AAA - Das Manifest der Macht
kannst du es essen, während es noch Muh auf deinem Teller macht?“ Samantha beobachtete angewidert, wie blutiger Fleischsaft aus Bens Steak herausrann.
„Mit der Gabel, die erledigt den Rest.“ Ben grinste.
„Noch mal zurück zu John. Wie können wir ihm helfen?“
„Du willst ihm helfen, zu beweisen, dass ich Blödsinn verbreite?“ Samantha klang gespielt entrüstet.
„Natürlich… nein, ich denke nur, dass er irgendwie Recht hat. Wir suchen hier in Europa nach seinen Wurzeln. Dass uns dieser Artikel dazwischenkommt, konnte niemand wissen. Wir sollten uns weiter darüber Gedanken machen, wie wir seine Herkunft beweisen oder widerlegen können.“
Samantha nahm einen Schluck von ihrem gekühlten Chardonnay und blickte aus dem Fenster. Kurz glaubte sie, dort ein Gesicht gesehen zu haben, das ihr bekannt vorkam, doch den Gedanken tat sie schnell als Hirngespinst ab. Sie kannte niemanden in Berlin; sie musste sich getäuscht haben.
Unterdessen wechselte Dominique ihren Standort. Sie war unvorsichtig geworden, möglicherweise hatte man sie erkannt. Das durfte ihr auf keinen Fall noch einmal passieren. Eine schmiedeeiserne Bank bot ihr einen guten Blick auf den Eingang des Steakhauses. Endlich kam sie ein wenig zur Ruhe und konnte in Gedanken ihr weiteres Vorgehen planen. Sie war sich sicher, dass die zwei während des Essens ausführlich ihre weiteren Schritte besprachen, und ärgerte sich, dass sie davon nichts mitbekam. Was würden die drei als nächstes finden? Sie durfte das auf keinen Fall verpassen.
Tauben und Spatzen saßen auf dem breiten Gehsteig und pickten nach Krümeln. Die alten Bäume, die aus den Pflastersteinen zu wachsen schienen, unterbrachen den Blick auf die renovierten Fassaden der alten Jugendstilhäuser. Leider war Dominique zu keiner Zeit ihres Lebens der Typ gewesen, der einen Blick für Gebäude, Landschaften oder Schönheiten der Natur übrig hatte. Sie zeigte auch kein Interesse an Menschen, außer sie dienten ihr in irgendeiner Weise. Dominique konzentrierte sich nur auf ihre Vorhaben und Aufgaben. Fast wie ein seelenloser Roboter.
„Alles okay?“, fragte Ben, der Samanthas irritierten Gesichtsausdruck bemerkt hatte.
„Ja. Alles bestens. Lass uns fertig essen, und dann kümmern wir uns um unseren empfindsamen John. Hoffentlich hat er ausgeschlafen bessere Laune. Ich hab’ keine Lust, mich weiter mit einem wehleidigen und schmollenden John herumzuschlagen.“
Nein, sie mochte John eindeutig lieber, wenn er ihr seine starke Schulter zum Anlehnen anbot. Kurz dachte sie an ihr kleines Erlebnis und eine Gänsehaut überlief ihren Nacken.
Auch dieses Gefühl schüttelte sie schnell ab.
KAPITEL 41
Nachdem John das Gespräch mit Samantha beendet hatte, wartete er noch eine Weile, bevor er sein Zimmer verließ und über eine Seitentreppe nach unten ins Foyer ging. Auf den letzten Stufen blieb er kurz stehen und spähte vorsichtig durch die Halle. Von Samantha und Ben war nichts zu sehen. Unbehelligt ging er quer durch die Hotelhalle zur Rezeption.
„Würden Sie mir bitte eine Berliner Telefonnummer heraussuchen?“, wandte er sich an eine junge Frau, die gerade konzentriert in einen Flachbildschirm schaute. „Es handelt sich um einen gewissen Dr. Gernot Bresser.“
„Gern! Einen Moment bitte.“ Sie drehte mit der Maus einige Runden auf dem Pad und gab dann den Namen über die Tastatur ein. „Ich habe hier einen Herrn Dr. Gernot Bresser in der Azaleenstraße.“ Sie nannte John die Telefonnummer.
„Danke. Und können Sie mich direkt verbinden?“
„Selbstverständlich. Sie können den Apparat dort drüben nehmen.“
John ging zu einem Telefon am Ende des Tresens, das kurz darauf zu klingeln begann. John hob den Hörer ab.
„Hallo?“, rief er, aber die Verbindung war offenbar noch nicht hergestellt. Einige Male ertönte das Freizeichen, dann wurde am anderen Ende abgehoben.
„Bresser“, meldete sich eine sonore Männerstimme. Als John nicht sofort antwortete, wurde energisch nachgefragt: „Hallo, wer ist denn dort?“
„Gernot?“, meldete sich John.„Hier ist John Marks.“
Der Angerufene zögerte einen kurzen Augenblick, so als ob er sich erinnern müsse. „John“, meinte er dann, „das ist eine Überraschung. Wir haben uns eine Ewigkeit nicht gesprochen. Wie geht es dir? Es hört sich an, als wärst du irgendwo in meiner Nachbarschaft.“
„Es geht mir gut“, erwiderte John,„und das hast du ganz richtig erkannt: Ich bin in Berlin und würde
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