schmieren?
    Â»I-i-ich stell mir Camping schöner vor.«
    Lovis lächelte sie an.
    Â»Ja«, stimmte sie zu, »und das Beste habe ich dir noch gar nicht erzählt. Die ganzen Abenteuer, die du da erlebst! Wie meine Freundin Olga aus Kerpen und ich nachts mal aus dem Zelt geschlichen sind, weil uns Kevin aus Dortmund verkündet hat, dass er bei Vollmond wie ein Werwolf heult. Wie wir dabei über den Fischfuttereimer des alten Hermann aus Castrop Rauxel gestolpert sind und inmitten von Würmen lagen. Im Dunkeln, dieses glitschige Gewusel. Kannst du dir vorstellen, wie ekelig das ist? Den ganzen Campingplatz haben wir mit unserem Geschrei aufgeweckt. Dagegen hat Kevin aus Dortmund als Werwolf keine Chance gehabt.«
    Â»Werwölfe au-au-auf dem Campingplatz!« Mit gespieltem Entsetzen schüttelte Lovis den Kopf. »Genau deshalb stelle i-i-ich mir Campen so toll vor.«
    Wieder lachten sie beide. Jenny fielen plötzlich noch viele andere Geschichten ein. Wie Joe-Joe in ein Schlammloch nah der Sieg eingesackt war und sie ihn zu dritt wieder herausziehen mussten. Wie Joe-Joe und sie bei Bauer Meierfeld die Lämmlein streichelten, wie sie sich Mimusch aus einem Katzenwurf aussuchen durften. Wie Jasmin ihnen am Lagerfeuer Gespenstergeschichten erzählte. Wie Oma Hilde beim Milchreiskochen Zucker und Salz verwechselt hatte. Das waren tatsächlich richtig gute Zeiten gewesen. Sorgenfrei und lustig. Was wäre es schön, wenn das Leben mal wieder so sein könnte!
    Die Bahn hielt erneut an. Dattenfeld.
    Â»Hier müssen wir raus«, sagte Jenny, erhob sich und setzte wieder den Rucksack auf.
    Auch Lovis stand auf, schnürte sich die Gitarre auf den Rücken, rüttelte die

Weitere Kostenlose Bücher