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900 Großmütter Band 2

900 Großmütter Band 2

Titel: 900 Großmütter Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Hrsg Lafferty
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Finger bei der Verhandlung einzusetzen.«
    »Darin scheint mir aber eine Begünstigung des Establishments zu liegen«, sagte ich.
    »Wir haben keins«, sagte Sideki. »Ich weiß, das ist für Erdlinge schwer zu begreifen.«
    »Aber gibt es denn keinen Senat oder sonst eine gesetzgebende Körperschaft auf dem Camiroi – nicht einmal einen Präsidenten?«
    »Doch, es gibt einen Präsidenten«, sagte Miss Dia, »und er ist tatsächlich ein Diktator oder Tyrann. Er wird durch das Los für eine Amtszeit von einer Woche gewählt. Jeder von euch könnte theoretisch für die morgen beginnende Amtsperiode gewählt werden; doch das ist unwahrscheinlich. Wir haben keinen permanenten Senat, aber häufig werden Eil-Senate konstituiert, und diese haben erhebliche Vollmachten.«
    »Solche Körperschaften mit absoluter Vollmacht wollen wir grade studieren«, sagte ich. »Wann wird die nächste konstituiert, und wie wird sie tätig sein?«
    »Na, dann konstituieren Sie doch selbst eine und sehen Sie zu, wie Sie es machen«, sagte der junge Nautes. »Sie sagen einfach: ›Wir konstituieren uns hiermit als Eil-Senat des Camiroi mit absoluter Vollmacht. Registrieren Sie sich beim nächsten symbouleutischen Pfahl und studieren Sie Ihren Senat introspektiv.«
    »Könnten wir den Präsidenten-Diktator rausschmeißen?« fragte Miss Holly.
    »Sicher«, sagte Sideki, »aber dann würde sofort ein neuer Präsident durch das Los erwählt werden, und Ihr Senat könnte nicht über die neue Amtsperi ode hinaus bestehen, noch könnte einer von Ihnen dreien einem neuen Senat angehören, ehe eine volle Präsidenten-Amtsperiode vorüber ist. Aber ich an Ihrer Stelle würde keinen Senat bilden, um den amtierenden Präsidenten zu stürzen. Er kann ausgezeichnet mit dem Ritualschwert umgehen.«
    »Die Bürger kämpfen also tatsächlich noch damit?« fragte Mr. Chosky.
    »Ja, jeder private Bürger kann jederzeit jeden anderen privaten Bürger herausfordern, aus jedem beliebigen Grund, oder auch ohne Grund. Manchmal, aber nicht oft, kämpfen sie auf Leben und Tod, und darin darf sich niemand einmischen. Wir nennen diese Entscheidungen den Gerichtshof zur letzten Instanz.«
    Die Vernunft muß uns sagen, daß das legale System auf dem Camiroi nicht so einfach sein kann, und doch scheint das so zu sein. Ausgehend von dem Grundsatz, daß jeder Bürger des Camiroi befähigt ist, jedes Amt oder Geschäft auf dem Planeten zu versehen, haben diese Leute jederlei Organisati on auf ein Minimum reduziert. In dieser Hinsicht kann man das System des Camiroi als fließend oder liberal bezeichnen. Von jetzt an werde ich, wann immer ich in Versuchung gerate, irdische Gesetze oder Sitten als liberal zu bezeichnen, erst einmal eine Pause machen – und dann werde ich jedesmal die Camiroi lachen hören.
    Auf der anderen Seite gibt es Elemente in den Gesetzen des Camiroi, die ich als unverbrüchlich oder konservativ bezeichne; und zwar die folgenden:
    Keine Menschenansammlung zum Zwecke der Unterhaltung oder des Vergnügens darf mehr als neununddreißig Personen umfassen. Keine größere Personenzahl darf sich eine Vorstellung oder ein Drama anschauen, eine Musikveranstaltung anhören oder einem sportlichen Wettkampf beiwohnen. Diese Bestimmung soll verhindern, daß ein Camiroi ledig lich Zuschauer und nicht gleichzeitig Teilnehmer oder Organisator ist. Gleichermaßen darf kein Schriftstück – außer gewissen sehr seltenen offiziellen Verlautbarungen – in mehr als neununddreißig Exemplaren pro Monat erscheinen. Das ist unserer Ansicht nach ein konservatives Gesetz, welches verhindern soll, daß die Massen in Begeisterung geraten.
    Ein Familienvater, der sich innerhalb von fünf Jahren öfter als zweimal an einen Spezialisten wendet, um bei sich selbst oder bei einem Angehörigen seines Haushalts solche Dinge wie kleinere chirurgische Eingriffe vornehmen zu lassen, oder juristischen oder medizinischen Rat einzuholen – kurz: Verrichtungen, zu denen er selbst imstande sein müßte – verliert seine Bürgerschaft. Es scheint uns, daß diese Regelung die Camiroi im vollen Genuß der Früchte der Forschung und des Fortschritts beeinträchtigt. Sie selbst sagen jedoch, daß sie jeden Bürger dazu zwingt, sich auf allen Gebieten experte Kenntnisse anzueignen.
    Jeder Bürger, der eine Loswahl zum Leiter einer militärischen Operation, eines wissenschaftlichen Projekts oder einer geschäftlichen Unternehmung nicht annimmt, weil er sich für unfähig hält, verliert sein

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