80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition)
doch alles ganz anders!, wollte ich schreien. Doch genau das hier würden die Leute sehen, wenn Victor die Bilder veröffentlichte, was er ohne Zweifel im Sinn hatte. Meine Erlebnisse mit Dominik hingegen, der Bondage-Kurs mit Cherry, was ich in den Clubs erlebt hatte, nichts von all dem war so gewesen. Das alles war aus Liebe geschehen, hatte Spaß gemacht, war ungeheuer sexy und vergnüglich gewesen. Aber so würde die Welt das nicht sehen, wenn sie Victors schreckliche Diashow betrachtete, in der ich ein Halsband trug und auf manchen Bildern ein todunglückliches Gesicht machte, während mich ein offenbar in Rage geratener Mann mit einem Gürtel züchtigte. Diese Abende waren etwas ganz anderes gewesen, ein Albtraum, in den ich mich hatte hineinmanövrieren lassen und den ich fast schon vergessen hatte. Am liebsten hätte ich ihm das Handy in den Hals gestopft, aber das hätte mich nur in noch größere Schwierigkeiten gebracht.
»Entzückend, nicht wahr?«, hörte ich Victors Stimme wie aus weiter Ferne.
Voller Entsetzen spürte ich, dass ich unter der dünnen Hülle von Dominiks Hemd, das meine nackten Genitalien verbarg, nass geworden war. Die ganze Geschichte war eine Katastrophe und Victors Absicht kriminell, und dennoch machten mich die Bilder und meine Erinnerung an das Vögeln heiß.
Ich schwieg. Was immer ich jetzt auch sagte, er würde es gegen mich wenden.
»Du ziehst hübsche Grimassen, wenn du gefickt wirst, Summer, das muss ich schon sagen. Als Pornosternchen könntest du sicher Karriere machen. Schade nur, dass wir den Ton nicht mit drauf haben! Du hast deinen Spaß und gleichzeitig kämpfst du mit jeder Faser deines Körpers dagegen an. Das Fleisch ist willig, aber der Geist ist schwach, oder?« Er kicherte vor Vergnügen über seinen miesen Witz.
»Du Schwein!«
Er ging zur Küchenzeile, nahm ein Glas und füllte es mit Wasser. Ich war wie gelähmt.
Einerseits wollte ich das BlackBerry an die Wand werfen, sodass es in tausend Stücke zersprang, andererseits hätte ich die Bilder am liebsten wieder und wieder angesehen. Allerdings nahm ich an, dass Victor die Dateien gesichert hatte, es wäre also nicht mehr als eine melodramatische Geste.
»Für einen Oscar reicht es sicherlich nicht, meine Liebe«, sagte Victor, »wohl aber für ein paar Stolpersteine in deiner Karriere als Violinistin, meinst du nicht auch? Sexbilder sind vielleicht gut für Filmsternchen und Reality- TV -Schlampen, aber nicht für richtige Künstler. Ach, und was ist, wenn das dein toller Dominik erfährt, dieser Möchtegern-Dom? Ob der das gut findet?«
Ich war drauf und dran, seine letzte Frage mit Ja zu beantworten, wenn auch nur, um ihn zu provozieren. Er ließ mir jedoch gar keine Zeit dazu.
Vielmehr stellte er das leere Glas ab und sagte: »Du hast die Wahl, Summer. Ich verlange nichts weiter als ein letztes Mal deine Dienste. Wenn du dazu bereit bist, werden die Fotos vernichtet. Darauf gebe ich dir mein Wort als Gentleman. Hier ist meine New Yorker Nummer.« Er legte eine Visitenkarte auf die granitene Arbeitsplatte.
»Wie …?«
»Keine Fragen. Wenn du bereit bist, bei der Sache mitzumachen, musst du ohne Wenn und Aber jede meine Anweisungen befolgen. Das ist alles. Dir wird nichts geschehen, du wirst in keiner Weise körperlichen Schaden nehmen. Das verspreche ich dir.«
Mir fiel das Register ein, und ich öffnete den Mund.
Er erriet meine Frage. »Keine Markierungen. Nichts Dauerhaftes.«
»Aber …«
Wieder unterbrach mich Victor. »Ein Tag und eine Uhrzeit. Ein Ort. Du kommst. Mehr brauchst du nicht zu wissen. Du siehst viel schöner aus, wenn du wehrlos bist, meine Liebe. Sehr viel schöner.«
Ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte.
»Ruf mich in den nächsten achtundvierzig Stunden an und sage mir, wie du dich entschieden hast. Ich finde selbst hinaus.«
Er wandte sich um und ging.
Zwischen Victors Besuch und Dominiks Rückkehr nach Manhattan verfiel ich in eine tiefe Depression. Ich fühlte mich umhergewirbelt wie ein Sandkorn in einem Sturm der Gefühle.
Es war einfach nur gemein.
Gerade jetzt, wo ich gedacht hatte, Dominik und ich könnten miteinander ins Reine kommen und uns ein gemeinsames, wenn auch vielleicht ungewöhnliches Leben aufbauen, kam mir Victor in die Quere und brachte eine Geschichte aufs Tapet, die meine Karriere noch in ihrer Anfangsphase im Keim ersticken konnte. Zwar könnte ich zur Polizei gehen, aber allein wenn ich mir das vorstellte, verlor ich den Mut. Was
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