Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
Erstaunen geschah nichts. Ungläubig blinzelte er. Sein Vater sah auf ihn herab, bevor er das Schwert senkte. Das Kupferrot seiner Haare leuchtete in der Nacht. In seinem Blick lag eine Mischung aus Schmerz, Verzweiflung und Zorn. Aaron fühlte, dass ihn etwas tief bewegte. Der entschlossene Ausdruck des Erzengels wandelte sich in einen liebevollen.
«Du erinnerst mich an sie», sagte Uriel schlicht.
Sein Blick richtete sich in die Ferne, während sein Geist anscheinend in der Vergangenheit weilte. Der starke Kriegsengel wirkte verletzlich. In seinen Augen schimmerte es feucht.
«Wie könnte ich etwas töten, das ein Teil von ihr gewesen ist?»
Der ungewohnte emotionale Ausbruch des Erzengels ließ Aaron nicht unberührt. Er schluckte gegen den Kloß in seinem Hals.
«Geh und verlass mit ihr diesen Ort, bevor ich es mir anders überlege.»
Hatte Uriel das eben wirklich gesagt? Aaron traute seinen Ohren nicht und sah zu seinem Vater auf.
«Hast du nicht gehört? Verschwinde und sorge dafür, dass sie diesen Spruch vergisst.»
Jetzt war Uriel wieder der Krieger mit entschlossener Miene. Aaron wusste, dass ihm sein Vater nur diese eine Chance gewähren würde, und er wollte sie nutzen.
«Ich habe nicht geahnt, wie sehr du meine Mutter vermisst. Die Liebe zu ihr wird uns für immer verbinden, Vater.»
Aaron entschied sich in diesem Moment für ein Leben an Rebeccas Seite und wusste, dass sein Leben als Blutengel für immer beendet war. Die Gemeinschaft der Engel würde ihn für sein Versagen ausschließen. Doch für die Liebe zu Rebecca war er bereit jedes Opfer zu bringen.
Epilog
Rebecca stand mit einer Flasche Mineralwasser in der Hand am Ende des Saales und beobachtete Aaron, der seine Schüler unterrichtete. Schweiß perlte von seiner Stirn. Seit Tagen litt Rom unter extremer Hitze. Luzifers Rache für ihren Verrat.
Ihretwegen war Aaron aus dem Kreis der Blutengel ausgeschlossen worden. Sein Leben, seine Existenz, einfach alles hatte er für sie geopfert. Wenigstens fand er hier im Palazzo degli Angeli Erfüllung, wenn er die jungen Nephilim für den Kampf gegen die Mächte der Finsternis trainierte.
Liebevoll betrachtete sie jede seiner geschmeidigen Bewegungen. Sie konnte sich nicht daran sattsehen. Rom war für sie ein neuer Anfang. Zwar hatte sie San Francisco nur schweren Herzens verlassen, weil sie diese Stadt liebte und viele Erinnerungen an ihre Adoptiveltern verband, doch ihr Platz war an der Seite ihres geliebten Mannes.
Manchmal quälte sie das Heimweh nach Amerika, aber es war unbescheiden, unzufrieden zu sein. Sie führten ein gutes Leben hier. Seit ein paar Wochen praktizierte sie als Ärztin im Herzen Roms. Viele ihrer Patienten waren Nephilim, unter denen sie endlich ihre Gabe frei ausleben konnte.
Viele sahen in ihr die Nachfolgerin Ruths, eine Heilerin und Prophetin, obwohl Rebecca sich nicht so fühlte. Dennoch erfüllte es sie, anderen zu helfen und sie vor Luzifer zu beschützen. Sie freute sich darauf, mit Aaron im Sommer Rosie zu besuchen, die jetzt die Seele des Engelsghettos war.
Rebecca wurde aus ihren Gedanken gerissen, als Aaron in die Hände klatschte. «So, Schluss für heute. Giorgio, sorge bitte dafür, dass die Schwerter alle geputzt an den richtigen Platz gelangen.»
Der Junge nickte eifrig und trieb die Schüler zur Eile an. Bald würde die Sonne aufgehen.
«Rachel, willst du mich verdursten lassen?»
Aaron drehte sich lächelnd zu ihr um und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Es fühlte sich richtig an, wenn alle sie Rachel riefen. Das Leben der Rebecca Clancy war in San Francisco geblieben. Hier in Rom war sie Rachel Lighthouse.
«Keiner außer dir kommt in den Luxus, einen eigenen Wasserträger zu besitzen», scherzte sie und lief auf ihn zu.
Aaron nahm ihr sanft die Flasche aus der Hand und stürzte den Inhalt hinunter. Dann zog er sie in die Arme und sah ihr tief in die Augen. Rachel spürte seinen Herzschlag in der Brust und wusste, dass es keinen größeren Liebesbeweis geben konnte als diesen. Er beugte sich herab und küsste sie voller Leidenschaft. Auch sie legte in diesen Kuss ihre ganze Liebe, während ihre Herzen im Gleichklang schlugen. So würde es immer sein, bis ans Ende der Zeit.
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