80 Days - Die Farbe des Verlangens: Band 4 Roman (German Edition)
bestellte sie sich einen Kaffee mit Mandellikör.
Sie schmeckte genauso, wie sie im Flugzeug gerochen hatte: nach Zitrone und Zigaretten und noch etwas, das ich nicht einordnen konnte. Ich fuhr mit meiner Zunge über ihre und behielt ihren Speichel einen Augenblick lang im Mund, um wie bei einer Weinprobe die besondere Kombination der Geschmacksnoten in ihrem Kuss auszumachen.
Florence war Deutsche. Sie arbeitete als Chemikerin an einer Uni und sollte hier in London Vorträge über die neuesten Entwicklungen bei Malariamedikamenten halten. Wie ich meinen Lebensunterhalt bestritt, interessierte sie nicht. Und sie fragte sich auch nicht, warum eine Frau mit russischem Akzent mit einem deutschen Pass reiste, aber außer Guten Tag und Auf Wiedersehen kein Wort Deutsch sprach.
Da wir beide flache Schuhe trugen und es noch früh war, nahmen wir die U-Bahn von der Station Old Street nach London Bridge und kauften uns dort am Bahnhofskiosk eine Flasche Wein und eine Packung Ingwerkekse. Das war die dritte Komponente ihres Geschmacks, wie ich erkannte, als sie mich am Themse-Ufer an das Geländer drückte und küsste. Vor Überraschung rutschte mir fast die Plastiktüte mit der Weinflasche aus der Hand und schlug laut klingend gegen das eiserne Geländer.
Es begann wieder zu regnen, in kleinen Tröpfchen, die unsere Gesichter benetzten und die Locken meiner Frisur auflösten. Sie nahm meine Hand, und wir liefen zur Straße zurück, wo wir ein Taxi fanden, das uns in mein Hotel an der South Bank brachte, ganz in der Nähe der Waterloo Station und der Royal Festival Hall.
Ich hatte eine Penthouse-Suite im Park Plaza. Vom umlaufenden Balkon schien das London Eye zum Greifen nah. Aus dieser Entfernung verstand ich schon eher, warum es den Londonern so gefiel. Das Rad hatte etwas Unbeschwertes und Majestätisches, wie es ohne Unterlass mit den wie von Glühwürmchen erleuchteten Gondeln seine Runden drehte.
Florence schenkte uns Wein ein und reichte mir einen Ingwerkeks. Dann setzte sie sich auf die Balustrade des Balkons. Unter ihrem Hintern war nichts als Luft und ein vierzehn Stockwerke tiefer Abgrund.
»Komm da runter«, sagte ich lachend. »Denk an die armen Straßenfeger, die dich morgen früh zusammenkehren müssen. Wahrscheinlich wird diesem Zimmer dann eine extra Gebühr aufgebrummt.«
»Dann will ich dafür sorgen, dass du zuvor noch etwas davon hast«, antwortete sie. Sie hatte die Beine weit gespreizt und unter der engen Hose zeichneten sich in fast schon vulgärer Deutlichkeit die Umrisse ihrer Möse ab, sodass ich die sanfte Wölbung ihres Venushügels und die weichen Umrisse ihrer Schamlippen sehen konnte. Bei ihrem Slip hatte ich mich allerdings geirrt. Sie trug gar keinen.
»Von dort aus wird dir das wohl kaum gelingen«, neckte ich sie.
»Du hast versprochen, mir vorzulesen«, entgegnete sie.
»Ich habe gar nichts versprochen. Du hast mich darum gebeten. Das ist ein Unterschied.«
Ich legte einen herausfordernden Ton in meine Antwort, aber entgegen meiner Erwartung ging sie nicht darauf ein. Stattdessen wurde sie ganz sanft.
»Wirst du mir vorlesen?«, fragte sie beinahe flehentlich.
»Ja.«
Ich nahm sie bei der Hand und führte sie ins Wohnzimmer zurück. Sie zog das in Leder gebundene Buch aus ihrer Tasche, reichte es mir und legte sich aufs Bett. Sie war immer noch vollständig angezogen, einschließlich ihrer hohen Lederstiefel. Ich legte mich neben sie.
Das Leder des Einbands fühlte sich weich wie Haut an. Ich schnipste das Seidenbändchen fort, das die erste Seite einer Geschichte mit dem Titel Der Schuhputzer von der Liverpool Street Station markierte.
Langsam ließ ich die Worte über die Zunge gleiten, um ein Gefühl für sie zu bekommen, las mal schneller, mal langsamer, mal schroff, mal atemlos. Florence hörte mir mit geschlossenen Augen zu. Obwohl sie keine Mascara trug, waren ihre Wimpern tiefdunkel. Offenbar hatte sie sie gefärbt, denn sie waren zu dick und zu schwarz für ihr Gesicht und warfen einen dunklen Schatten auf ihre Augenränder. Es wirkte, als würde sich nachts etwas Schweres auf sie senken und darauf warten, dass sie aufwachte.
Als ich zu Ende gelesen hatte, schlug sie die Augen auf, rollte sich auf die Seite und strich mit den Fingern über meine Lippen. Ich öffnete den Mund und begann, an einem zu knabbern. Sie fuhr mit der Hand in den Bund ihrer Hose und hielt ihre Finger wieder vor meinen Mund, diesmal aber mit etwas Abstand, als wäre ihr bewusst, dass ich
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