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80 Days - Die Farbe der Lust

80 Days - Die Farbe der Lust

Titel: 80 Days - Die Farbe der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Jackson
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Armen und dem Schwanz eines anderen, überlegte Dominik. Vielleicht hatte ihre Begegnung deshalb auch nichts zu bedeuten.
    Sie sollten sich am Morgen ohne große Worte oder Gefühle trennen und wieder ihrer eigenen Wege gehen. Dominik hatte nicht vor, in absehbarer Zeit noch einmal nach Rom zu fahren. Nachdem sie beide vollständig entkleidet gewesen waren, hatte er sich auf sie geworfen, Haut an Haut, ihr Schweiß gemischt mit seinem, und nachdem er ihr die Beine gespreizt hatte, war er in sie eingedrungen. Ohne Worte.
    Im Hintergrund hatte Dominiks Handy gesummt, doch er las Summers Nachricht erst am Morgen.
    »Ganz wie du willst. S.«
    Summer hatte Geldsorgen. Seit sie nicht mehr in der U-Bahn spielte, musste sie mit dem schmalen Lohn und dem Trinkgeld auskommen, die sie als Aushilfskellnerin im Restaurant verdiente. Die Band nahm gegenwärtig keine Auftritte an, weil Chris in einem günstigen Privatstudio im Landhaus eines Freundes vor den Toren Londons neues Material zusammenmixte. Summer hatte ihre kurzen Geigenparts schon einige Wochen zuvor eingespielt, würde dafür aber erst Geld bekommen, wenn die Aufnahmen tatsächlich etwas einbrachten. Daher musste sie jetzt auf ihre mageren Ersparnisse zurückgreifen. Sie war zu oft weite Strecken mit dem Taxi gefahren: nach Hampstead, zu den Fetischclubs und woandershin. Ziele, bei denen es ihr peinlich war, in öffentlichen Verkehrsmitteln zu sitzen. Aber auf keinen Fall würde sie Dominik bitten, ihr unter die Arme zu greifen. Und auch niemanden sonst.
    Sie hatte gehört, dass es in der Musikhochschule in Kensington ein Schwarzes Brett mit Jobangeboten gab, wo Musiker für einmalige Studioaufnahmen gesucht oder Unterrichtsmöglichkeiten angeboten wurden. Erst als sie dort ankam und die Eingangshalle fast menschenleer vorfand, fiel ihr wieder ein, dass Semesterferien waren. Verdammt! Wenn überhaupt etwas ausgeschrieben war, dann hing es wahrscheinlich schon seit Wochen da und war inzwischen längst überholt.
    Trotzdem durchquerte sie die Halle, um die Zettel und Kärtchen auf dem Schwarzen Brett zu studieren, und zog ein kleines Notizbuch aus ihrer Handtasche. Um keine Zeit mit alten und inzwischen ungültigen Aushängen zu verschwenden, prüfte sie immer das Datum, bevor sie sich eine Telefonnummer notierte. Zwischen all den Geigenstunden für Kinder aus den Vororten und den leider viel zu seltenen gut bezahlten Angeboten für Streicher, bei Fernsehauftritten von Rockbands das Hintergrundgefiedel zu übernehmen (Bedingung: schwarzes Kleid und Make-up), entdeckte sie eine Karte, deren Inhalt ihr irgendwie bekannt vorkam. Und auf einmal wusste sie, wie Dominik die drei Musiker für das Quartett in der Krypta gefunden hatte. Sie lächelte. Wie klein die Welt doch ist … Aber dann kam sie ins Zweifeln, denn die angegebene Telefonnummer war nicht die von Dominik. Vielleicht hatte er ja mehrere, die er je nach Art des Anlasses oder Zwecks verwendete. Für alle Fälle schrieb sie sich die Nummer auf.
    »Brauchst du einen Auftritt?«, drang es da honigsüß an ihr Ohr. Summer wandte sich um.
    »Ja, aber viel Auswahl gibt es nicht, oder?«
    Die junge Frau war ungewöhnlich groß, platinblond und in ihrer schwarzledernen Bomberjacke, den hautengen schwarzen Jeans und den glänzenden Stiefeln mit gewagten Absätzen eine aufregende Erscheinung. Eine Amazone. Irgendwie kam sie Summer bekannt vor – wegen des trockenen Lächelns, das um ihre Mundwinkel spielte, wegen der Art, wie sie Summer distanziert und belustigt musterte, und wegen ihres offenkundigen Anspruchs auf Überlegenheit.
    »Interessant, dieses Angebot, nicht?«, fragte die Hinzugekommene und deutete auf die Karte, die bereits Summers Aufmerksamkeit geweckt hatte.
    »Stimmt. Ziemlich rätselhaft und nicht besonders aussagekräftig«, meinte Summer.
    »Und inzwischen sicher auch schon Schnee von gestern«, sagte die andere. »Wahrscheinlich hat bloß jemand vergessen, sie vom Brett abzunehmen.«
    »Gut möglich.«
    »Du erkennst mich nicht wieder, oder?«, fragte die Blonde. Da fiel bei Summer der Groschen, und sie wurde rot. Es war die Cellistin aus der Krypta!
    »Ach, Laura, nicht wahr?«
    »Eigentlich Lauralynn. Schade, dass ich so wenig Eindruck auf dich gemacht habe, aber du warst sicher zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt. Mit der Musik, natürlich.«
    Der Spott in ihrer Stimme war nicht zu überhören, und Summer dachte an jenen Nachmittag, als ihr durch den Kopf geschossen war, Lauralynn könne sie

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