80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition)
liebsten aufgesprungen wäre und ihm ins Gesicht geschlagen hätte.
»Ach ja?«
»Allerdings.«
»Und wenn ich bei meinem Nein bleibe?«
»Wie ich schon sagte, es gibt Mittel und Wege.«
Einen kurzen Augenblick lang schöpfte ich Mut. Am besten, ich ließ ihn einfach auflaufen und weigerte mich, seine Spielchen mitzuspielen, dann verschwand er vielleicht oder gab seine finsteren Pläne auf.
»Ich sage Nein, Victor. Ich bin nicht mehr interessiert. Was in meinem Schlafzimmer passiert, geht dich nichts an. Ich habe auch kein Interesse, dich daran noch einmal irgendwie zu beteiligen. Außerdem bin ich jetzt mit Dominik zusammen, und zwar für immer, und er kommt jede Minute nach Hause. Du verschwindest also besser«, log ich.
»Dominik ist in London«, sagte er in aller Seelenruhe.
Nun stand er direkt vor mir. Mit zitternden Fingern knöpfte ich mir das Hemd zu, um meinen Busen vor seinen Blicken zu verbergen.
Victor griff beiläufig in die linke Tasche seines grauen Jacketts und zog ein BlackBerry hervor. Flink tippte er auf der Minitastatur herum und reichte es mir.
»Du wirst Ja sagen«, meinte er, als ich es verunsichert entgegennahm.
»Und warum?«
»Drück einfach auf ›Play‹.«
Ich blickte auf den kleinen Schirm und das Bild, das er zeigte.
Das war ich.
Nackt unter lauter fremden Männern, mit nichts anderem bekleidet als einem Hundehalsband.
Aufgenommen bei der Auktion, die Victor im Jahr zuvor organisiert hatte.
Ich erstarrte. Erinnerungen stiegen in mir auf und mit ihnen eine Erregung, die ich nicht unterdrücken konnte.
Mein Finger schwebte über dem BlackBerry.
»Viel Vergnügen«, sagte Victor.
Nur eine winzige Berührung, quasi ein Hauch, und das Bild änderte sich.
Offenbar hatte es auch eine Kamera in dem Zimmer gegeben, in dem mich der Mann mit der angehenden Glatze genommen hatte, nachdem er mich für eine Stunde bei der Auktion ersteigert hatte. Ich hatte nichts davon bemerkt, wahrscheinlich weil ich viel zu benommen gewesen war. Es handelte sich nicht um ein Video, sondern um eine Diashow. Jemand hatte die Kamera auf Serienaufnahme gestellt und das Geschehen im Raum in regelmäßigen Abständen festgehalten.
Starr vor Schreck und fasziniert zugleich betrachtete ich die Fotos, die auf dem Bildschirm auftauchten und verschwanden – wie bei einem Horrorfilm, den man kaum aushält, von dem man aber trotzdem nicht die Augen abwenden kann. Es war das erste Mal, dass ich mich so sah, wie andere mich sehen mussten. Als Teenager hatte ich einmal vor dem Badezimmerspiegel Nacktfotos von mir geschossen, sie aber aus Angst, meine Eltern oder Geschwister könnten sie finden, bald wieder vernichtet. Das hier war allerdings bedeutend realistischer.
Es kam mir so vor, als würde ich einem fremden Menschen zusehen. In einem Pornofilm. Dabei hatte ich mich so sehr bemüht, alles zu vergessen, was mit Victor zu tun hatte. Die Bilder waren jedoch noch viel schockierender als meine Erinnerungen an den Abend. Dieser Mann, der einen Gürtel in der erhobenen Hand hielt, um ihn gleich auf meinen Hintern niedersausen zu lassen. Ich, mein Gesicht im Bettzeug vergraben. Damals hatte mir der Schmerz geholfen, mich ganz in meinen Empfindungen zu verlieren, sodass ich kaum wahrgenommen hatte, was eigentlich geschehen war. Auf den Fotos sah alles viel drastischer aus, als ich es im Gedächtnis hatte.
Ich hatte mich danach an den Mann nicht mehr erinnern können, weder an sein Gesicht noch an die Länge oder Dicke seines Schwanzes. Es hätte also jeder sein können. Nun sah ich ihn auf dem Bildschirm, mit verzerrtem Gesicht und auf jedem Bild in einer anderen Position. Hatte Victor mich überhaupt nach meiner Einwilligung gefragt? Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass er mir dazu Gelegenheit gegeben hätte. Bei diesem Gedanken erschrak ich, und noch mehr bei der Erkenntnis, dass ich keinerlei Widerstand geleistet hatte.
Das Handy lag in meiner Hand wie eine entsicherte Handgranate, trotzdem konnte ich den Blick nicht von seinem Schirm losreißen oder es einfach fortschleudern. Die Bilder erschienen in unerbittlicher Folge, und alle waren grob und brutal. Es sah obszön aus, wie dieser Mann seinen Schwanz in mich hineinsteckte und wieder herauszog; und wie ich mich ihm entgegenbog, war wirklich schockierend. Das Gleiche galt für meine Gesichtszüge, die abwechselnd einen schönen und abstoßenden Ausdruck zeigten – für immer festgehalten.
Schließlich war die Bildergalerie zu Ende.
Aber das war
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