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sich ihr Herzschlag beschleunigte. Ich kenn den doch gar nicht, dachte sie. Warum klopft dann mein Herz so? Sören, Wodan und vielleicht ein eigenes Pony, tanzten ihre Gedanken durch den Kopf. Sollte das Leben hier doch gar nicht so schlecht sein? Pia merkte, dass sie sich tatsächlich auf den morgigen Tag freute. Und dass es ihr immer gleichgültiger wurde, ob Tabea sich nun meldete oder nicht.
»Pia, ich hatte gesagt: vor dem Dunkelwerden!« Mamas Stimme klang verdammt nach Ärger.
»Ich habe es total verpatzt, Tschuldigung!«, sagte sie zerknirscht.
»Was tust du denn da? Du vergeigst noch dein ganzes Taschengeld in diese SMS-Schreiberei.« Mama schüttelte den Kopf. »Früher hatten wir so etwas auch nicht. Da haben wir noch miteinander geredet.«
»Außerdem stinkst du nach Pferd und Mist. Geh duschen!« Das war Papas Stimme. Er sagte stets, es sei ihm völlig unverständlich, wie man in seiner Freizeit freiwillig vollgeäppelte Schubkarren vor sich herschieben könne, um sich danach den Hintern auf einem bockigen Pony wundzureiten. Obwohl Pia wusste, dass er sie mit diesen Sprüchen nur ärgern wollte, war ihr trotzdem klar, dass ihr Vater und die Pferde wie zwei Teile aus verschiedenen Puzzeln waren. Sie passten einfach nicht zueinander.
°°°
Als Pia gerade in die Küche gehen wollte, hörte sie ihre Eltern reden. Sie verharrte vor der Tür und linste ganz vorsichtig um die Ecke. Eigentlich war es nicht ihr Ding zu lauschen, aber es ging um sie.
»Seit gestern Abend ist sie wieder fast die alte Pia«, sagte Mama gerade. Papa nickte. »Alles wegen so eines alten Zossens«, grinste er.
»Außerdem scheint sie Kontakte zu haben. Die SMS vorhin!«
»Wäre ja schön«, grunzte Papa.
Mama ließ sich von seiner Gleichgültigkeit wohl nicht beeindrucken. »Und dann das kleine Pferd. Echt niedlich. Aber sie kann ihn nicht reiten.«
»Warum nicht?«
»Hans, hörst du überhaupt zu? Es ist ein Shetty, nicht mal einen Meter groß und dazu uralt. Er bekommt nur noch das Gnadenbrot!«
»Dann hat sich das ja auch bald erledigt!«, sagte Pias Vater und wollte sich wieder hinter der Zeitung verschanzen.
»Wie kannst du so etwas sagen. Pia braucht Pferde um sich, das weißt du.« Mama stockte, als suche sie jetzt nach den richtigen Worten. »Ich finde«, begann sie langsam, »wir sollten ihr ein Pony kaufen, das sie zu Herrn Ommen in den Stall stellt. Dann ist sie glücklich und dieser Wodan auch.«
Pias Vater schnellte von seinem Stuhl hoch. Pia glaubte ein Zischen wie beim Starten einer Rakete gehört zu haben. »Ich ein Pferdebesitzer? Um Gottes Willen. Das reicht doch nicht, wenn wir ein Tier kaufen, da hängt so viel dran.«
»Ja, da müssten wir mit anpacken. Aber wir sind doch extra von der Stadt aufs Land gezogen, da gehört sowas ja vielleicht dazu, oder?«
»Nicht zwangsläufig. Ich auf einem Trecker! Stell dir dieses Bild vor! Lächerlich. Und du neben all deiner Arbeit hier. Dein neuer Job. Haus. Garten … Lass uns lieber das Thema wechseln, es ist absurd.«
°°°
In der Nacht wachte Pia mehrmals auf, weil sie Wodan rufen hörte. Der Wind hatte sich gelegt, so dass sein Wiehern jetzt zu ihr herüberdrang. Wirklich blöd, dass Papa so stur war.
Wobei er nicht ganz Unrecht hatte. Sich ihren Vater auf dem Trecker vorzustellen oder mit Werkzeug in der Hand irgendwelche Zäune reparieren … das ging gar nicht. Er war Vertreter, konnte anderen Leuten den größten Mist aufschwatzen, aber handwerklich war er echt eine Nullnummer, so peinlich Pia dieser Gedanke jetzt auch war. Ihr Vater hatte wirklich andere Stärken. Pia konnte sich auf ihn verlassen. Immer. Nur ihren Drang zu den Pferden konnte er nicht nachvollziehen. Aber wahrscheinlich war er dazu viel zu besorgt um Pia, hatte immer Angst, dass ihr etwas passieren könnte.
Pia schmiss sich auf die andere Seite und knüllte das Kissen unters Gesicht. Seine Aussage vorhin war ja ziemlich eindeutig gewesen. »Ein paar Sachen könnte ich selbst machen«, flüsterte sie. »Bei der Heuernte habe ich ja schon im letzten Jahr mitgeholfen.« Sie dachte an die heißen Tage, die sie staubig und schwitzend auf dem Anhänger des Heuwagens zugebracht hatte, während sich ihre Freundinnen im Schwimmbad tummelten. Aber es hatte Spaß gemacht. Irgendwann fiel sie dann doch in einen tiefen Schlaf.
5.
Habe deine Nummer von Jana. Freu mich schon auf gleich. Sören
Die SMS kam, als Pia sich gerade im Bus einen Fensterplatz ergattert hatte. Erst
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