900 Großmütter Band 2
habt?«
»Jawoll , da s hat’ s gegeben« , sagt e McSkee , »das war , al s si e mic h mi t de m neue n Stric k hängen wollten.«
»Un d wi e hab t Ih r Euc h d a rausgefressen? « frag t e der Saure John.
»In dem Lande – es war n i ch t diese s hie r – war damal s de r Brauc h auf geko mme n, daß ma n dem Verurteilte n alle s z u esse n gab , wa s e r habe n woll te. « Un d al s de r McSkee , de r Leuchtende , da s mi t Behage n erzählte , hatt e sein e Stimm e etwa s vo n dem tänzerischen Schwung einer Drehorgel.
»Ich zog me inen Vorteil aus diesem neuen Brauch und fraß die ganze Gegend kahl. Das war scho n ei n feine s Nachtmahl , John , da s si e mi r da spendierten; und bei Sonn e naufgang sollt’ ich gehängt werden. Aber da h att e ic h si e rangekriegt, denn als die Sonne aufging, war ich i mme r noch am Essen . Si e hatte n mi r j a v e rsprochen, daß ich mi ch sattesse n könnt e – als o durfte n si e mic h i n meinem letzten Mahl nicht unterb r echen. So hab ich sie den ganzen Tag und die Nacht und den nächsten Tag hingehalten . Da s is t länger , al s ic h sons t esse , John, und da ma ls hab ich mi ch wirklic h selbs t übertroffen. Die Gegend war ber ühm t gewesen , weil’ s da soviel Geflügel gab, und Spanferkel, und Früchte. Jetz t nich t mehr . Ha t sic h ni e wiede r richti g erholt, die Gegend.«
»Und Ihr?«
»Aber wie, John! Doch a m dritte n Tag , al s die Dä mme rung ka m , war ich v oll . Hatt e keine n rechte n Appeti t mehr , un d zuvie l essen , da s lieg t mir nicht.«
»Natürlich nicht. Und w a s passiert e dann ? Gehängt werden sie Euch ja wohl nicht haben, sonst könntet Ihr nicht hier sitzen und mi r davon erzählen.«
»Das m uß nicht sti mme n, John. Ich bin schon öfters gehängt worden.«
»Ach?«
»Jawoll . Abe r nich t diesmal . Ic h ha b si e beschissen . Al s ic h sat t war , legt e ich mi ch schlafen. Und ic h schlie f imme r tiefe r un d tiefer , bi s ic h to t war. Die hängen ja keinen, der scho n to t ist . Zu r Sicherheit ließen sie m i ch noch einen Tag liegen. John, ich stinke ganz schön n ach einem Tag! Schon in meine n beste n Zeite n st i nke ich ja i mme r ’n bißchen. Dann haben sie mi ch begraben, aber gehängt haben sie mi ch nicht. W a s schaut Ihr denn so komi sch daher, John?«
»Nichts , nichts« , sagt e der Saure John, »bloß ein ganz nebensächlicher Ein w and, den ich nicht ma l eine s Worte s würdige n will.«
Jetz t tran k McSkee : zuer st Wein, um eine Grundlage in den Magen zu k r iegen; dann Brandy, weil de r s o ein e schöne , leich t zerknautscht e Würd e besitzt; und schließlich R u m , wegen der puren Freundlichkei t diese s Getränkes.
»Könnt Ihr Euch vorstellen, daß alle großen Durchbrüche von ganz ein f achen Menschen wie ich vollbrach t werden? « fragt e McSke e unvermittelt.
»Ich kann m i r jedenfalls nicht vorstellen, daß Ihr ein ganz gewöhnlicher Men s c h seid« , meint e der Saure John.
»Ich bin der gewöhnlich s t e Mensch , de n Ih r jema ls gesehen habt«, beh a rrt e McSkee ; »ic h bi n aus de ms elben Lehm und Salz, au s de m di e Erd e ist, und aus dem Hu m us von verrotteten Behe m oths. Vielleich t habe n si e ’ n bißchen Extraschleim hinzugetan, al s si e mic h gemach t haben , abe r irgendwelche seltenen Erden sind be i mi r nich t drin . Das m ußte schon ein Mann wie i c h sein , de r diese s System ausknobeln konnte. Die Gelehrten können das nicht ; dene n fehl t de r Saft . Un d wei l si e keine n Saft haben, verpassen sie’s gleich von Anfang an.«
»Was denn, McSkee?«
»Da s is t doc h s o einfac h, John: Daß ein Mensch sei n Lebe n nac h de m Rezep t ›Imme r nu r ei n Tag auf ein m al‹ leben m uß.«
»Na und?« fragte der S a ure John etwas von oben herab.
»Merk t Ih r nicht , wi e harmlo s eine m da s eingeht, John? Das klingt doch beinahe wie ein Spruch auf einem Wandkalender.«
»Abe r e s is t keiner?«
»Nein , nein ; dazwisc h e n ru mm el t da s Donnergrollen von hundert Welten. Da s is t da s To r z u einem ganz neuen Universu m . Aber es gibt noch einen anderen Spruch, der da lautet : ›Dein e Tage , o Mensch , sin d gezählt e Da s is t de r einzig e unerbittlich e Spruch . Da s is t di e Grenze, die nicht verbogen und nicht durchbrochen w e rden kann, und das ist de r Däm p fe r fü r un s fröhlich e Sünde r allzumal . Das stell t Mensche n wi e mic h vor ein Problem – Menschen , di e z u fleischlic h sind , u m sic h di e
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