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80 Days - Die Farbe der Lust

80 Days - Die Farbe der Lust

Titel: 80 Days - Die Farbe der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Jackson
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verabredeten Treffpunkt, einen Parkplatz. Vor einigen Monaten war sie schon einmal hier gewesen, als sie sich mit Freunden zum Picknick getroffen hatte.
    Sie sah lediglich einen metallicgrauen BMW auf dem Parkplatz, und schon von Weitem erkannte sie Dominiks Silhouette hinter dem Steuer. Er las ein Buch.
    Summer trug wie ausgemacht ihr schwarzes, rückenfreies Samtkleid, darüber zum Schutz vor der Morgenfrische den Mantel von Charlotte, den diese bislang nicht zurückverlangt hatte.
    Als Dominik sie sah, stieg er aus dem Wagen und blickte ihr entgegen. Er war ganz in Schwarz gekleidet, Kaschmirpullover mit rundem Ausschnitt und schwarze Hose mit scharfer Bügelfalte. Sie stakste in ihren High Heels, die sie sich für formellere Auftritte aufsparte, unsicher über den Kies des Parkplatzes.
    »Vielleicht hättest du lieber Stiefel anziehen sollen«, bemerkte er. »Wir müssen noch ein Stück über die Wiese gehen.«
    »Ja, war wohl ein Fehler«, sagte Summer.
    »Um diese Zeit ist noch Tau auf dem Rasen. Du könntest dir die Schuhe verderben. Besser, du ziehst sie aus. Trägst du Strümpfe oder Strumpfhosen, wenn die Frage erlaubt ist?«
    »Frag nur. Strümpfe.«
    »Gut.« Er lächelte. »Halterlose oder Strapse?«
    Summer bekam heiße Wangen. Sie hatte Lust, ihn ein wenig zu provozieren. »Was würde dir denn besser gefallen?«
    »Kluge Antwort«, erwiderte Dominik, ohne weiter darauf einzugehen. Stattdessen öffnete er die hintere Wagentür und holte einen dunklen, glänzenden Geigenkasten von der Rückbank. Summer bekam eine Gänsehaut.
    Er klickte auf seinen Schlüsselanhänger, um den BMW zu verriegeln, und deutete auf die weite Rasenfläche, die sich jenseits des Parkplatzes erstreckte.
    »Folge mir.«
    Summer zog ihre Schuhe aus und ging über das Gras. Er hatte recht: Es war nass und schlüpfrig. Doch sie fand es eigentlich recht angenehm. Dominik ging voran, vorbei an Teichen, über eine schmale Brücke gegenüber einer Badestelle und dann über einen Pfad. Hier musste sie wegen der spitzen Kieselsteine die Schuhe doch wieder anziehen. Das matschige Gefühl der feuchten Nylonstrümpfe auf dem festen Leder war weniger angenehm, doch bald liefen sie wieder über Rasen, und sie konnte die Schuhe an den Riemchen nehmen und auf Strümpfen seinen entschlossenen Schritten folgen. Sie fragte sich, wo es wohl hinging. Dieser Teil des Parks war ihr unbekannt, aber sie vertraute Dominik. Rein instinktiv. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er sie in irgendeinen dunklen Winkel führte und über sie herfiel. Nicht dass der Gedanke sie sonderlich erschreckt hätte.
    Ein paar hundert Meter weit führte der Weg unter dem kühlen Laubdach von Bäumen entlang, das den blauen Himmel verdeckte. Dann erreichten sie eine kreisrunde Lichtung, die wie eine grüne Insel aus dem Blättermeer auftauchte. Sie war leicht abschüssig, und an der höchsten Stelle stand ein kleiner, schmiedeeiserner Musikpavillon. Seine viktorianisch anmutenden, etwas angerosteten Säulen erhoben sich über der Wiese.
    Summer verschlug es den Atem. Schön war es hier, ein perfektes Plätzchen, einsam und ein wenig geheimnisvoll. Nun verstand sie, warum Dominik diese frühe Morgenstunde gewählt hatte. Mit Publikum war hier nicht zu rechnen, höchstens dass sie mit ihrem Spiel ein paar Neugierige aus der Tiefe des Parks anlockte.
    Dominik machte eine kleine Verbeugung und wies auf den Pavillon.
    »Da wären wir.« Er reichte ihr den Geigenkasten, und sie stieg auf die kleine Bühne.
    Dominik lehnte sich lässig an einen Eisenpfosten.
    Einen kurzen Augenblick spürte Summer so etwas wie Rebellion in sich aufflammen. Warum um alles in der Welt folgte sie seinen Befehlen, warum war sie so fügsam und entgegenkommend? Sie wollte mit dem Fuß aufstampfen und einfach »Nein! Nie im Leben!« rufen, aber eine andere Seite ihres Wesens, die ihr bis vor Kurzem noch völlig unbekannt gewesen war, flüsterte ihr verführerisch zu, sich auf das Spiel einzulassen. Sag »Ja!«
    Sie blieb einen Augenblick wie angewurzelt stehen.
    Doch dann gab sie sich einen Ruck, trat in die Mitte des Pavillons und öffnete den Kasten. Die Geige war ein erlesenes Instrument, viel besser als ihre altes und nun verstummtes. Erwartungsvoll ließ sie die Finger über das polierte Holz, den Hals, die Saiten gleiten. Dominik beobachtete sie.
    »Das ist nur ein Leihinstrument«, sagte Dominik. »Wenn wir uns einig geworden sind, werde ich dir ein besseres besorgen, das du dann auch behalten

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