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80 Days - Die Farbe der Lust

80 Days - Die Farbe der Lust

Titel: 80 Days - Die Farbe der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Jackson
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prollig.
    »Ich habe gehört, dass man bei Ihnen auch Instrumente leihen kann«, sagte er.
    »Kann man.«
    »Ich bräuchte eine Geige«, erklärte er.
    Sie deutete auf die Vitrine. »Suchen Sie sich eine aus.«
    »Die sind alle zu leihen?«
    »Ja, gegen Hinterlegung einer entsprechenden Summe in bar oder über Ihre Kreditkarte. Außerdem müssen wir Ihren Ausweis sehen.«
    »Selbstverständlich.« Aus alter Gewohnheit trug Dominik stets einen Reisepass in der Innentasche seiner Jacke. »Kann ich sie mal in die Hand nehmen?«
    »Aber klar doch.«
    Das Gothic Girl nestelte einen Schlüssel von einem Bund, das mit einer langen Kette an der Kasse befestigt war, und schloss die Vitrine auf.
    »Ich verstehe leider nicht viel von Geigen. Ich brauche sie für eine Freundin. Sie spielt allerdings hauptsächlich klassische Musik. Können Sie mir vielleicht weiterhelfen?«
    »Nicht so richtig. Ich hab’s mehr mit Rock und E-Gitarren«, antwortete sie lächelnd. Ihre Lippen stachen aus ihrem Gesicht hervor wie Leuchtfeuer.
    »Verstehe. Tja, welche ist wohl die beste?«
    »Vermutlich die teuerste.«
    »Klingt einleuchtend«, meinte Dominik.
    »Ist keine Geheimwissenschaft«, sagte die Verkäuferin mit einem aufreizenden Augenaufschlag.
    »Nein, wohl nicht.«
    Sie reichte ihm eine Geige. Das Instrument sah alt aus, und unter den Händen seiner Vorbesitzer hatte das Holz einen orangefarbenen Ton angenommen, es schimmerte und glänzte im Schein der Neonröhren des Ladens.
    Dominik stand eine Weile nachdenklich mit der Geige in der Hand da. Das Instrument war viel leichter, als er erwartet hatte. Was musikalisch aus ihm herauszuholen war, hing davon ab, wer es spielte, soviel war klar. Es ärgerte ihn, dass er sich nicht besser vorbereitet hatte, er musste ja wie ein blutiger Amateur wirken.
    Seine Finger strichen über die Geige.
    »Spielen Sie ein Instrument?«, fragte er die junge Frau mit dem rabenschwarzen Haar. Ihr T-Shirt war ihr leicht über die rechte Schulter gerutscht und enthüllte den Umriss eines großflächigen Tattoos.
    »Gitarre«, antwortete sie. »Aber als Kind musste ich Cellounterricht nehmen. Vielleicht fange ich irgendwann mal wieder damit an.«
    Seine Beschäftigung mit ihren Piercings führte ihn zwanglos zu der Vorstellung, dass sie mit einem Cello zwischen den Schenkeln auf einer Bühne saß. Bei dem Gedanken musste er lächeln. »Ich nehme sie«, sagte er rasch entschlossen. »Eine Woche. Geht das?«
    »Prima«, antwortete die Verkäuferin. Sie zog einen Block hervor und rechnete vor sich hin. Dominik ließ seinen Blick über ihre nackte Schulter schweifen. Er folgte den schwarzen, grünen und roten Blumen ihrer Tätowierung und bemerkte nun auch, dass sie unter dem linken Auge ein kleines Tattoo in Form einer Träne hatte.
    Unterdessen kamen und gingen die Kunden. Sie wurden von einem jungen Mann bedient, der ein ähnliches Gothic-Outfit und einen minimalistischen, geometrischen Haarschnitt trug.
    Die Verkäuferin warf einen letzten Blick auf ihre Zahlenkolonnen und schaute zu ihm auf.
    »Also, was kostet der Spaß?«, fragte Dominik.
    Den Geigenkasten bekam er umsonst dazu.
    Wieder zu Hause, legte er das wertvolle Instrument auf ein Sofa, klappte sein Laptop auf und sah sich die Wettervorhersage für die nächsten sieben Tage an. Die erste Episode des Abenteuers sollte im Freien stattfinden. Innenräume waren für später vorgesehen, wenn etwas mehr Diskretion angesagt war und die Aufführungen sich zu etwas entwickeln mochten, was man schon aus rechtlichen Gründen vielleicht besser nicht in der Öffentlichkeit veranstaltete.
    Die Wettervorhersage war günstig. Zumindest für die nächsten vier Tage war kein Regen angesagt.
    Er schickte Summer eine SMS , die sie über den Tag, die Stunde und den Ort ihrer nächsten Begegnung informierte.
    Ihre Antwort kam nach kaum einer halben Stunde. Sie hatte Zeit, und sie war immer noch bereit.
    »Soll ich Noten mitbringen?«, fragte sie.
    »Nicht nötig. Du wirst Vivaldi spielen.«
    Die Sonne schien über die Hampstead Heath, die Vögel flogen munter zwitschernd über den von Bäumen gesäumten Horizont. So früh am Morgen war es noch relativ kühl. Summer war an der Station Belsize Park aus der U-Bahn gestiegen und ging nun bergab vorbei am Royal Free Hospital, dem Marks & Spencer, der früher ein Kino gewesen war, passierte die kleinen Läden der South End Road und den Obst- und Gemüsestand am Eingang zur oberirdischen Station. Schließlich erreichte sie den

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