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900 Großmütter Band 2

900 Großmütter Band 2

Titel: 900 Großmütter Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Hrsg Lafferty
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Insichgeschlossenheit ist so mächtig und dicht, daß sie weder Licht noch Gravitation noch irgendwelche anderen Strahlen aussenden. Sie werden in ihrem eigenen Raum und außerhalb dessen, was wir Raum nennen, zu totalen, in sich ruhenden Universen und befinden sich auf Grund ihrer Einheit von Mentalität und Geist im Zustand absoluter Vollkommenheit.
    Dann gibt es aber andere Welten, wie etwa die Erde, deren Menschen der Gnade nicht teilhaftig wurden. Auf diesen Welten hat jede Person einen Abgrund in sich und ist zu großen Höhen wie zu großen Tiefen fähig. Nach unserer Legende waren die Bewohner dieser Welten dazu verdammt, nach ihrem Fall dreißigtausend Jahre lang in den Körpern von Tieren zu leben, bevor es ihnen erlaubt war, den langsamen, demütigenden Wiederaufstieg zu ihrer früheren Persönlichkeit, an den sie sich noch erinnerten, zu beginnen.
    Im Falle der Camiroi war es jedoch anders. Wir wissen nicht, ob es noch mehr Welten gibt, bei denen die Dinge ähnlich liegen. Jedenfalls fiel die Urbevölkerung des Camiroi bei der Prüfung nicht durch, aber sie bestand auch nicht. Die Camiroi konnten sich nicht entschließen. Sie zögerten. Sie überlegten sich die Geschichte, und dann überlegten sie nochmal. Daher sind die Camiroi für ewige Zeiten dazu verurteilt, alles was sie tun, genau zu überlegen. Daher sind wir das zweideutige Volk, das zu neugierigem und konsequentem Denken fähig ist. Und doch hungern wir nach den Höhen sowohl als auch nach den Tiefen, die wir beide verfehlt haben. Ganz bestimmt liegt unsere Goldene Mitte, unser freundliches Plateau, höher als die Höhen der meisten anderen Welten, höher als die der Erde, glaube ich. Jedoch es erhebt sich auch nicht zur allerhöchsten Höhe.«
    »Aber ihr glaubt doch nicht an Legenden«, sagte ich.
    »Eine Legende kann eine Aussage von höchstem wissenschaftlichem Wert sein, nämlich dann, wenn sie die einzige zur Verfügung stehende Aussage ist«, antwortete der Camiroi. »Wir sind das Volk, das verstandesgemäß lebt. Das ist ein ganz gutes Leben, aber es fehlt ihm an Salz. Ihr schätzt die utopischen Ideale sehr hoch ein, und sie üben auch eine gewis se Wirkung aus. Dennoch müßt ihr fühlen, daß sie alle etwas Fades an sich haben. Und, gemessen am Erden-Standard, sind wir Utopia. Wir sind eine Welt des dritten Falles. Uns entgeht sehr vieles. Die Freuden der Armut bleiben uns im allgemeinen versagt. Wir haben einen gewissen Hunger danach, nicht immer so tüchtig sein zu müssen; daher sind bestimmte Erdendinge hier hochwillkommen: schlechte Erden-Musik, schlechte Erden-Malerei, - Skulptur und -Theater zum Beispiel. Gutes können wir selber produzieren. Zum Schlechten sind wir unfähig, das müssen wir importieren. Manche von uns glauben aber, es gehöre notwendigerweise zur Diät.«
    »Wenn das so ist, dann kommt mir eure Situation höchst beneidenswert vor«, sagte ich.
    »Eure ist es nicht«, sagte er, »und doch seid ihr die vollständigeren Wesen. Ihr besitzt beide Hälften, und ihr habt eure Maßstäbe. Wir wissen natürlich, daß der Geber nirgendwo und niemals ein Leben geschenkt hat, ohne daß eine wirkliche Notwendigkeit dafür bestand, und daß alles Geborene oder Erschaffene seine ureigene Rolle zu spielen hat. Aber wir hätten uns gewünscht, daß der Geber in dieser Hinsicht uns gegenüber etwas großzügiger gewesen wäre; und speziell beneiden wir die Erde.
    Noch etwas anderes macht unser Leben so schwierig: wir vollbringen unsere großen Leistungen in fernen Welten, und in verhältnismäßig jugendlichem Alter. Wir sind mit fünfundzwanzig mehr oder weniger im Ruhestand, und wir alle haben dann Karrieren hinter uns, die euch unglaublich vorkommen würden. Dann kommen wir nach Hau se, um in unserer ausgereiften Welt ein reifes Leben zu führen. Es ist natürlich vollkommen, aber es ist eine kleinkarierte Vollkommenheit. Wir haben alles, außer dem Einen, worauf es ankommt, und wofür wir nicht einmal einen Namen finden können.«
    Ich sprach während unseres kurzen Aufenthaltes mit einer ganzen Anzahl intelligenter Camiroi. Es war manchmal schwer zu unterscheiden, ob sie im Ernst sprachen, oder ob sie ihren Scherz mit mir trieben. Bis jetzt verstehen wir die Camiroi überhaupt noch nicht. Weitere Studien sind dringend zu empfehlen.
    gez. Charles Chosky
    Leiter der Studiengruppe
     
    Aus den Notizen von Miss Holly Holm, Anthropologin und Schedonahthropologin:
    Das Wort Camiroi ist eine Pluralform, die sowohl den Planeten

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