AAA - Das Manifest der Macht
mich gern mit dir treffen. Hast du Zeit?“
Johns Gesprächspartner lachte gequält auf. „Zeit? Mehr als genug, John. Es ist doch sicher bis zu dir durchgedrungen, dass ich nicht mehr im aktiven Dienst bin.“
„Ja, davon habe ich gehört, doch so ganz verstanden habe ich es nicht.“
„Ich weiß nicht, was du gehört hast, John, aber du darfst nicht alles glauben.“
„Das tue ich schon von Berufs wegen nicht. Womit wir gleich beim Thema sind. Mein Aufenthalt in Berlin ist nicht rein privat. Ich habe ein paar Fragen an dich und hoffe, du kannst mir Antworten geben.“
Dieses Mal war die Pause am anderen Ende der Leitung noch länger.
„Worum geht es, John?“
„Das möchte ich nicht am Telefon sagen. Kann ich zu dir kommen?“ Eine Zeitlang hörte John nur die Atemzüge seines Gesprächspartners.
„Nein, John, ich bin aus dem Geschäft, und ich hasse es, irgendwelche geschäftlichen Dinge in meinen eigenen vier Wänden zu besprechen. Wir sollten uns irgendwo treffen. Wo bist du?“
„Zurzeit im Kempinski am Kurfürstendamm, aber hier passt es
nicht. Schlag’ du etwas vor. Du kennst dich hier besser aus.“
Gernot Bresser schien zu überlegen. „Weißt du, wo der ehemalige Checkpoint Charlie ist?“
„Nein, würde ich aber finden. Nur kommt mir die Stelle nicht so gelegen“, sagte John und dachte an Bens Ankündigung, diesen Ort im Rahmen einer Sightseeing-Tour zu besuchen.
„Gut, dann was anderes. Hast du Hunger?“
„Ich könnte was vertragen.“
„Dann schlage ich das „Duke“ vor, ein Restaurant in der Nürnberger Straße. Das ist nicht weit von dir.“
„Sind wir da ungestört?“
„Wenn wir uns gleich treffen, ist dort sicherlich noch wenig Betrieb. Das Restaurant ist ganz in meiner Nähe.“
„Einverstanden! Dann bis gleich.“ John legte den Hörer auf. Er hatte Gernot Bresser zwei Jahre zuvor im Zuge einer Firmenfusion kennengelernt und seitdem des Öfteren getroffen oder mit ihm telefoniert. Wie John war Bresser studierter Jurist und zu jener Zeit noch in einer gehobenen Position beim Internationalen Währungsfonds inWashington beschäftigt.Vor ein paar Monaten hatte John zufällig eine Zeitungsmeldung gelesen, wonach man Bresser mit nicht einmal fünfzig Jahren in den Ruhestand versetzt hatte. Über die Gründe war, so der Artikel, nichts bekannt. Seither herrschte Funkstille seitens Gernot Bresser.
John sah kurz auf seine Armbanduhr und ging zurück zur Rezeption.„Können Sie mir sagen, wie weit es bis zum Restaurant Duke ist?“
„Einen Moment, bitte!“ Die Dame an der Rezeption tippte auf ihrer Tastatur, studierte eine Weile den Bildschirm und erklärte dann: „Das liegt in der Nürnberger Straße. Mit dem Auto etwa vier Minuten, zu Fuß werden Sie ungefähr fünfzehn Minuten brauchen. Darf ich Ihnen ein Taxi rufen?“
„Nein, das ist nicht nötig. Ich habe einen Wagen bei Ihnen in der Tiefgarage stehen.“
„Möchten Sie ihn gleich haben? Kein Problem! Ich lasse ihn von unserem Park-Service holen.“ Sie griff nach dem Telefon. „Hallo? Den Wagen von Mr. John Marks bitte vor den Haupteingang!“ Dann wandte sie sich mit einem strahlenden Lächeln wieder an John. „In zwei Minuten steht Ihr Fahrzeug bereit.“
„Vielen Dank!“ John wandte sich ab und ging hinüber zum Ausgang. Kurze Zeit später lenkte er den Skoda Oktavia mit Hilfe des Navigationssystems in Richtung Nürnberger Straße. Er blickte auf die errechnete Ankunftszeit und stellte fest, dass er ziemlich bald in dem Restaurant eintreffen würde.
Wie von Gernot Bresser vorausgesagt war das Duke zu dieser Tageszeit nur mäßig besetzt. Das Restaurant empfing ihn in hellstem Weiß.Weiß dieWände, weißer Damast auf den Tischen, weiß auch die quadratischen Bilderrahmen, die in Reih und Glied ganze Wände füllten. Die edel dekorierte Wand mit Weinflaschen hätte John sich unter anderen Umständen gerne näher angeschaut, aber jetzt hatte er Wichtigeres zu tun. John blickte sich um, aber Gernot Bresser war nirgendwo zu sehen. Er wandte sich an eine junge Frau, die eine fast bis auf den Boden reichende weiße Kellnerschürze trug.
„Guten Tag, ich bin hier mit einem Bekannten verabredet.“
Die Bedienung strahlte ihn an. „Ich weiß, Mr. Marks. Wenn Sie mir bitte folgen wollen; Herr Dr. Bresser erwartet Sie bereits.“
Sie führte John zu einem schmalen Durchgang, hinter dem sich ein kleiner, quadratischer Raum mit nur drei Tischen befand. An einem der Tische saß ein schlanker,
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