Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
900 Großmütter Band 2

900 Großmütter Band 2

Titel: 900 Großmütter Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Hrsg Lafferty
Vom Netzwerk:
Bürgerrecht und wird verstümmelt. Dagegen wird ein Bürger, der eine solche Aufgabe übernimmt, sie aber nicht erfolgreich durchführt, erst beim zweiten derartigen Mißerfolg mit Verstümmelung und Verlust des Bürgerrechts bestraft.
    In beiden Fällen liegt unseres Erachtens eine ebenso grausame wie ungewöhnliche Bestrafung vor.
    Jeder Bürger, der durch das Los dazu erwählt wird, etwas Grundlegendes zu erfinden oder anderweitig im Interesse der Allgemeinheit eine gewisse Findigkeit zu entwickeln und diese Leistung nicht erbringt, wird in eine Situation versetzt, in der er sein Leben verliert, wenn er nicht noch etwas mehr Findigkeit aufbringt, als ursprünglich von ihm gefordert wurde.
    Das kommt uns unaussprechlich grausam vor.
    Auf Mangel an Frömmigkeit steht die unbeding te Todesstrafe. Aber auf die Frage, was denn Mangel an Frömmigkeit sei, erhielten wir eine überraschen de Antwort:
    »Wenn Sie erst fragen müssen, was das ist, dann sind Sie bereits schuldig. Frömmigkeit ist das Er fassen der Grundnormen. Der Mangel an Erkennt nis der speziellen camiroitischen Zusammenhänge ist die allergrößte Gottlosigkeit. Also seid auf der Hut, Neubürger! Wenn jemand, der pflichtbewußter als ich, aber nicht so tolerant ist, eure Frage gehört hät te, dann könntet ihr bereits vor Einbruch der Nacht hingerichtet sein!«
    Die Camiroi können jedoch mit dem ernstesten Gesicht von der Welt Scherze machen. Wir glauben nicht, daß uns die Hinrichtung tatsächlich drohte; aber man hatte uns immerhin klargemacht, daß man gewisse Fragen nicht stellen darf.
    E RGEBNIS : Kein schlüssiges Urteil. Wir sind zur Zeit noch nicht imstande, das wahre juristische System der Camiroi zu verstehen, haben jedoch begonnen, einen Gesichtspunkt zu erarbeiten, von dem aus ein fruchtbares Studium desselben möglich wäre. Wir empfehlen, das Studium dieses Sachgebiets durch ein ständig dort stationiertes Team fortsetzen zu lassen.
    gez. Paul Piggott
    Polit-Analytiker
     
    Aus dem Reisetagebuch von Charles Chosky, Chef der Studiengruppe :
    Die Grundlage aller camiroitischen Verwaltung und Exekutive ist, daß jeder beliebige Camiroi fähig sein muß, jede beliebige Tätigkeit auf dem Planeten bzw. denselben betreffend, zu übernehmen. Sie sind der Ansicht, daß ihr System schon versagt hätte, wenn auch nur ein Bürger dazu nicht in der Lage wäre. »Aber natürlich kommt es jeden Tag mehrere Male vor, daß etwas nicht klappt«, erklärte mir ein Bürger, »doch das System versagt niemals vollständig. Das ist wie bei einem gehenden Menschen. Der kommt auch bei jedem Schritt aus dem Gleichgewicht, aber er fängt sich immer wieder, und so kommt es, daß er vorwärtsschreitet. Unsere Verwaltung ist in ständiger Bewegung. Käme sie je zum Stillstand, so würde sie sterben.«
    »Haben die Camiroi eine Religion?« Diese Frage stellte ich immer wieder, einem Bürger nach dem anderen. »Ich denke doch«, sagte schließlich einer; »ich glaube, wir haben eben das, und sonst nichts. In Ihrem Erden-Englisch kommt das Wort von religionem oder relegionem, was entweder Bindung an das Gesetz oder aber Offenbarung bedeutet. Ich glaube, es ist eine Mischung dieser beiden Konzeptionen; bei mir ist es jedenfalls so. Natürlich haben wir Religion. Was sollen wir sonst haben?«
    »Können Sie eine Parallele ziehen zwischen der Camiroi- und der Erd-Religion?«
    »Nein, das kann ich nicht«, sagte er schroff. »Das soll keine Unhöflichkeit sein. Ich weiß nur einfach nicht, wie ich das machen sollte.«
    Jedoch gab mir ein anderer intelligenter Camiroi einen Begriff davon.
    »Am nächsten würde ich an die Erklärung des Unterschiedes mit einer Legende herankommen«, sagte er, »einer Geschichte, die so voller Hintergedanken steckt, daß sie (wie die camiroitische Redensart lautet) auch mit der unanständigen Körperöffnung erzählt werden könnte.«
    »Was ist das für eine Legende?« fragte ich.
    »Die Legende besagt, daß auf allen Planeten die Menschen (oder um was für Geschöpfe auch immer es sich handelte) geprüft wurden. Auf einigen Planeten bestanden sie diese Prüfung in Gnaden. Aus solchen wurden die transzendenten Welten, die sich mehr als Sterne denn als Planeten verstehen und ihre Sonnen verschlucken, so daß sie im Ineinanderaufgehen ihrer Bewohner voll erstrahlen und im Zustand leuchtender Gnade leben. Die am höchsten entwickelten unter diesen sind in sich geschlossene Körper, von denen wir nur indirekte Kenntnis haben; ihre

Weitere Kostenlose Bücher