80 Days - Die Farbe des Verlangens: Band 4 Roman (German Edition)
weiteren unbekannten Sexpartner vorzubereiten.
Für dieses Szenario hatte ich einen gregorianischen Choral gewählt, obwohl die Musik nicht das Mindeste mit Peru zu tun hatte. Aber die dunklen, düsteren Klänge passten zu dem Ritual, das ich aufführen wollte, und ich fand den Chor der Mönchsstimmen mit ihren melancholischen Kadenzen sowohl beruhigend als auch verführerisch.
Im Gegensatz zur Musik stammte mein Inkapriester aus Südamerika. Er hatte dunkles Haar, war muskulös und gut bestückt und ebenso gut aussehend wie mein voriger Partner. Allerdings erregte er mich nicht im selben Maße, und ich war froh, dass ich diesmal daran gedacht hatte, meine Möse mit Gleitcreme zu befeuchten, um einem weiteren übergroßen Glied das Eindringen zu ermöglichen. Offenbar war es für die männlichen Mitglieder des Netzwerkes unabdingbare Voraussetzung, ein Gemächt wie ein Hengst zu haben.
Er hatte ein großes, verziertes Kreuz auf die Brust tätowiert. Es war – wie das Rückgrat eines Vogels – von zwei Schwingen umgeben. Das halb christliche, halb heidnische Motiv verlieh der Show eine zusätzlich mystische Note. Die Jurorinnen hatten meine Partner klug ausgewählt.
Auch dieser Tanz gipfelte in Sex, aber hier hatte ich noch ein schockierendes Element eingebaut. Ich hatte darauf verzichtet, es auf meinem Kontrollblatt zu vermerken, damit es die beiden Damen ebenso verblüffte wie später mein echtes Publikum.
Als der Augenblick gekommen war und der Inkapriester den kleinen Beutel zerdrückte, den ich mir tief in die Möse geschoben hatte, rann mir Theaterblut die Beine hinab, als wäre ich ein Jungfrauenopfer. Das hörbare Luftholen meiner beiden Zuschauerinnen war lauter als unsere Begleitmusik.
Sie sagten zwar nichts, aber ich registrierte voller Genugtuung, dass ich den scheinbar völlig unbeteiligten Damen endlich eine Reaktion entlockt hatte.
Aber als ich dann meinen Partner für das dritte und letzte Szenario, den Ballettmeister, zu Gesicht bekam, lag die Überraschung wieder auf meiner Seite. Denn ich entdeckte, dass er, obwohl er im Katalog als männlicher Darsteller aufgeführt wurde, zumindest in anatomischer Hinsicht nicht als Mann geboren war.
Er war groß und schlank, mit alabasterweißer Haut, die einen scharfen Kontrast zu seinem kurzen, dunklen Haar bildete – eine Frisur, die das fein geschnittene Kinn und die hohen, katzenartigen Wangenknochen betonte. Seine Augenbrauen hatten den zarten Schwung von Schmetterlingsflügeln, und die weiblichen Rundungen seines Brustkorbs ließen Brüste erahnen, so klein sie auch sein mochten. Die fleischfarbenen Strümpfe, die er trug, verbargen allerdings nicht die Wölbung in seinem Schritt. Erst als er sie auszog, sah ich, dass sie von einem umgeschnallten Dildo herrührte, und mir wurde klar, dass ich zum ersten Mal mit einem künstlichen Penis gefickt werden würde.
Doch ich empfand die Penetration durch das künstliche Glied ebenso aufregend, als hätte es sich um eines aus Fleisch und Blut gehandelt. Wieder war ich beeindruckt, wie aufmerksam die beiden Prüferinnen die kurze Beschreibung meines Szenarios studiert hatten. Mein Ballettmeister verkörperte die gleiche Mischung aus Härte und Weiblichkeit, wie sie auch für meine russischen Tanzlehrerinnen typisch gewesen war.
»Sie haben bestanden«, sagte Jurorin A – oder B? – mit leisem Lächeln, nachdem meine dritte Darbietung zu Ende war.
Damit hatte ich das Auswahlverfahren und das ganze Trainingsbrimborium hinter mir. Mein Leben auf Reisen konnte beginnen.
Wieder einmal packte ich meine Sachen.
Packen und Auspacken waren in meinem Leben mittlerweile so alltäglich geworden, dass ich mir nicht mehr erlaubte, mein Herz an Städte oder Häuser zu hängen, in denen ich wohnte, oder an Freunde oder Liebhaber, die ich dort kennenlernte. Ich war unter einem unsteten Stern geboren, und wahrscheinlich gehörte das ständige Herumziehen zu mir wie mein kleiner Busen und mein langes, blond gelocktes Haar. Was hatte es für einen Sinn, deswegen sentimental zu werden? Mit jedem neuen Abenteuer fing ein neuer Abschnitt in meinem Leben an. Ebenso gut hätte ich dem Himmel zürnen können, weil es regnete oder weil ich den ewigen Sonnenschein satthatte.
Irgendwie war es dem Netzwerk gelungen, mir falsche Papiere zu besorgen, die überzeugend echt aussahen. Damit war ich nun in der Lage, nach Herzenslust rund um den Globus zu reisen und zu arbeiten, wo ich wollte. Ich begann, in mir mehr als eine
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