80 Days - Die Farbe der Lust
Suche nach Halt schossen seine Hände im Reflex nach vorn und streiften Kathryns Handgelenke. Er ergriff sie.
Ein nervöses Zucken schoss durch Kathryn, als er diesen weiteren Körperkontakt schloss. Es war wie ein elektrischer Schlag.
»Hmm…«
»Was?«
»Ach … nichts …«
Aber ihre Augen sagten etwas anderes. War es eine Frage, mit der sich ihr Blick tief in seine Seele bohrte? Oder ein Wunsch, ein Flehen? Eine Bittstellerin, genagelt an das Kreuz ihrer Lust.
Statt einer Antwort ergriff er ihre Handgelenke, so fest er konnte, und drückte ihr die Arme hinter den Kopf. Zugleich stieß er ohne Unterlass in sie hinein. Wie einen Schmetterling nagelte er sie auf den harten Fußboden. Nun brannten ihre Wangen tiefrot. Es musste ihr wehtun, dachte er, aber ihr weiches lustvolles Stöhnen war eine Einladung, sie noch härter zu nehmen, ihren Körper hemmungslos zu gebrauchen.
Wieder sah sie ihm tief in die Augen, ebenso wortlos wie aussagekräftig. »Mehr«, hieß das.
Aus Angst, an ihr Spuren in Form blauer Flecken zu hinterlassen, löste er die Finger von ihren schmalen Handgelenken. Seine Hände glitten nach unten, bis sie ihren Hals erreichten und ihn wie ein Würgehalsband umschlossen. Durch ihre Haut spürte er auf seinen harten Fingerspitzen ihren Puls, ihr pochendes Leben.
Sie japste nach Luft wie eine Ertrinkende. »Fester!«, schrie sie. »Fester!«
Es machte ihm Angst, zugleich aber wuchs seine Erregung, sodass sein Glied steinhart wurde und zu scheinbar abnormer Größe anschwoll. Er stieß es an die weichen, feuchten Wände ihrer Scheide, während sich seine Finger immer fester um ihren Hals schlossen und ihr den Blutfluss abschnürten, sodass ihr blasses Gesicht in fliegendem Wechsel Farben in allen möglichen Schattierungen annahm.
Kathryn kam mit einem heißen, kehligen Stöhnen, einem beinahe männlichen Laut des Triumphs. Im selben Moment löste er seinen Griff um ihren Hals, und mit dem tierischen Laut schoss ihm ihr wilder Atem entgegen.
So lange hatte er sie schon gefickt, unaufhörlich war sein Schwanz in sie hineingezuckt, wie eine Maschine, erbarmungslos, hemmungslos, grausam. Nun schloss er die Augen und konnte sich endlich erlauben zu kommen. Seine ganze Existenz schien in Flammen zu stehen. Elementar. Eine Urgewalt. Der intensivste Fick seines Lebens.
Später, als sie in Schweiß gebadet dalagen, mit einem Seitenblick auf die Uhr und in Gedanken beim letzten Zug, sagte sie zu ihm: »Ich wollte schon immer mal wissen, wie das ist, wenn es so heftig wird wie jetzt eben. Du machst das gut.«
»Ich habe das noch nie probiert. Davon gelesen, natürlich. Aber das war alles Theorie, nur Worte auf Papier.«
»Ich wusste, dass ich dir vertrauen kann, dass du weißt, wo die Grenze ist.«
»Ich wollte dir nicht wehtun. Nie im Leben würde ich das.«
Sie neigte sich über ihn, legte ihren Kopf auf seine feuchte Schulter und flüsterte: »Ich weiß.«
So begannen Wochen eines sexuellen Experiments, in dem Kathryn nach und nach ihre innersten Begierden enthüllte, ihren Fantasien auf den Grund ging und dort ein Feuer entfachte, das von ihrer Lust an Unterwerfung genährt wurde. Sie war keine Masochistin, das nun nicht, aber eine gewisse Sehnsucht nach Schmerz, nach dem Überschreiten von Grenzen, war bei ihr unleugbar vorhanden. Sie schlummerte schon seit vielen Jahren unter dem oberflächlichen Lack von Kultur und Erziehung und hatte nur bislang nie Gelegenheit bekommen, sich Bahn zu brechen. Dominik war der Erste, der diesen Zug an ihr erkannt, ihn instinktiv in die richtige Richtung gelenkt, die Herrschaft über sie übernommen und sie dadurch befreit hatte.
Er kannte die einschlägigen Romane und Geschichten, aber dies war nicht das Verhältnis von Herr und Sklavin, Dom und Sub, wie es dem Klischee entsprach. Sie erlebten es gemeinsam, arbeiteten sich Schicht um Schicht zu den Fundamenten ihrer Lust und sexuellen Begierden vor. Sie brauchten dazu kein Latex, kein Leder, keine bizarren und grausamen Gerätschaften, die sie in der Vergangenheit mit diesem für sie neuen Land lustvoller Exzesse verbunden hatten.
Beiden waren die Augen aufgegangen, und Dominik zumindest wusste, dass er sie niemals wieder würde schließen können.
Zugleich war es unvermeidlich der Anfang vom Ende ihrer heimlichen Beziehung. Jeder Schritt führte sie näher an einen Abgrund, mit jeder neu entdeckten Spielart abseits dessen, was beim Sex als normal galt, sah Dominik die Zweifel in Kathryn wachsen.
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